52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
auszuleuchten, die ich so lange ignoriert habe. Ich gehe zur Yogastunde und trainiere am Power Plate. Ich ernähre mich bewusster und trinke weniger Alkohol. Ich habe sogar mit Laufen angefangen, obwohl es momentan noch so aussieht, dass ich keuchend eine Minute dahinschlurfe und danach zwei Minuten lang gehe. Ich bin mir nicht sicher, ob das schon als Joggen gilt.
Aber all das fühlt sich nicht nach Eitelkeit an. Ich suche nicht nach Perfektion, sondern nach Zufriedenheit. Nach der Fähigkeit, mich in meiner Haut frei und wohlzufühlen.
Verführung Nr. 44
LIEBE GEHT DURCH DEN MAGEN
H erbert verzieht das Gesicht und schluckt schwer. Dann spült er sich den Mund mit Schaumwein aus, um den Geschmack wieder loszuwerden.
»Also«, sagt er, »das nenne ich mal eine … mäßige Erfahrung.«
»Ich bin so stolz auf dich!«, sage ich. »Du hast dich ja wirklich kaum angestellt.«
Herbert hat gerade die erste Auster seines Lebens gegessen. Roh. Damit Sie den Zusammenhang verstehen – ich habe ihn noch nie Meeresfrüchte essen sehen – niemals –, außer wenn irgendein Witzbold ein paar Shrimps in seine Nudeln Singapur schmeißt. Aber dann fühlt er sich gezwungen, sie sofort auszuspucken.
Noch erstaunlicher ist, dass er diese Kostprobe aus freien Stücken vorgenommen hat. Ich bin ja bereit, Herbert zu allen möglichen Aktivitäten zu zwingen, doch der Verzehr von
Fisch und Meeresfrüchten gehört definitiv nicht dazu. Das habe ich zu Anfang unserer Beziehung versucht, und es endete in Hysterie. Das war mir eine Lehre.
Herberts Verführung heute Abend ist also Essen. Er hat nach Nahrungsmitteln mit aphrodisierender Wirkung geforscht. Die meisten Speisen auf seiner Liste würden zwar, so erzählt er mir, an anderen Stellen im Internet als wirkungslos entlarvt, aber er ist trotzdem bereit, sie auszuprobieren.
Auf seinem Zettel stehen: Ananas, Anis, Austern, Avocado, Banane, Chili, Feigen, Fenchel, Honig, Ingwer, Kaffee, Knoblauch, Mandeln, Muskatnuss, Paprika, Pinienkerne, Rucola, Schokolade, Senf, Spargel, Trüffel, Vanille und Wein.
»Und was davon werden wir essen?«, frage ich.
»Ich möchte ehrlich gesagt all das essen.«
Klar. Natürlich. »Dann nehme ich an, du hast einen Menüplan?«
»Also«, sagt er, »die Austern gehen logischerweise separat.«
»Und was macht man mit Trüffeln?«
»Glaub mir, die können wir uns nicht leisten.«
»Oh.«
»Aber man könnte ja Trüffelöl nehmen.«
»Das geht. Vielleicht zum Spargel.«
»Es ist aber gerade keine Spargelsaison.«
»Damit wirst du jetzt ausnahmsweise leben müssen.«
»Na schön. Und die Hauptspeise.«
»So eine Art Eintopf. Ich vermute, darin kann ich eine Menge der Zutaten unterbringen. Einfach alles rein und fertig.«
»Und das Obst? Du isst doch kein Obst.«
»Ess ich wohl!«
»Dann sag mir, wann du zum letzten Mal freiwillig ein Stück Obst gegessen hast.«
»Keine Ahnung. In einem Kuchen?«
»Das zählt nicht.«
Herbert seufzt. Ich will sein Projekt offensichtlich torpedieren.
»Wie wär’s, wenn wir das Obst grillen?«, schlage ich vor. »Und dazu ein bisschen Ingwereis? Ich könnte noch eine Sauce aus Honig und Butter zum Dessert machen.«
Den Nachmittag verbringen wir mit Einkaufen und Kochen. Herbert deckt den Tisch mit einer schönen Decke, die wir mal im Urlaub gekauft haben, und mit meinen Champagnerkelchen von Flohmarkt. Es gibt Kerzen und Silberbesteck. Er denkt sogar an Servietten, die ich allerdings aus Dreiecken zu Rechtecken umfalte, als er gerade nicht hinsieht.
Wir fangen mit den Austern an und machen mit dem Spargel weiter, der mit Trüffelbutter und Parmesan serviert wird. Wohl weil er keine Saison hat, schmeckt er ein bisschen wässrig, aber nicht schlecht.
»Spürst du schon irgendwas?«, frage ich ihn.
»Vielleicht einen leichten Schwindel?«
»Das ist noch die Restangst vor den Austern.«
Vor dem Hauptgang legen wir eine Pause ein und vertreiben uns die Zeit, indem wir vor dem Aktenschrank in meinem Arbeitszimmer hocken und Elsie häppchenweise die Reste eines Hühnchens hinschieben. Zum Dank faucht sie gelegentlich.
Herbert fragt sich laut, ob sie an der Auster wohl mehr Gefallen gefunden hätte als er.
Der Eintopf schmeckt göttlich. Eine tolle Mischung aus süß und sehr scharf. Wir mildern die Schärfe mit einem Salat aus Avocado und Fenchel und viel Sauerrahm. Danach ist eigentlich eine weitere kleine Pause geplant, bevor es mit dem Dessert weitergeht. Aber wir fallen stattdessen auf dem Sofa
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