Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Regierungsgebäude wurde abgestiegen. Der Rittmeister flüsterte dem Leutnant einige Worte zu, und dieser ging, um die Ausgänge des Gebäudes von seinen Kosaken besetzen zu lassen.
    Karpala mußte mit ihren drei Schützlingen im Vorzimmer warten. Der Rittmeister ging nämlich vorher allein zu seinem Vater, um diesem Bericht zu erstatten. Bald jedoch trat er unter die Tür, um auch die anderen hereinzurufen.
    „Ich bleibe hier“, sagte das Mädchen. „Ich habe mit euch nichts zu schaffen, ich will nur erfahren, was ihr mit diesen Männern tun werdet.“
    „Sie werden eingesteckt und nach Irkutsk transportiert, wo man ihnen zeigen wird, was es heißt, auf einen Offizier zu schießen.“
    „Das wird sich finden, mein Liebling!“ lachte Sam, indem er dem Rittmeister zur Seite schob, um eintreten zu können.
    Der gestrenge Herr Kreisrichter empfing die drei Delinquenten mit seinem finstersten Blick.
    „Du hast auf diesen Offizier geschossen?“ herrschte Sam an.
    „Nein.“
    „Leugne nicht!“
    „Ich sage die Wahrheit!“
    „Er behauptet es!“
    „So lügt er.“
    „Mensch, wahre deine Zunge, sonst lasse ich dir die Knute geben.“
    Da stellte sich Sam in Positur und antwortete:
    „Du? Mir die Knute? Du wärst mir der richtige Kerl dazu. Wenn du es noch einmal wagst, die Knute zu erwähnen, so haue ich dir ein Dutzend Ohrfeigen herunter, daß du denken sollst, unter deinem alten Schädel ritten zehn Millionen Kirgisen spazieren! Ich weiß genau, was des Kaisers Rock bedeutet; ich würde mich nie an einem braven Offizier vergreifen, aber kann ich einen Menschen, der sich hinter die Büsche steckt, um ein Mädchen zu belauschen, für einen Offizier halten? Ein Flegel ist er, ein neugieriger Affe und unverschämter Bengel! Wenn du das nicht zugibst, mögen der Generalgouverneur von Sibirien und der Zar darüber entscheiden!“
    „Du hast hier zu schwei –“
    „Halte das Maul!“ brüllte Sam ihn nun erst recht an. „Jetzt rede ich, und dann kommst erst du dran! Du bist der Isprawnik von Platowa, ich aber bin Samuel Barth aus Herlasgrün! Kennst du das?“
    „Nein“, entfuhr es dem Eingeschüchterten.
    „So rede auch nicht drein, wenn ich dir die Ehre gebe, mit dir zu reden! Wenn du deinem famosen Sohn helfen willst, so bist du noch famoser als er selbst, du – du – du Isprawnikel du! Du scheinst überhaupt nicht zu wissen, daß man sich erst erkundigt, was für Leute man vor sich hat. Der heilige Zar in Petersburg wird sich freuen, wenn er von mir erfährt, was es hier für Hornissen gibt. Da hast du meinen Paß. Sieh dir ihn an! Und kannst du nicht lesen, so will ich dir das Abc mit Kreide auf den Stuhl schreiben; wenn du dich darauf setzt, so hast du es an den Hosen kleben, und es wird dann gehen!“
    Sam zog seine Brieftasche hervor, nahm den Paß heraus und legte denselben dem Isprawnik vor. Er hatte seine Rede so schnell und in einem solchen Kauderwelsch vorgebracht, daß der Beamte wohl nicht viel mehr als die Hälfte der Höflichkeiten, die sie enthielt, verstand. Es wäre dem guten Sam aber ebenso lieb gewesen, wenn alles verstanden worden wäre. Furcht kannte er nicht.
    Der Isprawnik öffnete den Paß, las ihn langsam durch, rieb sich die Augen und begann wieder von vorn. Sein Gesicht wurde immer länger. Auf einen Wink Sams legten auch Jim und Tim ihre Legitimation vor, die ebenfalls von dem Beamten geprüft wurde.
    Dieser letztere begann zu schwitzen. Der Sohn, der seinen Zustand bemerkte, trat jetzt auch hinzu und nahm Einsicht in die Pässe. Da meinte Sam:
    „Die Pässe sind eigentlich nicht ausgestellt, um von Leuten geprüft zu werden, die solche Jugendstreiche begehen. Ich befinde mich aber gegenwärtig in guter Stimmung und will es erlauben, daß vier Augen hineinsehen, anstatt nur zwei.“
    Weder Vater noch Sohn gaben eine Antwort. Der erstere legte die Dokumente sorgfältig zusammen und gab sie den Eigentümern zurück.
    „Und nun?“ fragte Sam.
    „Ihr seid frei!“
    „Frei? Das sind wir bis jetzt gewesen. Ich hoffe, eine andere Antwort zu erhalten.“
    „Was geschehen ist, beruht auf Mißverständnissen.“
    „Oho! Ich hoffe, daß der Rittmeister sich entschuldigt, sonst melde ich es dem Gouvernement, was mich veranlaßt hat, eine Kugel nach seiner Mütze zu senden.“
    Sam stand erwartungsvoll da. Vater und Sohn blickten einander an. Da drehte sich der letztere mit einem gewaltsamen Ruck zu dem Dicken um und sagte:
    „Ich gebe zu, daß ich zu schnell

Weitere Kostenlose Bücher