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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß du nach Sibirien gegangen warst. Ich wollte dich finden.“
    „Diesen Zweck hast du allerdings erreicht; aber einen Nutzen hast du freilich nicht davon. Geld bekommst du nicht.“
    „So bleibe ich sicher hier, warte, bis Steinbach kommt und verrate ihm alles. Warum hast du mir gesagt, wo Gökala sich befindet? Ich brauche ja nun bloß die Ankunft Steinbachs zu erwarten und ihm zu sagen, wo sie ist.“
    „Mensch, du bist ein Schuft!“
    „Richtig! Jeder Mensch ist mehr oder weniger Schuft. Du bist nicht der kleinste.“
    „Kerl, mäßige dich!“
    „Pah! Wir kennen uns. Ich brauche Geld, und du wirst mir welches geben.“
    „Den Teufel werde ich! Fällt mir gar nicht ein! Ich brauche mein Geld selbst.“
    „Und wenn ich bereit bin, dir auch jetzt noch Dienste zu leisten?“
    „Ich danke! Ich brauche dich nicht mehr.“
    „Nun, vielleicht kommt noch die Zeit, in der du mich sehr gut brauchen könntest, mich aber nicht mehr haben wirst.“
    „Das glaube ich nicht.“
    „Nun, ich setze zum Beispiel den Fall, daß Steinbach dich verfolgt. Wie dann?“
    „Da kannst du mir nicht helfen.“
    „Du würdest natürlich fliehen?“
    „Ja.“
    „Dazu brauchtest du doch einen tüchtigen Führer, einen Mann, der Steinbach gewachsen ist.“
    „Willst etwa du der sein?“
    „Nein. Aber ich könnte dir einen Dienst erweisen, indem ich dir meinen Führer abtrete.“
    „Ist der Mann so ausgezeichnet?“
    „Ja. Er ist der berühmteste Zobeljäger, den es gibt.“
    „Wie heißt er?“
    „Er hat keinen Namen, er trägt nur die Nummer Fünf.“
    „Donnerwetter!“
    Indem der Graf diesen Fluch ausstieß, fuhr er um zwei Schritte zurück und machte ein Gesicht, als ob er etwas ganz Erstaunliches und zugleich Erfreuliches gehört habe. Der Derwisch sah das natürlich und fragte:
    „Kennst du ihn?“
    „Nein“, antwortete der Graf, indem er sich ein ruhiges Aussehen gab.
    „Es sah aber geradeso aus. Schau, dort kommt er.“
    Der Derwisch wies auf den Mann, von dem er und der Graf soeben gesprochen hatten.
    Sobald nämlich Nummer Fünf hörte, daß von ihm die Rede sei und daß man sein Verschwinden bemerken könne, hatte er seinen Lauscherposten verlassen. Es konnte ja nach ihm gesucht und dabei leicht entdeckt werden, daß er gehorcht und Dinge gehört hatte, die für ihn von der allergrößten Wichtigkeit waren. Nur eins blieb ihm ein Rätsel, nämlich der Name Gökala. Wer hieß so? Seine Tochter hatte Semawa geheißen. Er ahnte ja nicht, daß Gökala dieselbe Bedeutung hatte, daß das arabische Semawa und das türkische Gökala soviel wie himmelblau bedeutete.
    Jetzt nahm er seinen Sitz wieder ein und versank in tiefes Nachdenken.
    Bald darauf trat der Derwisch zu ihm und fragte:
    „Hast du gesehen, wo sich der Graf befindet?“
    „Ja, Herr.“
    „Er scheint mit dir sprechen zu wollen. Ich wünsche, daß du zu ihm gehst. Doch er darf nicht wissen, daß ich seinen Wink gesehen und dich auf denselben aufmerksam gemacht habe. Du wirst ihm das also nicht sagen.“
    „Ich werde es verschweigen.“
    „Gut also, so gehe!“
    Der Jäger ging und suchte den Grafen, der am Brunnen stand, auf.
    Kaum aber war er hinter den dort stehenden Sträuchern verschwunden, so schlich sich der Derwisch ebenfalls schleunigst dorthin und wurde so Zeuge fast des ganzen Gesprächs zwischen den beiden Männern.
    Es war ein höchst eigentümliches Gefühl, mit dem der Graf das Nahen des Jägers erwartete. Das war freilich auch sehr leicht erklärlich.
    Er hatte den Maharadscha um den Thron, die Heimat, das Kind, um sein Eigentum, seine Freiheit, kurz um alles, alles gebracht und war ihm seit jener Zeit nicht wieder begegnet. Jetzt sollte er ihn zum ersten Mal wiedersehen. Wie würde der Unglückliche sich gegen ihn verhalten? Diese Frage lag ihm schwer auf dem Herzen.
    Der Graf nahm sich natürlich vor, ganz so zu tun, als ob er ihn nicht für den Maharadscha halte, als ob er das damalige Urteil des Gerichts auch heute noch für gerecht erachte. Nach dem Verhalten des Verbannten sollte sich dann das seinige richten. Er wollte ihm die Freiheit wieder verschaffen und beabsichtigte, dafür Gökala zur Frau und dann die Thronfolge für sich zu fordern.
    Jetzt hörte er langsame nahende Schritte, und der Verbannte trat zu ihm.
    Dieser wußte ganz genau, wen er vor sich hatte. Er hatte ihn sofort erkannt, außerdem hatte der Graf ja auch, als er kam, dem Bauer seinen Namen genannt.
    Welche Gefühle mußte der einstige Herrscher eines

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