54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
treffen!“
„Freust du dich etwa darüber?“
„Nun, die Augen weine ich mir nicht aus dem Kopf, wenn sich einige verständige und gescheite Leute einander gegenseitig die Hälse brechen.“
„Du scheinst ein sonderbarer Mann zu sein!“
„Hm! Dem Menschen ist alles Fremde sonderbar.“
„Ihr seid fremd? Nicht aus dem Land?“
„Von weit her sogar, aus Amerika.“
Da dachte der Maharadscha an das, was er vorher zwischen dem Grafen und dem Derwisch erlauscht hatte.
„Aus Amerika?“ fragte er schnell. „Seid ihr etwa Präriejäger? Mein Gott! Kennt ihr vielleicht einen Mann, der Steinbach heißt?“
„Natürlich! Aber wie kommst du darauf, diesen Namen zu nennen? Woher kennst du ihn?“
„Ich habe ihn erst vorhin von einem Mann nennen hören, der sich Graf Polikeff nennt.“
„Polikeff! Donnerwetter! Ist der Lump also da! Na, warte, Bursche, wenn wir dich beim Fell erwischen, so sollst du jauchzen, wie ein Pudel, der geschunden wird.“
„Ich weiß, daß ihr ihn sucht, und ihr sollt ihn bekommen, heute noch!“
„Wo ist er denn?“
„Da oben am Fluß. Er hilft den Kosaken gegen den – mein Gott, da stehe ich und schwatze, anstatt meine Pflicht zu tun!“
„Männchen, warte nur noch einen Augenblick! Du redest von einem Kampf und von dem Grafen, der den Kosaken hilft. Gegen wen ziehen denn diese Kerle vom Leder?“
„Gegen eine Schar von ‚armen Leuten‘, die gern über die Grenze wollen.“
„So! Wie viele Kosaken sind es denn?“
Der Maharadscha machte die drei Fremden mit wenigen Worten mit der Lage der Sache bekannt.
„So, so!“ meinte der Dicke. „Also der Graf hilft den Kosaken. Wem helft denn ihr?“
„Den Flüchtigen.“
„Das freut mich. Wir werden ihnen auch helfen.“
„Ihr? Ihr seid doch fremd. Was gehen euch diese ‚armen Leute‘ an?“
„Donnerwetter, was gehen denn überhaupt einen guten Kerl seine Mitmenschen an. Keile kriegen die Kosaken, riesige Keile. Ihr nehmt uns mit. Und wenn ihr das nicht wollt, nun so führen wir Krieg auf unsere eigene Faust. Bin doch begierig, zu sehen, was diese Herren Kosaken für Gesichter machen werden, wenn unsere amerikanischen Schlüsselbüchsen zu knallen beginnen.“
„Ist das dein Ernst, Brüderchen?“ fragte der Maharadscha.
„Wenn du mich etwa für einen Schafskopf hältst, der mit solchen Sachen seinen Scherz treibt, so kannst du gerade ebensolche Keile kriegen wie die Kosaken! Willst du uns mitnehmen oder nicht?“
Der Maharadscha wußte noch immer nicht, woran er war. Er antwortete:
„Wir wollen es versuchen.“
„Ja, Freundchen, versuche es einmal“, lachte der Dicke. „Ich bin überzeugt, daß ihr diesen Versuch nicht bereuen werdet. Und damit ihr wißt, mit wem ihr es zu tun habt, so ist mein Name alleweil Sam Barth aus Herlasgrün in Sachsen, und diese beiden braven Herren heißen Jim Snaker und Tim Snaker. Wer bist du?“
„Ich bin ein Zobeljäger und heiße nur Nummer Fünf.“
„Also ein Verbannter! Freut mich, daß ich so einen braven Kerl kennenlerne. Gib mir deine Hand, Alter! Wir wollen zusammenhalten. Und nun vorwärts!“
Die Männer reichten sich die Hände, und dann ging es im Galopp den Fluß hinauf.
Das derbe, gutmütige Auftreten des Dicken hatte doch einen günstigen Eindruck auf Nummer Fünf gemacht. Er hielt sich an seiner Seite und erklärte ihm im Reiten den Feldzugsplan der Kosaken und den Gegenplan der Bedrängten.
„So“, meinte Sam. „Hier durch wollen die wackeren Kerle? Da werden wir ihnen hübsch Luft machen müssen, sonst bleiben sie stecken und müssen in das Gras beißen oder sich ergeben. Ich schieße den Kosaken die Pferde zwischen den Beinen fort. Dann laufen sie davon. Das gibt ein Hauptvergnügen.“
Sie jagten nun in gestrecktem Galopp fort am Flußufer hin, Sam mit Jim und Tim voran. Sie schauten aufmerksam nach vorn und bemerkten nach und nach menschliche Gestalten, die eine lange, mehrgliederige Linie bildeten und über die nicht sehr hohen Büsche hervorragten.
„Das sind Reiter“, sagte Sam. „Die Pferde werden durch die Sträucher verdeckt, während die im Sattel Sitzenden über dieselben herausgucken. Jedenfalls haben wir da die feindliche Kavallerie vor uns. Das freut mich, denn nun geht der Walzer los.“
„Well!“ lachte Jim. „Ein Kampf mit Kosaken. Habe ich auch noch nicht erlebt.“
„Besser wäre es freilich, wenn sie uns nicht genau sehen könnten, damit sie später nicht wissen, daß wir es gewesen sind. Zum Glück
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