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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte eine fast übermenschliche Selbstbeherrschung.
    Noch immer war sein Gesicht starr und unbewegt; seine Stimme klang kalt und trocken, und sein Auge hatte den Ausdruck der Gleichgültigkeit. Aber seine Schläfen hatten sich gerötet, ein Zeichen, daß das Blut ihm nach dem Kopf stieg. Das hatte er freilich nicht verhindern können. So weit reicht die Kraft keines Menschen.
    Als der Graf jetzt eingestand, daß Semawa ihn hasse, flog es wie ein Blitz über das Gesicht des Inders.
    „Also sie haßt dich!“ sagte er bewegt. „Und warum hast du sie da bei dir behalten?“
    „Weil ich sie liebe!“
    „Reiße diese Liebe aus dem Herzen. Bedenke, daß es eine Höllenqual ist, ein Weib um sich zu haben, das einen haßt, während man es liebt. Das muß eine fürchterliche Hölle sein!“
    „Das ist es ja, das ist es! Aus dieser Hölle sollst du mich erlösen, und ich will dir dafür die Freiheit wieder verschaffen.“
    „Kann ich Semawa gebieten, dich zu lieben?“
    „Nein. Du kannst sie aber veranlassen, mein Weib zu werden. Mehr verlange ich nicht von dir.“
    Der Maharadscha blickte still vor sich nieder, wohl aus dem Grund, daß er einige Zeit brauchte, seine Gefühle niederzudrücken. Dann sagte er:
    „Ich möchte dir gern den Willen tun, aber ich kann es leider nicht. Semawa ist nicht meine Tochter, denn ich bin Wassilij Saltikoff, der verbannte Verbrecher, und will und werde es bleiben.“
    Der Graf war ganz außer sich geraten. Der Maharadscha aber durchbohrte ihn mit seinen Blicken. Er stand noch immer so vor ihm, wie vorher, mit verschränkten Armen und an den Stamm der Erle gelehnt. Jetzt aber nahm sein Gesicht einen ganz anderen Ausdruck an. Es ging ein triumphierendes Leuchten über dasselbe.
    „Höre mich doch, höre mich!“ bat der Graf. „Ich bitte dich, ich flehe dich an, auf meinen Vorschlag einzugehen! Ich befreie dich aus einer Hölle und führe dich in den Himmel ein.“
    „Nur um deiner selbst willen! Du willst deine eigenen Höllenqualen loswerden, die dir der Haß und die Verachtung Semawas verursachen. Der Himmel, von dem du sprichst, soll dein eigener sein. Es gibt noch einen anderen Menschen, der mich frei machen kann, und dieser heißt – Steinbach.“
    Der Graf machte beinahe einen Luftsprung vor Schreck. Er stand eine ganze Weile mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen da und starrte den Maharadscha an. Er hatte ja keine Ahnung, daß dieser ihn vorher belauscht hatte.
    „Stein – bach –!“ stotterte er. „Den, den, den kennst du auch?“
    „Du hörst es ja, daß ich ihn kennen muß. Ich weiß, er liebt Semawa. Und sie wird sein Weib werden. Du aber wirst in kurzer Zeit selbst die Kleidung der Verbannten tragen.“
    „Kerl, was fällt dir ein!“ schrie der Graf wütend. „Weißt du, daß du die elende Nummer Fünf bist? Wirf dich nieder und krieche in Demut vor mir im Staub, sonst erhältst du die Knute!“
    Der Graf griff nach seiner Peitsche.
    Der Maharadscha machte kein Zeichen der Verachtung oder des Hohns. Dazu war er zu edel, dazu stand er zu hoch. Er sagte nur in ruhigem Ton:
    „Laß deine Peitsche. Solltest du mich je mit ihr berühren, so kostet es dir das Leben. Das sage ich dir! Ein Raubwild vertilgt man von der Erde, wenn es gar zu großen Schaden macht.“
    „Ich, ein Raubwild!“ brüllte Polikeff laut auf. Da fiel ihm der Maharadscha schnell in die Rede und sagte:
    „Halt! Schrei nicht so! Meinst du, daß unser Gespräch für andere Leute sei? Glaubst du, daß der berühmte Zobeljäger Nummer Fünf keine Augen und Ohren habe? Ich habe den Kerl schon längst bemerkt, der uns belauscht hat.“
    Mit diesen Worten tat der Maharadscha einen raschen, unerwarteten Sprung in die Büsche hinein und brachte den – ehemaligen Derwisch, im Genick gepackt, herbeigezogen.
    „Du! Ah, du!“ rief der Graf. „Du hast gehorcht? Du hast uns belauscht?“
    „Nein“, versicherte der Gefragte.
    „Lüge nicht!“ rief da der Zobeljäger. „Du stehst schon längst hier! Und es freut mich, daß unser Gespräch einen Zeugen hatte. Jetzt gibt es doch einen dritten, der weiß, wer ich bin. Nun, ich lasse euch beieinander. Unterhaltet euch gut, und laßt euch die Zeit nicht lang werden.“
    Damit ging der verbannte Fürst von Nubrida.
    Die beiden zurückgebliebenen Männer aber starrten einander einige Sekunden lang wortlos an; dann lachte der Derwisch spöttisch auf.
    „Verdammt komische Situation“, rief er, „als Lauscher ertappt und herbeigezogen zu werden!

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