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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Angelegenheit mit ihm zu ordnen. Und Sie, meine Herren, werden mich begleiten. Sie können ja selbst mit ihm reden und die Bedingungen mit ihm vereinbaren. Ohne Geld tut er es freilich nicht, und wenn Sie ihm gleich etwas anzahlen, haben Sie ihn sicher.“
    „Gut, so reisen wir. Haben wir noch sonst etwas zu besprechen?“
    „Für jetzt nichts“, antwortete der Pascha. „So dürfen wir uns wohl trennen. Die Herren werden mir erlauben, mich zuerst zu entfernen. Besorgen Sie also einen Wagen, und in einer Stunde treffen wir uns auf der Landstraße nach Grafenreuth.“
    Lina verabschiedete sich und ging. Solange sie von den Blicken der beiden etwa verfolgt werden konnte, ging sie langsam, dann aber beeilte sie sich so sehr wie möglich, um ihren Bruder aufzusuchen und ihm in kurzen Worten den Inhalt des Gesprächs mitzuteilen.
    „Ah!“ lachte er, als sie geendet. „Das gibt der Sache eine ganz neue und vortreffliche Wendung. Diese beiden Kerle wollen fangen, werden aber selbst gefangen werden. Freilich haben wir nun Frau Auguste umsonst auf dem Meierhof plaziert, doch das tut ja nichts. Der Kastellan ist ein besserer Beobachter als sie.“
    „Nun gilt es aber, ihn augenblicklich zu benachrichtigen.“
    „Natürlich! Ich werde schleunigst auf das Schloß gehen und mir ein Pferd satteln lassen. Ich reite nach Grafenreuth. Bevor ihr hinkommt, habe ich ihn instruiert.“
    „Sage dem Kastellan, er soll mich ja als Nichte behandeln. Selbst wenn er mich mit einem Kuß empfängt, werde ich es ihm nicht übelnehmen.“
    Sie trennten sich, und Lina ging heim, um sich für die Fahrt umzukleiden. Dann ging sie nach der verabredeten Straße, wo sie den Wagen treffen mußte.
    Dort stieß zunächst der Pascha zu ihr, der ihr den Arm bot, höchst liebenswürdig zu ihr war und sich alle Mühe gab, ihr Wohlgefallen zu erwerben.
    Als dann der Wagen kam, stiegen sie auf. Der Agent wollte schnell fahren, Lina aber sagte, sie könne das nicht vertragen. Sie wollte ihrem Bruder Zeit lassen, den Kastellan so ausführlich wie möglich zu instruieren.
    Als sie an der alten Burg anlangten, war keine Spur von dem Polizisten zu sehen. Er hatte sich bereits wieder entfernt.
    Sie fuhren in den einstigen Schloßhof und stiegen aus. Kein Mensch ließ sich sehen. Der Kastellan durfte doch nicht wissen lassen, daß er von der Ankunft seiner vermeintlichen Nichte unterrichtet sei.
    Ein Teil der Ruine, die einen beträchtlichen Umfang hatte, war renoviert worden. Dort mußte der Kastellan wohnen, und dorthin lenkten also die drei ihre Schritte.
    Ein schmales Tor führte in das Gebäude. Eben als sie durch dasselbe traten, kam ein alter Mann, dem man den Beamten von weitem ansah, eine breite, steinerne Treppe herab. Er blieb auf der letzten Stufe stehen und zeigte eine Haltung, als ob er auf das äußerste, aber freudig überrascht sei.
    „Wer – wer kommt denn da?“ rief er aus. „Du bist es, du, Lina! Wer hätte das gedacht! Ich glaubte, dich in Monaten nicht wiederzusehen. Ich begrüße dich mit Freuden. Du kommst eben recht, mir einen Rat zu geben.“
    „Den sollst du haben, lieber Onkel. Grüß dich Gott.“
    Sie umarmte ihn, und er gab ihr einen herzlichen Kuß auf die Wange. Beide spielten ihre Rollen so ausgezeichnet, daß die Herren an die Verwandtschaft glauben mußten.
    „Du bist doch nicht bös, daß ich nicht allein komme?“ begann sie wiederum. „Ich bringe zwei Freunde mit. Laß sie dir vorstellen. Du wirst staunen. Hier ist zunächst Herr Schubert, mein Bräutigam, den ich …“
    „Bräutigam?“ unterbrach er sie erstaunt. „Das ist doch nur ein Scherz von dir?“
    „O nein, es ist mein völliger Ernst. Wir haben uns heute verlobt.“
    „O du Schalk! Und mir hast du nie davon gesagt!“
    „Als ich zum letzten Mal bei dir war, kannte ich Herrn Schubert noch gar nicht. Noch mehr aber wirst du jetzt staunen. Dieser andere Freund ist ein gar hoher und vornehmer Herr aus dem Ausland, aus Konstantinopel, ein Pascha.“
    Der Kastellan fuhr zurück.
    „Ein Pascha!“ rief er aus. „Ein echter, richtiger Pascha?“
    „Ein wirklicher.“
    „Ah, welche Ehre!“
    Der Kastellan machte einige sehr tiefe Verbeugungen.
    „Bemühen Sie sich nicht allzusehr, mein Lieber“, sagte der Pascha freundlich. „Ich habe hier auf die Ansprüche meines Ranges verzichtet und befinde mich inkognito im Bad.“
    „Wenn auch, wenn auch! Ein Pascha, ein wirklicher türkischer Pascha. Nein, so eine Ehre! Kommen die Herren doch nur

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