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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß die Tochter eines reichen Anführers mit einem armen Kosaken, der noch dazu ein Verbannter war, tanzen könne. Dennoch warf er einen wütenden Blick über die Schranken hinweg, dorthin, wo im niederen Rang der Kosak an die Mauer lehnte und dem Tanz zuzusehen schien, heimlich aber mit seinem Blick an Karpala hing.
    Später verkündete ein Trompetenstoß wieder einen Herrschaftstanz. Da stand Karpala auf, ging hinaus in den vorderen Raum und reichte dem Kosaken die Hand.
    „Komm, tanze mit mir!“
    Der Angeredete fuhr bei diesen Worten zusammen, als ob ihn ein Hieb getroffen habe. Aber rasch richtete er sich hoch auf. Seine Augen leuchteten, und seine Wangen glühten. Er hatte gar wohl bemerkt, daß der Rittmeister von Karpala abgewiesen worden war. Jetzt kam sie, die Fürstin, zu ihm! Er machte sich auch augenblicklich die möglichen Folgen dieses ihres Schrittes klar; doch kümmerten ihn dieselben in diesem Moment sehr wenig, er legte ihr kleines weißes Händchen auf seinen Arm und führte sie in die Mitte des Saales.
    Ein allgemeines „Ah!“ des Staunens war erschollen. Jetzt richteten sich aller Augen auf den Rittmeister. Die Farbe seines Gesichtes glich derjenigen einer getünchten Wand.
    Die Musik begann. Nur dieses eine Paar tanzte, denn die Untergeordneten durften nicht teilnehmen, und die ‚Herrschaften‘ wollten sich nicht blamieren, neben einem Deportierten sich zu drehen. Dieser aber schien an nichts zu denken, als an seine Tänzerin. Den Arm um ihre herrliche Taille geschlungen, dirigierte er sie in leichten, zierlichen Schwingungen hin und zurück. Sie aber gab sich ihm hin, den schönen Kopf leicht an seine Schulter gelehnt, und ihre Augen waren halb geschlossen, während ihr Gesicht einen innigen Ausdruck angenommen hatte.
    Ihre Eltern schienen den Schritt, den sie getan hatte, nicht übel zu deuten, denn sie blickten dem Paar fröhlich und unbefangen zu.
    Jetzt war der Tanz zu Ende.
    „Komm!“ sagte Karpala und wollte ihren Tänzer dorthin zurückführen, wo er gestanden hatte.
    „Nein“, flüsterte er jedoch, „du bist die Dame. Ich führe dich.“
    Sie waren während dieser leisen Reden langsam bis an die Scheidewand gekommen und traten nun in den abgegrenzten Raum. Der Rittmeister schnellte von seinem Sitz empor.
    Hatten seine Augen vorher die Tanzenden mit glühendem Blick verfolgt, so sprühten sie jetzt förmlich Feuer. Rasch trat er auf die beiden zu. Der Kosak aber tat, als ob er ihn gar nicht bemerke. Da stellte sich ihm der Rittmeister in den Weg und rief so laut, daß seine Worte von allen im Saal Anwesenden deutlich verstanden werden konnten:
    „Du wagst es, hierherzukommen, Hund? Was willst du hier?“
    Der Angeredete antwortete furchtlos und in ruhigem Ton:
    „Meine Dame an ihren Platz führen. Dann aber gehe ich wieder!“
    „Deine Dame? Welch eine unerhörte Frechheit! Wie kann die Prinzessin die Dame eines gemeinen Verbrechers sein! Sie ist meine Verlobte. Pack dich! Sonst werfe ich dich hinaus und lasse dir die Knute geben und dich dann krumm schließen.“
    Bei diesen Worten griff der Rittmeister nach der Knute, die er, wie gewöhnlich, an seiner Seite hängen hatte.
    Ein lautloses Schweigen herrschte rundumher. Alle waren gespannt, was der Kosak tun würde. Die meisten, natürlich gewöhnliche Leute, glaubten, er werde in tiefster Demut und Unterwürfigkeit dem an ihn gerichteten Befehl Gehorsam leisten. Niemand sprach vor Erwartung ein Wort. Nur einer, nämlich der dicke Sam, flüsterte Jim leise zu:
    „Das ist stark. Wir werden uns des armen Teufels von Kosaken annehmen.“
    Letzterer aber, nämlich der Kosak, zeigte weder Demut noch Unterwürfigkeit. Aufrecht vor dem Offizier stehend, antwortete er, allerdings in einem gemessen höflichen Ton:
    „Ich werde tun, was die Dame mir befiehlt!“
    Dabei blickte er Karpala fragend an. Auch diese fürchtete ihrerseits den Rittmeister nicht. Sie glaubte, dem Kosaken eine Ehrenrettung schuldig zu sein. Darum legte sie ihren Arm fester in den seinigen und sagte:
    „Du hast mit mir getanzt, darum mußt du mich nach meinem Platz bringen. Dann kannst du ja wieder zu deinem Ort zurückkehren.“
    „So komm!“
    Der Kosak wollte mit ihr weiter. Da aber hielt der Rittmeister ihn beim Arm fest und rief:
    „Halt! Laß sie augenblicklich los!“
    „Du siehst, daß meine Dame nicht will. Wenn sie wirklich deine Verlobte ist, so solltest du ihr deine Achtung dadurch beweisen, daß du sie nicht beleidigst, indem du mich

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