52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
erfunden und ist nicht gewillt, die Lorbeeren dafür mit irgendjemand zu teilen. Ihre sexuellen Eroberungen waren offensichtlich Legion. Und sie weist oft und gern darauf hin, dass sie und mein Vater an jedem Abend ihrer Ehe miteinander
geschlafen haben, selbst als die Scheidung bereits lief. Doch es gibt Dinge im Leben, die man lieber nicht wissen möchte.
Als ich ein Teenager war, lag meiner Mutter viel daran, dass ich nichts von der Prüderie erlebte, die sie in ihrer eigenen Jugend durchgemacht hatte. Es gab nichts, worüber sie nicht sprach. Dass mich das schockierte, war wohl unvermeidlich. Meine Mutter wollte immer, dass ich das sexuell freizügigste Mädchen der Stadt werden würde. Ich kann nur darüber spekulieren – denn alle Gespräche zu diesem Thema vermeide ich aus naheliegenden Gründen konsequent –, dass sie ziemlich enttäuscht war, dass sie eine so verklemmte Tochter in die Welt gesetzt hatte.
Stellen Sie sich dazu doch mal die folgende Szene vor: Ich sitze als 13-Jährige auf dem Sofa und sehe fern, meine Mutter im Sessel neben mir. Auf der Mattscheibe beginnen zwei Leute sich zu küssen. Offensichtlich sind ihre Zungen involviert. Ich spüre mit Schrecken, wie ich knallrot anlaufe und hoffe, dass meine Mutter – wie andere Eltern das tun würden – schamhaft den Raum verlassen oder den Fernseher ausmachen wird. Nein. Meine Mama beginnt Fffffhhht zu machen. Das soll ein eindeutiges Signal sein: »Schau hin, Schätzchen, im Fernsehen passiert gerade etwas Aufregendes.«
Wie das im T V der 80er so üblich war, nimmt die Frau als Nächstes ihre Ohrclips ab und begibt sich ins Schlafzimmer. Meine Mutter pfeift inzwischen wie ein Teekessel. Fffffhhht: Sie knöpft sein Hemd auf! Fffffhhht: Er öffnet den Reißverschluss ihres Kleides! Ich kann nur dankbar dafür sein, dass
man im Fernsehen damals über solche Szenen kaum hinausging. Das Paar fiel höchstens noch aufs Bett. Gleichzeitig stieß meine Mutter ein letztes bebendes Fffffhhht aus, bevor sie aufstand, um sich eine Tasse Kaffee zu kochen.
Jedenfalls hatte dieses Verhalten einen schrecklich lang anhaltenden Effekt auf meine Fähigkeit, mir irgendetwas auch nur vage Erotisches im Fernsehen anzuschauen. Es ist nicht so, dass mich solche Szenen kaltließen; vielmehr fürchte ich, dass mir dabei ein laut hörbares Ffffhhht entwischen könnte.
Nur ein einziger Film hat je eine erotische Reaktion bei mir und Herbert ausgelöst, und das auch noch aus den falschen Gründen. Nachdem wir uns eine Stunde lang Gefühl und Verführung angesehen hatten, waren wir von dem banalen Plot und dem lüsternen Altmännerblick der Kamera so genervt, dass wir es vorzogen, lieber auf dem Wohnzimmerteppich zu vögeln. Erwartungsvoll gingen wir ins Kino, um uns Gefahr und Begierde anzusehen, aber danach fanden wir die Ankündigung des Filmes als »Pulsbeschleuniger« mehr als unpassend. Bin ich langweilig, weil ich einvernehmlichen Sex bevorzuge? Und – auch wenn’s nicht zur Handlung passt – es gefällt mir auch besser, wenn das Ganze nicht damit endet, dass ein Partner die Exekution des anderen anordnet.
Trotzdem war es naheliegend, eine Verführung mit einem Film zu verknüpfen. Sich zusammen einen Porno reinzuziehen, hätte wohl noch näher gelegen, aber allein schon der Gedanke daran macht mich nervös. Ich habe zwar noch nie einen gesehen, stelle mir das Ganze aber absolut frauenfeindlich
und widerwärtig vor. Also kommt nur ein normaler Spielfilm in Frage. Doch nachdem ich es jahrelang peinlichst vermieden habe, mich von einem Film anturnen zu lassen, bin ich erst einmal überfragt, welcher das sein soll.
Aber zum Glück gibt es die wundervollen Menschen bei Twitter. Der dort vorgetragenen Bitte, mir Filme zu nennen, die einen anmachen, ohne Pornos zu sein, kommt die Twitter-Community mit einer Flut von Vorschlägen nach, die von pikant ( Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber ) über romantisch ( Das Piano ) bis hin zu leicht bizarr ( Mulholland Drive ) reichen.
Die meisten Tipps kommen dabei von Frauen und zielen auf eine erotische Atmosphäre ab. Ein vielsagender Blick ist hier ebenso wichtig wie der Anblick von Leuten, die miteinander schlafen. Wir Frauen lieben das Suggestive, das Drumherum. In vielen Fällen würden wir es vorziehen, dass die Kamera hier stoppt, damit wir uns den Vollzug genussvoll in unserer Fantasie ausmalen könnten.
Es folgen wiederholte Versuche, auch die Männer zu Vorschlägen zu animieren, doch sie
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