Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Orient, Konstantinopel! Ach, Sie ahnen gar nicht, wie diese beiden Worte mich entzücken können.“
    „So bitte ich Sie, mir Antwort auf meine Frage zu geben!“
    Sie legte beide Hände auf die Brust, als ob sie dort etwas zurückdrängen müsse, und sagte:
    „Wie gern täte ich es; aber ich darf nicht. Ich muß hier bleiben. Mich hält der Schwur, den ich mir selbst geleistet habe.“
    „Ah! Die Rache? Wenn es nur das ist, so seien Sie ruhig. Sie sollen uns ja helfen, Tschita und Zykyma in den Harem des Paschas zurückzuführen. Sie sollen sogar mit ihnen dorthin reisen und sie beaufsichtigen helfen. Wollen Sie also ja sagen? Wollen Sie mich liebhaben und als meine Frau mit mir ziehen?“
    „Ich sage ja, von ganzem Herzen ja, denn es ist mir – doch nein –“, unterbrach sie sich, „so schnell darf ich meine Zusage doch nicht geben. Ich kenne den Pascha ja nicht; ich weiß ja gar nicht, ob er mich mitnehmen würde, ob er Vertrauen zu mir hat.“
    „Das hat er! Ich glaube, sagen zu dürfen, daß Sie ihm willkommen sein werden.“
    „Ich hoffe es, muß aber Gewißheit haben.“
    „So müssen wir warten, bis er kommt. Dann werden Sie ja hören, daß …“
    „Daß er gern einverstanden ist“, erklang es hinter ihnen.
    Beide fuhren herum, sich ganz erschrocken stellend.
    „Der Pascha!“ rief der Agent.
    „Ja, ich bin es“, antwortete der Genannte, indem er zu ihnen trat. „Habe ich Sie vielleicht erschreckt?“
    „Ach, sehr!“ sagte Lina, indem sie einen tiefen, ehrfurchtsvollen Knicks machte.
    „So hoffe ich, daß Sie sich recht bald von diesem kleinen Schreck erholen werden.“
    Lina tat, als ob sie sich noch immer in einer kleinen Verlegenheit befinde, doch machte sie eine bejahende Verbeugung.
    Die Augen des Paschas leuchteten befriedigt auf. Gleich als er sie sah, hatte ihre volle, reizende Gestalt einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht. Er hatte sofort den Vorsatz gefaßt: Die bekommst du, nicht aber der Agent. Sie muß in deinen Harem, ihn aber schiebst du auf die Seite. Darum war er von ihrer jetzigen stummen Antwort und ihrer Art und Weise ganz entzückt und sagte:
    „Sie zürnen mir also wirklich nicht?“
    „Nein.“
    „So wollen wir gute Freunde werden. Ich bin überzeugt, daß die Bekanntschaft, die wir jetzt schließen, für alle Teile von Vorteil sein wird. Sie sollen mir einen kleinen Dienst erweisen, und dafür werde ich Sie so belohnen, daß Sie getrost und mit freudiger Genugtuung in die Zukunft blicken können.“
    „Ich bin bereit, Ihnen gefällig zu sein“, erklärte Lina, „zumal ich vernommen habe, daß das mit meinen Absichten und Gefühlen so vollständig harmoniert. Sie wollen sich rächen, und ich will es auch. Ihre Feinde sind auch die meinigen, und so wollen wir von heute an Hand in Hand gehen, bis unsere gemeinschaftliche Aufgabe erfüllt ist.“
    „Und auch weiterhin, noch länger!“ fügte er hinzu. „Aber wir wollen uns ja besprechen. Kommen Sie also mit dahin, wo wir ungestört sind und nicht belauscht werden können.“
    Sie begaben sich nach dem Felsen. Nur Nina wußte, daß sie doch belauscht sein würden, und sie hatte sich nicht geirrt, denn als sie jetzt einen verstohlenen Blick emporwarf, sah sie ein Paar Augen durch das künstlich angebrachte Buschwerk blicken.
    „Setzen wir uns, ohne uns zu genieren“, sagte der Pascha, indem er sich in das Moos niederließ.
    Dann begann er, nachdem Lina und der Agent seiner Aufforderung gefolgt waren, von seiner Absicht zu sprechen, Zykyma und Tschita zu entführen und mit Gewalt nach seinem Harem zurückzubringen. Lina war seiner Rede mit einem ironischen Lächeln gefolgt. In beredten Worten machte sie nun, als er geendet hatte, auf die Gefährlichkeit und Unausführbarkeit seines Racheplans aufmerksam, den die Polizei mit ihrem kräftigen und weithin reichenden Apparat in jedem Fall vereiteln würde.
    „Sie wären von allen Seiten gehetzt“, sagte sie zu ihm. „Wie wollen Sie entkommen? Auf der Bahn? Mit der Post? Überall würden Sie erwartet. In keiner Stadt, in keinem Dorf, an keinem Ort dürften Sie sich sehen lassen. Sagen Sie mir doch in aller Welt, wie Sie da an die Möglichkeit des Gelingens nur denken können!“
    Der Pascha blickte verlegen vor sich hin und erwiderte kleinlaut:
    „So haben wir es uns freilich nicht gedacht. Doch lassen Sie Ihren Rat hören. Wie denken denn Sie sich die Sache?“
    „Ich denke mir, Tschita und Zykyma gehen einmal spazieren und kommen gar nicht wieder, und zwar

Weitere Kostenlose Bücher