52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
mitzuteilen, dass er unsere Abmachung nicht indirekt unterwandern soll. Auf dem Weg zur Tür streicht er mir über den Arm und küsst mich. Er ist fast schon weg, als er noch einmal umkehrt, um mir geräuschvoll auf den Bauch zu pusten. Ich überlege mir, dass so ein morgendliches Schweigegelübde ein gutes Rezept gegen Morgengemuffel ist.
Nachdem Herbert weg ist, wird mir klar, wie seltsam ich diesen Tagesbeginn finde. In einer Stunde habe ich eine geschäftliche Besprechung und muss mich gegen das Gefühl wehren, heute überhaupt nicht sprechen zu dürfen, mit niemandem. Gleichzeitig fühlt es sich auch so an, als hätten wir gestritten. Das ist alles irgendwie verwirrend, und ich muss mich dauernd selbst daran erinnern, was hier gerade abläuft. Um meine Stimmbänder zu trainieren, unterhalte ich mich mit Bob, während ich mir Frühstück mache.
Interessanterweise verspüre ich Erleichterung bei der Aussicht auf einen Tag, an dem keine E-Mails zwischen Herbert
und mir hin und her gehen, um alltäglichen Haushaltskram zu klären. Mein Navigationsgerät geht kaputt, und ich kann es ihm nicht erzählen. Das ist seltsamerweise aber sogar beruhigend – dadurch wird keine so große Sache daraus. Genauso bestelle ich die Einkäufe, ohne ihn davon in Kenntnis zu setzen. Wozu auch? Ich habe das Gefühl, schon einen Großteil meiner täglichen Pflichten erledigt zu haben.
Herbert tut sich mit diesem Konzept merklich schwerer. Gegen Mittag fragt er mich per E-Mail nach der Seriennummer der Dunstabzugshaube. Ich verstehe nicht, warum er das als dringend empfindet, das Teil hat schon vor einem Monat den Geist aufgegeben. Ich ignoriere das, maile ich zurück, und dann ärgere ich mich darüber, überhaupt geantwortet zu haben.
Es fühlt sich auch gut an, nicht in der Lage zu sein, mich bei ihm wegen dieser Mail zu beschweren, als er am Abend nach Hause kommt. Wenn man schweigt, kann man sich kaum negativ verhalten. Eigentlich bleiben uns nur positive Fragen und freundliche Gesten: Sollen wir was kochen oder uns etwas bestellen, frage ich, indem ich eine Pfanne und die Karte von Curry-House hochhalte und dazu ein fragendes Gesicht mache. Schweigend kann man sich kaum gegenseitig auf die Nerven fallen. Herbert sucht deutlich mehr Blickkontakt als sonst, und wir knutschen zehn Minuten auf der Couch, bevor er sich um die Essensbestellung kümmert und mich schwindelig vor Verlangen allein lässt.
Irgendwie ist es trotzdem schwer, durchzuhalten. Herbert legt Musik auf, und wir kuscheln wieder auf dem Sofa. Beim Zuhören summen wir beide mit. Ich fühle mich ein bisschen
lethargisch, also stöbere ich im Schrank und bringe unser Jenga-Spiel zum Vorschein. Herbert lächelt, aber bevor wir anfangen zu spielen, verlässt er das Zimmer und kommt mit einem Joint zurück.
Das irritiert mich. Ich hatte schon die ganze Woche über Husten, und das Letzte, was ich mir wünsche, ist ein Zimmer voller Rauch. Außerdem ist mir aufgefallen, dass er anfängt, das Zeug wie Viagra zu benutzen. Wir haben mal darüber gesprochen, dass er viel leidenschaftlicher ist, wenn er ein bisschen gekifft hat, und ein paar Mal habe ich wohl leichtsinnigerweise auch geäußert, dass er mir so lieber ist. Weniger gut gefällt mir allerdings die Vorstellung, dass er das Zeug braucht, um Verlangen nach mir zu empfinden. Das kränkt mich, vor allem, wenn es mitten während einer Verführung passiert.
Ich muss es trotzdem hinnehmen. Ich warte, bis er die erste Runde verloren hat, und bedeute ihm dann, dass wir Strip-Jenga spielen. Er zieht daraufhin einen Socken aus. Was für eine miserable Idee von mir – ich bin ganz schlecht bei Jenga. Am Ende sitze ich nackt auf der Couch, während er, bis auf den einen Socken, noch vollständig angezogen ist. Zudem hat der inzwischen von ihm aufgerauchte Joint die ganze wunderbare non-verbale Kommunikation zwischen uns zerstört. Herbert ist nur noch auf das Spiel fixiert, während mir kalt ist und ich sinnlos nackt herumhocke.
Ich überlege mir, wie ich die Situation retten könnte. Entschlossen steige ich die Treppe hinauf und pfeife von der obersten Stufe, damit er mir folgt. Ich hatte mir ausgemalt, dass der stumme Abend zu einem langen, genussvollen Liebesspiel
führen würde, bei dem nur unsere Körper miteinander kommunizieren. Herbert agiert jedoch wie ferngesteuert. Er verfällt in dieselbe alte Routine, die wir jahrelang gepflegt haben, und versucht mich als Erstes in eine unbequeme 69er Stellung zu
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