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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nach dem Grafen wurde, so daß wir endlich erfuhren, daß derselbe nach Sibirien gereist sei.“
    „Das war richtig. Er ist da.“
    Der Maharadscha erzählte nun das Gespräch, das er mit dem Grafen geführt hatte, und fügte dazu die Frage:
    „Ist Semawa denn auch hier bei ihm?“
    „Bis vor ganz kurzer Zeit. Er hat sie in Platowa zurückgelassen.“
    „In Platowa? Da muß ich hin, augenblicklich hin zu ihr. Und sollte ich mein Pferd totreiten, ich muß sie sehen.“
    Der Maharadscha wollte forteilen. Steinbach aber ergriff seinen Arm und hielt ihn zurück.
    „Bleib“, bat er. „Du brauchst nicht hin zu ihr. Sie kommt her. Sie ist bereits unterwegs.“
    Steinbach hatte sich während er sprach, umgedreht, um nach dem Eingang des Gartens zu blicken. Dort stand Sam, aber so, daß ihn nur derjenige bemerken konnte, der von seiner Anwesenheit wußte. Da er herblickte, brauchte Steinbach nicht zu rufen, wie es ausgemacht worden war. Ein Wink genügte, worauf Sam sich entfernte, um Nena herbeizubringen. Als dieser kam, wußte er noch nicht, daß er den Maharadscha sehen werde, sondern glaubte, Steinbach habe ihm etwas zu sagen.
    Sein Aufenthalt in der Sklaverei war nicht ohne Folgen gewesen. Wer ihn vor Jahren gesehen hatte, der konnte ihn jetzt nicht wiedererkennen. Leiden, Sorgen, Entbehrungen und die Glut der Wüste hatten ihn abgemagert und seine Stirn und Wangen mit unzähligen Furchen bedeckt.
    Auch der Maharadscha hatte sich sehr verändert. Er war ein Greis geworden und sah viel älter aus, als er war.
    „Herr, du hast mich kommen lassen“, sagte Nena, sich an Steinbach wendend.
    „Ja. Ich wünsche, daß du und der Mann dort“ – Steinbach wies auf den Maharadscha – „euch kennenlernt, da ich überzeugt bin, daß diese Bekanntschaft von großem Nutzen für euch sein wird.“
    Beide blickten einander an. Sie erkannten sich nicht.
    „Wer ist er?“ fragte der Maharadscha.
    „Hast du ihn noch nicht gesehen?“
    „Nie.“
    „Und du, Nena, kennst du diesen Mann?“
    „Nein“, antwortete der Inder. „Doch ist es mir, als ob er mir schon einmal begegnet wäre.“
    „Das ist allerdings der Fall. Es war in deiner Heimat. Der Mann hier ist der Vater Gökalas.“
    Da sank Nena auf die Knie nieder, hielt dem Maharadscha die Hände flehend entgegen und rief:
    „Mein Gebieter und Herr, töte mich, aber sage mir, daß du mir verzeihen willst.“
    „Nena!“ schrie der Greis auf, sank auf die Bank nieder und schlug beide Hände vor sein Gesicht.
    Der Inder aber rutschte auf den Knien zu ihm hin und schluchzte mit zitternder Stimme:
    „Herr, o Herr! Vergiß, vergiß das Vergangene! Ich will sterben, ich will die Strafe meiner Schuld erleiden, aber sage mir nur das eine Wort, daß ich Gnade finde.“
    Steinbach schlich sich fort. Die Szene, die nun zwischen Herr und Diener folgen mußte, bedurfte keines Zeugen. Er begab sich in die Stube, wo die anderen im Gespräch beisammensaßen.
    „Endlich“, empfing ihn Semawa. „Wo warst du so lange Zeit? Hast du nach – nach meinem Vater gesucht?“
    „Ja. Ich traf einen Mann, der dir Auskunft über ihn geben kann.“
    „So komm! Führe mich hinaus, schnell zu ihm.“
    Semawa ergriff Steinbachs Arm und entfernte sich mit ihm. Er führte sie nach dem Garten. Bereits von weitem bemerkte er, daß der Maharadscha allein war. Er hatte Nena fortgeschickt. Die Bitte, diesem zu vergeben, war dem Maharadscha viel zu unerwartet gekommen. Er hatte gar nicht geantwortet und nur still und schweigend abgewinkt, so lange, bis Nena sich davongeschlichen hatte.
    Jetzt hörte er die beiden Nahenden, blickte auf und sah Semawa an Steinbachs Arm daherkommen.
    Der Greis war von der Erscheinung des herrlichen Mädchens wie geblendet, und sein Auge haftete an ihrem schönen, reinen Angesicht. Er erkannte sie nicht, denn sie hatte, als sie voneinander getrennt worden waren, in jugendlichem Alter gestanden, in dem die Züge sich zu verändern beginnen. Doch sah man, daß in seinem Gesicht ein leises Zittern spielte. War es die Ähnlichkeit mit Bertha, seiner einstigen Frau, oder war es die Hoheit, das Lichte, Sonnige ihrer prächtigen Erscheinung, das ihn so ergriff?
    Er tat einige Schritte auf die beiden zu, während sein Blick wie fasziniert auf dem Gesicht seiner Tochter ruhte. Diese Bewegung geschah nicht beabsichtigt, nicht aus Höflichkeit, sondern infolge eines inneren Drangs, dem er nicht zu widerstehen vermochte.
    Auch Semawas Augen weiteten sich, als sie ihn erblickte. Das

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