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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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man eine Sprache redet, die kein Teufel versteht, und alles so ganz anders ist. Wie ist es denn in dem Palast?“
    „Sehr gut! Sogar ausgezeichnet, sage ich euch!“
    „Das läßt sich hören!“
    „Es ist so gut gegangen, daß ich sogar zwei solche Zettel mitbringe.“
    Sam zeigte den Freunden seinen Raub.
    „Was sind das für Liebesbriefe? Etwa gar Dollarnoten?“
    „Beinahe. Es sind zwei Tausendrubelscheine.“
    „Heiliger Bimbam! Wie bist du zu diesem vielen Geld gekommen?“
    „Wie jeder Spitzbube.“
    „Alle Teufel! Hast du sie etwa gemaust?“
    „Ja. Dem Herrn Kreishauptmann.“
    „Doch nicht etwa direkt aus seinem Geldkasten?“
    „Nein, ein Einbrecher bin ich nicht, sondern ein grundehrlicher Kerl. Ich habe sie ihm nur aus der Tasche genommen.“
    „Tim, hörst du es? Und da nennt sich dieser Mensch einen grundehrlichen Kerl! Aber, Sam, eine besondere Bewandtnis hat es mit dem Geld. Ein Spitzbube bist du nicht; also denke ich, daß diese Banknoten dir bei einer Gelegenheit an den Fingern klebengeblieben sind.“
    „Hast's erraten. Ich mauste etwas anderes, und da steckten sie mit dabei.“
    „Also dennoch gemaust!“
    „Ja. Wenn ein ehrlicher Kerl einmal auf das Zuchthaus lossteuert, so greift er gleich mit vollen Händen zu. Ich will lieber wegen einer Million als wegen lumpiger zwei Dollar bestraft werden.“
    „Weiß Gott, der Kerl redet wie der reine Räuberhauptmann!“
    „Bin es auch, und ihr beiden seid meine Räuberbande.“
    „Danke für die Ehre! Habe keinen Appetit, eines schönen Tages am Galgen vorüberzulaufen und mich zu meinem großen Schreck daran baumeln zu sehen.“
    „So weit ist es noch nicht. Dazu sind wir zu klug. Erwischen lassen, das ist nicht unsere Gewohnheit. Freilich war ich jetzt nahe daran und bin froh, so heiler Haut davongekommen zu sein. Aber schaut, da wird die Tür geöffnet. Der Herr Rittmeister tritt heraus. Er hat wahrhaftig die Kosakenuniform an. Soeben war er noch in Zivil.“
    „Du meinst in Teer und Werg?“
    „Nein, das hatte er sich mit Petroleum weggewaschen; dann zog er ganz gewöhnliches Zeug an, Rock, Hose und Weste. Er hat sich also, seit er aus dem Keller ist, in einen anderen Gottfried Adam gesteckt.“
    „Keller? War er im Keller?“
    „Ja, er, zwei andere und auch ich. Seht, er ruft den Popen hinein, diesen frommen Master Teufelsbanner. Er wird ihm eine famose Anekdote aufbinden.“
    „Das weißt du?“
    „Ja. Ich habe alles gehört. Aber da schaut nur einmal! Jetzt kommt der Pope wieder. Er wird das Volk zerstreuen. Horcht!“
    Wirklich erhob der Pope seine Stimme. Jim und Tim verstanden zuwenig Russisch, als daß sie hätten wissen können, was er sagte. Sie fragten also Sam. Er antwortete:
    „Er sagt, der Teufel sei mit seiner Großmutter infolge der glücklichen Beschwörung in das Regierungsgebäude geflohen und dort vor Angst zur Esse hinausgefahren, und alle Gefahr sei vorüber. Man solle sich nun ruhig und getrost nach Hause begeben. Seht, die Leute schlagen drei Kreuze und trollen sich von dannen. So wird es in Sibirien gemacht. In Amerika würde der Pope totgeschlagen oder an den nächsten Laternenpfahl aufgehängt.“
    „Gehen wir auch?“
    „Nein. Der Herr Rittmeister wird gleich kommen. Wahrscheinlich geht er zunächst zu den beiden Posten. Ich möchte gern hören, was er sagt.“
    Sam hatte richtig gerechnet. Noch war die Menge nicht verlaufen, so trat der Rittmeister wieder aus dem Haus, und als er die drei Fremden erblickte, die ihm gestern abend so viel Anlaß zu Ärger gegeben hatten und ihm den verlangten Respekt schuldig geblieben waren, glaubte er, sich jetzt bei ihnen in Respekt setzen zu müssen, und bediente sich zu diesem Zweck der beiden Posten.
    Er erhob die Peitsche, die er als sibirischer Offizier bei sich führte, zog sie jedem der beiden Kosaken einige Male über den Rücken und schnauzte sie an:
    „Da, ihr Hunde, habt ihr eine Abschlagszahlung! Anstatt eure Pflicht zu tun, habt ihr Allotria getrieben, und nun ist der Teufel mit seiner Großmutter gekommen und hat den Gefangenen befreit, der mit ihm im Bunde stand. Daran seid ihr ganz allein schuld, und so sollt ihr eure Strafe haben!“
    Der eine der Kosaken wollte etwas zu seiner Entschuldigung sagen, aber der Rittmeister versetzte ihm einen neuen wuchtigen Hieb und schrie ihn an:
    „Schweig, Bube! Willst du dein Maß noch voll machen? Eigentlich sollte ich euch in Eisen legen lassen, aber das ist noch viel zuwenig. Ihr habt die ganze Nacht

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