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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aufzupassen. Der Major wird unbedingt die Posten zuweilen revidieren. Dann folgen wir ihm und tun so, als ob wir uns ganz zufälligerweise begegneten. Wir sprechen einige Worte miteinander, wobei er glauben muß, den unsichtbaren Lauscher zu machen. Das ist nicht schwer. Es muß uns gelingen. Nachher haben wir gewonnenes Spiel.“
    Sie warteten nun ganz still und unbeweglich eine ziemlich lange Zeit. In der Hütte brannte ein Licht, dessen Schein durch das Zweigwerk herausdrang. Endlich wurde die Tür geöffnet, die aus einem Vorhang langer und dichter Rankenpflanzen bestand, und der Major trat heraus, mit ihm ein Leutnant. Beide waren bei dem Schein des Lichts ganz deutlich zu erkennen.
    Sie sprachen miteinander, und da Sam und Gisa sich ganz nahe befanden, so hörten sie alles.
    „Also“, sagte der Major, „du revidierst die Posten. Ich will mich aber selbst einmal nach dem Hof schleichen. Die Einladung des Bauern kommt mir verdächtig vor. Vielleicht will er uns hier weghaben, um die Verbannten in Sicherheit zu bringen. Er soll nicht denken, daß er uns betrügen kann. So klug wie er, sind wir auch. Ich schleiche mich bis zum Brunnen, von wo aus ich alles am besten beobachten kann. Ich werde, je nach den Umständen, früher oder später zurückkehren.“
    Darauf trennten sich die Offiziere, und der Leutnant ging links und der Major geradeaus. Als sie verschwunden waren, sagte Sam zu Gisa:
    „Nun machen wir einen Umweg und laufen schnell, denn wir müssen ihm zuvorkommen.“
    Sie eilten davon und kamen eher bei dem Hof des Bauern an als der Major. Sam gebot dem Tungusen, dort zu warten, und schlich sich sodann zum Brunnen, an dem er sich hinter dem Gesträuch versteckte.
    Nach kurzer Zeit vernahm er leise, schleichende Schritte. Der Major kam und trat zwischen die Sträucher, ohne den Dicken zu bemerken. Dieser aber unterrichtete sich ganz genau über die Stelle, an welcher der erstere stand, schlich sich dann unhörbar davon und sagte, bei Gisa wieder angelangt:
    „Jetzt gehst du zum Brunnen und tust, als ob du irgend etwas dort zu schaffen hast. Ich werde gleich nachkommen. Dann sprechen wir so laut, daß er uns hören muß.“
    Gisa ging, und in kurzer Zeit folgte ihm Sam nach. Gisa schien mit dem Brunnenrohr beschäftigt zu sein. Es war dunkel.
    „Wer ist da?“ fragte Sam laut.
    „Ich“, antwortete der Tunguse, der sich aber wohl hütete, seinen Namen zu nennen.
    „Ach du! Gib mir zu trinken!“
    Sam tat, als ob er trinke, und meinte dazu:
    „Dobronitsch ist heute abend sehr beschäftigt. Er hat Gäste geladen, die Offiziere. Gerade heute abend hätte er das wegen der Verbannten unterlassen können.“
    „Denen kann es doch sehr gleichgültig sein, ob die Herren hier geladen sind oder nicht. Sie sind längst über alle Berge.“
    „Das habe ich auch gedacht; aber sie sind noch da. Paß auf, was ich dir erzählen will. Als ich heute drüben jenseits der Felsen am See hart an der Mündung des Flusses war und mich, da es dunkel geworden, still auf den Rückweg machte, hört ich plötzlich Stimmen vor mir. Ich dachte, es seien Kosaken, die sich hier herumschlichen, und ging leise näher. Da standen zwei Männer unter dem Baum, die miteinander sprachen, und nun hörte ich zu meiner Verwunderung, daß es Verbannte waren.“
    „Doch wohl nur zwei, die von den anderen abgedrängt worden waren?“
    „O nein. Sie sind alle noch da. Die beiden Männer sprachen davon. Weißt du, wie es ihnen gelungen ist, den Kosaken zu entgehen? Sie sind direkt in den See gegangen und an den Uferfelsen hingeschwommen, bis sie eine Stelle fanden, an der sie landen konnten. Auf diese Weise sind sie ohne Unfall entkommen.“
    „Nun, doch nur einstweilen. Es steht natürlich zu erwarten, daß die Kosaken morgen, wenn es Tag ist, das tun werden, woran sie heute nicht gedacht haben, nämlich das Ufer jenseits der steilen Felsen auch abzusuchen. Dann werden die Flüchtigen entdeckt.“
    „O nein, dann sind dieselben fort. Um Mitternacht brechen die Verbannten auf. Die beiden Männer sprachen davon. Sie wollen nicht nach der Grenze, nicht nach der Stanitza zu, sondern in der Richtung nach der Fähre.“
    „Ah! Das ist ein kluger Gedanke von ihnen. Sie entfernen sich dadurch zwar von der Grenze, können sie dann aber auf einem Umweg desto sicherer erreichen.“
    „Das wollen sie auch. Sie werden auf der Fähre über den Fluß gehen, jenseits am Ufer desselben aufwärts reiten und dann wieder auf die hiesige Seite hinüber

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