52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
erregt sein, damit es wirkt. Man kriegt nicht automatisch einen Steifen.«
»Dann hast du nicht daran gedacht, das zu lesen, bevor du es eingeworfen hast?«
»Ist doch egal.«
Wir legen uns ins Bett, und Herbert schlägt vor, dass ich seinen Penis streichle. Ehrlich gesagt hat mein Hirn inzwischen
schon auf »schlafen gehen« umgeschaltet, aber es wäre ja schade, Viagra für zwanzig Mäuse aus dem Fenster zu werfen. Es dauert auch gar nicht lange, bis der kleine Pillermann wach und sofort steinhart wird.
»Huch, ach du meine Güte«, sage ich. »Das ist dann wohl der Viagra-Unterschied.«
Herbert schaut ziemlich stolz an sich herunter.
»Fühlt es sich irgendwie anders an?«
»Nein«, sagt er. Dann überlegt er kurz. »Eigentlich doch. Vielleicht.«
»Inwiefern?«
»Keine Ahnung. Einfach anders.«
Herbert legt sich auf mich, und bringt seinen ungewohnt harten Penis zum Einsatz. Nur leider fühlt er sich für mich eher wie eine Art Rammbock an.
»Au«, sage ich, »das tut jetzt nicht wirklich gut.«
»Soll ich lieber aufhören?«
»Nein«, sage ich, »aber vielleicht schieben wir ihn einfach zwischen meine Beine.«
Herbert ist sonst immer ziemlich scharf auf dieses Manöver. Offen gestanden bemerkt er nicht einmal den Unterschied zur echten Penetration. Normalerweise mag ich das auch gern, aber heute fühlt sich sein völlig starrer Schwanz an meinen empfindsamsten Stellen nicht sehr angenehm an.
»Vielleicht ein bisschen Gleitmittel?«, schlage ich vor.
Wir tragen etwas davon auf. Ein wenig besser wird es dadurch, und ich bringe sogar einen kleinen Orgasmus zustande, aber ich bin sehr erleichtert, als auch Herbert endlich
kommt. Er sinkt auf sein Kissen zurück und seufzt tief. Ich werfe einen Blick nach unten.
»Donnerwetter«, sage ich, »da unten ist immer noch einiges geboten.«
Wir starren beide mit einer gewissen Ehrfurcht Herberts Steifen an. Ich bilde mir ein, er starrt herausfordernd zurück.
»Würdest du sagen«, versuche ich es erneut, »dass er anders aussieht als sonst?«
»Genau das habe ich mir auch gerade gedacht.«
»Irgendwie kürzer und dicker?«
»Ja, genau. Du hast Recht.«
»Wie eigenartig. Das ist ja eine neue Form von Erektion.«
»Hmm. Damit hätte ich nicht gerechnet.«
»Und was wirst du jetzt mit ihm machen?«
»Einschlafen.«
»Stört das nicht beim Schlafen?«
»Betty«, sagt Herbert, »du hast keine Ahnung, was es heißt, ein männlicher Teenager zu sein, oder?«
Und nach dieser irgendwie kryptischen Bemerkung sperrt er seinen tyrannischen Penis in die Pyjamahose und schläft ein.
November
I ch jogge jetzt seit vier Wochen und schaffe es gerade mal, drei Minuten am Stück zu rennen, ohne auf der Stelle zu sterben.
Aber das macht nichts, denn in meinem Herzen bin ich Läuferin. All meine bisherigen Erfahrungen mit dieser Sportart würden eigentlich dafür sprechen, es sein zu lassen.
Dies ist übrigens schon mein vierter Versuch, regelmäßig zu joggen. Der erste endete, nachdem ich mich vor meinem Personal Trainer so fürchtete, dass ich eine Panikattacke bekam. Beim zweiten Mal stellte ich fest, dass ich zu kraftlos war, um gleichzeitig bei Bewusstsein zu bleiben und zu laufen. Das dritte Mal scheiterte ich, weil ich ein schmerzhaftes Tibialis-Posterior-Syndrom an den Schienbeinen entwickelte. Aber das soll nun alles keine Rolle mehr spielen. Ich habe geduldig gewartet, bis all das vorüber war, und jetzt versuche ich es erneut.
Beim zweiten Laufversuch meines Lebens lief ich eines frühen Wintermorgens über das glitzernde, schwarze Straßenpflaster.
Die Luft war klirrend kalt, und obwohl ich nach Atem rang, hatten dieser eisige, stille Morgen, der funkelnde Asphalt und meine unrhythmisch stampfenden Füße etwas, wonach ich seither süchtig bin. Ich wusste damals einfach, dass Laufen perfekt für mich ist – egal, wie lange es dauern würde.
Mit dem Meditieren ging es mir übrigens genauso. Ich wusste, dass es mir guttat, und versuchte mehrere Male, es mir anzugewöhnen. Trotzdem brauchte ich ganze sechs Jahre, bis ich es in meinem Leben fest etabliert hatte. Heute fühle ich mich nur wie ein halber Mensch, wenn ich nicht meditiere. Diese zwanzig Minuten zweimal täglich sind mir inzwischen heilig.
Mit den Verführungen ist es irgendwie ähnlich. Wir haben uns jahrelang ein besseres Sexleben gewünscht, aber nichts war von Dauer. Jetzt bin ich dankbar dafür, dass wir es nicht einfach aufgegeben haben. Warum drängte das Problem sich wieder und
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