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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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jetzt vom Fenster ab und sprach in das Innere der Stube hinein. Dann rief er herab:
    „Und der Herr Kreishauptmann hat augenblicklich auch keine Zeit. Das soll ich dir sagen.“
    „Das geht mich nichts an. Ich bitte, zu öffnen.“
    „Er will nicht.“
    „So ersuche ich dich, es zu tun. Ich bringe dir die frohe Botschaft, die ich dir versprochen habe. Morgen früh könnte es bereits zu spät dazu sein.“
    Dies schien zu wirken, denn der Sekretär wandte sich abermals in die Stube zurück, sprach eine Weile mit den in derselben befindlichen Personen und meldete dann herab:
    „Auf meine besondere Fürsprache will der Herr Kreishauptmann es ausnahmsweise erlauben. Ich werde also hinabkommen, um dir zu öffnen.“
    Der Kreissekretär wunderte sich nicht wenig, als er nun beim Öffnen anstatt einer volle acht Personen vor der Tür stehen sah, darunter sogar drei weiblichen Geschlechts.
    „Hoffentlich wollen doch nicht diese alle herein?“ fragte er erstaunt.
    „Alle“, antwortete Steinbach, der voran stand und vorsichtig den Fuß auf die Schwelle setzte, damit die Tür nicht zugemacht werden könne.
    „Das geht nicht. Ich habe nur die Erlaubnis für dich allein erhalten.“
    Der Kreissekretär wollte die Tür schließen, was jedoch nicht ging, weil Steinbach mit dem Fuß dazwischen stand.
    „Geh weg!“ gebot er. „Oder willst du dir den Eingang mit Gewalt erzwingen?“
    „Unter Umständen, ja.“
    „Also Haus- oder Landfriedensbruch! Weißt du, was darauf folgt?“
    „Ja, nichts.“
    „Oho! Du würdest sofort erfahren –“
    „Unsinn!“ rief da der dicke Sam. „Wir wollen von dir gar nichts erfahren, sondern vielmehr du sollst von uns hören. Meinst du etwa, wir hätten große Lust, hier unter der Tür mit dir einige Dutzend Strümpfe zu stricken? Dazu gibt es keine Zeit. Mach Platz!“
    „Nicht einen Schritt! Wer will es wagen, hier einzudringen?“
    Der Sekretär rief diese Frage in drohendem Ton und stellte sich mitten in die Türöffnung, damit niemand eintreten könne.
    „Ich“, antwortete Sam. „Geh zur Seite!“
    „Nur über mich hinweg geht der Weg in das Haus.“
    „Unsinn! Über dich hinweg! Das fällt uns gar nicht ein. Wir machen uns schon auf andere Weise Platz. Gib also Raum, liebes Brüderchen! Komm, hopp dich! Da, hier stehst du! Nun schau zu, wie hübsch wir hinein gehen.“
    Der Dicke hatte den Kreissekretär bei den Hüften hüben und drüben erfaßt, hoch emporgehoben, sich schnell umgedreht und ihn sodann draußen vor dem Gebäude niedergelassen. Dort stand nun der Beamte und sah allerdings, daß die acht Personen nunmehr ungehindert in das Haus traten.
    „Donnerwetter!“ fluchte er ergrimmt. „Das war der Dicke, von dem mir der Kreishauptmann vorhin erzählt hat. Also so treibt er es! Jetzt kann ich fast begreifen, daß es ihm gelingt, die Leute einzuschüchtern. Aber in mir soll er sich im höchsten Grad geirrt haben. Ich arretiere die ganze Gesellschaft, sperre sie ein und lasse sie am Morgen auspeitschen.“
    Gesagt, getan! Schon im nächsten Augenblick rannte er über den Platz hinüber nach dem Gebäude, das als Kaserne diente. Im Wachtzimmer waren die Leute munter. Schnell gebot er ihnen die Waffen zu ergreifen, und noch waren nicht zwei Minuten vergangen, seit Sam sich an ihm vergriffen hatte, als auch bereits der Kreissekretär die Treppe des Regierungsgebäudes wieder emporstieg, um die Arretur auszuführen.
    Der wackere Sam war, den anderen voran, in das Wohnzimmer des Kreishauptmanns eingetreten. Steinbach hatte den Schluß gemacht, innerlich höchst belustigt über das resolute Vorgehen des dicken Sachsen.
    Als diese acht Personen eintraten, wollte der Kreishauptmann vor Schreck oder wohl auch vor Zorn aufspringen. Er besann sich aber noch rechtzeitig, daß er vorhin mit seinem Sohn übereingekommen sei, sitzen zu bleiben. Darum behielt er seinen Platz, machte aber die grimmigste Miene, die ihm möglich war.
    „Was wollt ihr?“ fragte er.
    „Dich besuchen“, antwortete Sam mit größter Freundlichkeit.
    „Das werde ich mir verbitten!“
    „O nein. Du wirst berücksichtigen, daß ich hier diesen Herrn vorzustellen habe.“
    Sam deutete dabei auf Steinbach.
    „Wie heißt dieser Mann?“
    „Sein Name ist Steinbach.“
    „Ach so! Was will er von mir?“
    Steinbach trat vor. Er hatte seine Mütze nicht abgenommen.
    „Was ich von dir will?“ sagte er langsam und mit schwerer Betonung. „Zunächst will ich, daß du höflichst aufstehst, wenn du von

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