52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
übereinander her und begeben uns von dort direkt ins Bett. Den Nachtisch vergessen wir.
Ob das Essen eine aphrodisische Wirkung hatte?
Nun, aus meiner Sicht schon. Ich war ziemlich in Stimmung, als wir das Hauptgericht gegessen hatten, und mein Orgasmus überkam mich ohne große Anstrengung. Ob das eine Folge des romantischen Ambientes oder der besonderen Speisen war, weiß ich nicht.
Für Herbert verlief das Ganze weniger erfolgreich. Zweifellos war er zwar auch in Stimmung, aber sein Enthusiasmus war so groß, dass er sich selbst frühzeitig schachmatt setzte. Erst wäre er fast in Ohnmacht gefallen, weil sein ganzes Blut vom Kopf in Richtung Schwanz rauschte. Dann verlor der seine Erektion, weil sein Kreislauf überkompensierte und das Blut zurück in den Kopf schickte.
Zumindest lautete so seine Erklärung. Meine Theorie ist, dass die Schachtel Viagra, die Herbert sich für die nächste Verführung besorgt hat, eine Art Impotenz-Voodoo bei ihm bewirkt hat.
Verführung Nr. 45
DIE BLAUE PILLE
E s gab schon Verführungen, die vielversprechender begonnen haben.
Sie müssen wissen, dass Herbert sich vorgenommen hat, so eine Art Verbrauchertest durchzuführen: pflanzliches Viagra gegen den echten Stoff. Das war einer seiner ersten Vorschläge für eine Verführung, und er hat das ganze Jahr hindurch weiter dafür plädiert. Ich wusste nicht einmal, dass man dieses Zeug ohne Rezept des Hausarztes überhaupt kaufen kann, aber Herbert hat eine Website mit ärztlicher Online-Sprechstunde gefunden, und danach gab es kein Halten mehr.
Eines Abends kommt er nach Hause und erzählt ganz lässig beim Essen: »Das Viagra ist unterwegs.«
»Ach du meine Güte«, sage ich. »Dann hast du tatsächlich beim Arzt Erektionsstörungen vorgetäuscht?«
»Nein«, sagt er, »ich habe nur die reine Wahrheit erzählt.
Ich sagte, dass ich manchmal, wenn ich mich unter Druck gesetzt fühle oder abgelenkt bin, keine Erektion kriege. Ich sagte, dass ich nicht immer mit meiner Frau schlafen kann, wenn sie es möchte.«
»Aber ich schätze, du hast nicht erwähnt, dass das höchstens in fünf Prozent aller Fälle zutrifft.«
»Nein. Und ich habe auch nicht erwähnt, dass das alles Teil eines bizarren Sexprojekts ist.«
Bizarr ist so ein hässliches Wort. Aber wie dem auch sei, die mythischen kleinen blauen Pillen kommen prompt per Post. Bald darauf gefolgt von ihren pflanzlichen Vettern. Herbert entscheidet, Letztere zuerst zu nehmen. Er sagt, er wünsche sich eine Steigerung vor dem Hauptakt. Also nimmt er am Donnerstagabend zwei der Tabletten. Kurz darauf schauen allerdings zwei Freunde unerwartet vorbei.
Während ich ihnen statt Wein Tee anbiete und ihre Tassen kein einziges Mal nachfülle, beobachte ich Herbert argwöhnisch. Er ist sehr still. Ich hoffe sehr, dass er nicht krampfhaft versucht, eine Beule in seiner Hose zu verbergen.
Sobald die beiden wieder gegangen sind, sagt er: »Das war schrecklich. Meinst du, sie haben was gemerkt?«
»Dann hat es also gewirkt?«
»Nein. Zuerst ist meine Nase taub geworden, dann der Rest meines Gesichts. Jetzt habe ich rasende Kopfschmerzen und kann nicht mal geradeaus schauen.«
»Ach du meine Güte!«
»Ja. Das ist wahrscheinlich die Strafe, weil ich dachte, diese pflanzlichen Dinger hätten überhaupt keine Wirkung.«
Herbert geht an diesem Abend also früh schlafen. Und nach dieser Erfahrung ist es nur zu verständlich, dass er erst einmal keine Lust hat, den echten Stoff auch noch zu versuchen. Am Sonntagabend ist seine Abenteuerlust jedoch so weit zurückgekehrt, dass er sich, während wir fernsehen, kurz in die Küche stiehlt und eine halbe Viagra schluckt.
»In einer halben Stunde sollte es wirken«, sagt er. Also machen wir es uns wieder auf dem Sofa gemütlich und schauen einen Beitrag über den alten Safe von Agatha Christie. Als sich in Herberts Hose noch nichts tut, beschließen wir, noch ein wenig zuzuwarten. Eine weitere halbe Stunde vergeht. »Ich denke, ich nehme auch noch die andere Hälfte«, meint er schließlich.
Gesagt, getan, und wir machen mit der Quiz-Sendung weiter. Aber weder der tiefe Ausschnitt eines weiblichen Gasts noch das schelmische Grinsen des Moderators bringen Herbert in Wallung. Ich gähne.
»Na«, meint Herbert, »das war ja wohl Zeitverschwendung. Sollen wir schlafen gehen?«
Wir gehen hinauf, und während ich meine Zähne putze, studiert Herbert den Beipackzettel aus der Viagra-Schachtel. »Oh«, sagt er, »anscheinend muss man schon
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