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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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blamierst!“
    „Elender Hund! Gehorchst du oder nicht?“
    Der Rittmeister erhob den Arm mit der Knute. Der Kosak entgegnete jedoch furchtlos:
    „Ich bin weder ein Hund, noch ein gemeiner Verbrecher, wie du mich vorhin nanntest. Ich bin nur wegen eines politischen Verbrechens angeklagt und ohne Untersuchung nach Sibirien gesandt worden. Übrigens bin ich ebenso wie du Offizier und außerdem ein Edelmann. Ich traue dir den Verstand zu, zu überlegen, ehe du handelst. Wage es nicht, mich hier zu schlagen!“
    „Nicht? Ah, Schurke, da hast du sie!“ rief jetzt der Rittmeister und holte mit dem bereits erhobenen Arm zum Schlag aus, konnte aber den Hieb nicht ausführen, denn Sam war herbeigetreten, hatte schnell seinen Arm ergriffen und sagte in freundlichem Ton:
    „Beruhige dich, Brüderchen. Wir sind hier, um uns zu freuen, nicht aber, um Zank zu hören!“
    Der wütende Rittmeister aber brüllte ihn an:
    „Hast etwa du mir etwas zu befehlen?“
    „Diese Frage will ich nicht beantworten; bisher habe ich nicht befohlen, sondern nur gebeten. Achte deine Verlobte, indem du es schweigend geschehen läßt, daß ihr Tänzer die Pflicht der Höflichkeit gegen sie erfüllt. Es kann dir ganz gleichgültig sein, daß er für einen Augenblick hierherkommt!“
    „Nein, es ist mir nicht gleichgültig. Er darf nicht dahin, wo ich bin!“
    „Schön! So darf er aber dahin, wo ich bin. Ich bin der Gast des Fürsten, und ich will sehen, ob du mich auch beleidigst, indem du mir versagst, was ich tun will!“
    Und sich zu dem Kosaken wendend fuhr Sam fort:
    „Brüderchen, führe deine Dame an ihren Platz und trinke mit mir ein Gläschen auf ihr Wohl. Dann kannst du wieder gehen!“
    Damit trat er an den Tisch, um die Gläser zu füllen, mußte also den Arm des Offiziers wieder fahrenlassen. Dieser letztere benutzte nun diese Gelegenheit und rief, abermals zum Hieb ausholend:
    „Zurück! Fort mit dir, Kerl! Sonst zeichne ich dich für das ganze Leben!“
    Sam wollte schnell wieder Einrede erheben; aber der Anblick, den der Kosak jetzt bot, ließ ihn nicht zu Wort kommen. Stolz wie ein Fürst richtete sich nämlich der Verbannte vor dem Rittmeister empor, und sein Blick funkelte wie derjenige eines Löwen, den ein armseliger Schakal anzukläffen wagt, als er nur zwei Worte sagte:
    „Versuch es!“
    „Jawohl tue ich es! Da!“ Der Rittmeister wollte zuschlagen. Und schon sauste die Knute durch die Luft, da aber ließ der Verbannte Karpalas Arm, den er selbst jetzt noch festgehalten hatte, fahren und griff blitzschnell nach der Faust des Offiziers, in der dieser die Knute hielt. Ein Ruck, und er hatte sie ihm entrissen. Dann aber donnerte er ihm zu:
    „So! Und nun laß es genug sein! Ich schone dich nicht mehr! Setze dich und gib Ruhe!“
    Da fuhr der Offizier einen Schritt zurück. Er fand für den Augenblick gar keine Worte für seinen Grimm. Endlich aber brüllte er pfeifend:
    „Wie! Du gebietest mir Ruhe? Du entreißt mir die Peitsche? Her damit, daß ich dich schlage, bis die Fetzen fliegen!“
    Mit diesen Worten sprang der Rittmeister auf den Verbannten zu; dieser aber trat schnell zur Seite und versetzte ihm eine so kräftige Ohrfeige, daß derselbe an die Barriere flog und, sie umreißend, mit ihr in den Saal stürzte. Freilich raffte er sich sofort wieder auf, um den Gegner zu fassen, dieser aber packte ihn noch schneller, hob ihn empor und schleuderte ihn gegen die Wand.
    Das alles war so schnell geschehen, daß es keinem Menschen möglich gewesen war, es zu verhindern. Jetzt bot der Kosak der schönen Fürstentochter die Hand und sagte so ruhig, als ob gar nichts geschehen sei:
    „Bitte, komm zu deinem Platz!“
    Dann führte er sie hin. Sie aber ließ sich nieder, wurde blaß wie eine Leiche und konnte kein Wort sagen, und auch alle anderen schwiegen. Nur der Verbannte wandte sich zu Sam:
    „Brüderchen, wolltest du nicht ein Gläschen mit mir auf ihr Wohl trinken?“
    „Ja, komm! Bei Gott, du bist ein tüchtiger Kerl! Es ist mir ein Vergnügen, mit dir anzustoßen! Komm!“
    Sam goß ein, war aber noch nicht fertig damit, so ertönte des Rittmeisters Stimme durch den Saal:
    „Auf! Hin! Arretiert ihn! Augenblicklich!“
    Der so derb Gezüchtigte hatte sich wieder aufgerafft und bot nun ein Bild ungezügelten Grimms. Sein Gesicht war dunkelrot, und die Adern seiner Stirn schienen zerspringen zu wollen. Natürlich war kein Mensch sitzen geblieben. Auch in dem Herrschaftsraum hatten alle sich erhoben. Die

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