54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

du selbst mitgehst.“
    „Ich muß hier bleiben, damit kein Unwillkommener Zutritt nimmt.“
    „Das ist nicht notwendig. Du siehst ja, daß sich alles günstig für dich gestaltet hat, und ich gebe dir mein Wort, daß niemand, dem du es verboten hast, in dein Haus treten wird.“
    „Wenn du es sagst, so vertraue ich dir.“
    Sie traten nun miteinander ein, und der Korporal folgte ihnen. Der Oberleutnant durchsuchte die genannten Räume alle sehr genau, doch vergeblich, und dann ging es an die Nebengebäude, die der Bauer ihm ebenfalls alle getrost öffnen konnte.
    Während der letzten geschilderten Vorgänge, hatte der Graf sich mit dem einstigen Derwisch leise und heimlich unterhalten. Der Inhalt ihres Gesprächs mußte wohl kein freundlicher sein, denn ihre Gesichter waren sehr ernst, und es schien, daß sie sich gegenseitig Vorwürfe machten.
    Der Graf zürnte dem Derwisch, daß er nach Sibirien gekommen war.
    „Als du von Amerika zurückkehrtest“, sagte er zu ihm, „wo du nur mit genauer Not jenem Steinbach entkommen warst, wandtest du dich an mich, und ich gab dir Geld. Ich knüpfte an diese Gabe die Bedingungen, daß du fortan mir fernbleiben solltest, und du versprachst mir auch, dich an einen abgelegenen Ort zurückzuziehen. Hier nun trittst du mir wieder in den Weg.“
    „Kann ich dafür? Ich habe mein Wort gehalten. Ist Sibirien nicht abgelegen genug?“
    „Ja, aber du wußtest daß ich hierhergehen wollte, und bist mir nachgereist.“
    „Hm!“
    Indem der Derwisch so vor sich hinbrummte, zeigte sein Gesicht den Ausdruck eines verschlagenen, beutegierigen Raubtieres.
    „Kannst du es leugnen?“ fragte der Graf.
    „Soll ich aufrichtig sein?“
    „Ich verlange das sogar vor dir.“
    „So will ich gestehen, daß ich hierhergekommen bin, um dich zu treffen.“
    „Donnerwetter! So habe ich also richtig vermutet. Du bist mir in voller Absicht nachgereist. Und welches ist deine Absicht?“
    „Ich brauche Geld.“
    „Dachte es mir. Du wirst aber diese Absicht dieses Mal bei mir keineswegs erreichen. Du bekommst keinen Rubel.“
    „Das wäre sehr unklug von dir. Wenn du nicht zahlst, verrate ich alles.“
    „Und wenn ich zahle, so kommst du immer wieder. Du saugst mich aus wie ein Blutegel. Wieviele brauchst du? Sage die Summe.“
    „Du wirst über sie erschrecken. Fünfzigtausend Rubel.“
    „Du bist fünfzigtausendmal verrückt.“
    „Ich glaube nicht. Wir brauchen uns ja gar nicht aufzuregen. Sage mir kurz, ob du willst oder nicht. Dann sind wir fertig.“
    „Und wenn ich nicht will?“
    „So sage ich es Steinbach, wo du bist.“
    „Steinbach? Ah! Ehe du diesen findest, habe ich dieses gelobte Sibirien längst verlassen.“
    „Täusche dich nicht. Er ist an einem Ort, an dem du ihn jedenfalls nicht vermutest. Meinst du, er wisse nicht auch, daß du nach Sibirien gegangen bist?“
    „Wer soll es ihm gesagt haben?“
    „Das weiß ich nicht, aber er hat deine Spur.“
    „Männchen, mache mir nichts weis. Mich bringst du nicht so schnell zum Fürchten. Ich weiß, woran ich bin. Du willst nur einen gelinden Druck auf meinen Beutel ausüben.“
    „Das beabsichtigte ich allerdings, wie ich offen gestehen will, aber das, was ich von Steinbach sage, ist wahr. Ich weiß, daß er sich ganz in der Nähe befindet. Vielleicht trifft er schon heute hier ein.“
    „Meinst du, daß ich das glaube? Ich lasse mich nicht in das Bockshorn jagen.“
    „Nun, so ist es unnütz, weiter mit dir zu reden. Du glaubst mir nicht, und so will ich mir weiter keine Mühe geben.“
    Der Derwisch tat, als ob er sich abwenden wollte. Da fühlte der Graf doch eine kleine Besorgnis, er faßte ihn am Arm, hielt ihn zurück und fragte:
    „Sage mir, wo er sein soll! Vielleicht halte ich es für wahr.“
    „Nun, er ist in Platowa.“
    „Unsinn!“ rief der Graf lauf auflachend. „Wir kann er in Platowa sein?“
    „Ich weiß es, obwohl ich ihn weder gesehen noch von anderen gehört habe, daß er dort ist. Ich habe Personen bemerkt, die sich stets in seiner Nähe befinden. Ich sah mehrere Kameraden von ihm die ich genau kenne. Hast du jemals den Namen Sam Barth gehört?“
    „Ja.“
    „Jim und Tim Snaker?“
    „Auch. Das sind ja die drei Kerle, die dir in Amerika so viel zu schaffen gemacht haben.“
    „Ja, wo sie sind, da ist auch er.“
    „Sind sie etwa in Platowa?“
    „Ja.“
    „Mensch, für wie dumm hältst du mich denn, daß du glaubst, mir einen so ungeheuren Bären aufbinden zu können! Es ist doch