54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
kenne keinen Steinbach!“
„Sonderbar! Schau dich doch einmal um!“
Steinbach war leise eingetreten, ohne daß der Graf, dessen Gesicht gegen die Stubentür gerichtet war, ihn sehen konnte.
„Alle Teufel!“ schrie jetzt Polikeff auf, als er, sich umdrehend, den Feind erblickte.
„Willkommen!“ lächelte Steinbach. „Es hat etwas lange gedauert, ehe mein Wunsch, Sie wiederzusehen, in Erfüllung ging. Desto größer aber ist jetzt meine Freude, Sie so unerwartet zu treffen. Was tun Sie denn eigentlich hier in Sibirien?“
Sam hatte sich schnell entfernt. Der Graf stand, wie vom Schreck gelähmt, bewegungslos da.
„Ich – ich – ich reise!“ stammelte er.
„Hm! Wo haben Sie denn die junge Dame, die mit Ihnen in Konstantinopel war und Sie dann nach Ägypten begleitete?“
„Sie entlief mir in Kairo, und ich hütete mich, nach ihr zu forschen, da ich froh war, sie los zu sein. Seitdem ist sie für mich verschollen.“
„Sonderbar! Als ich zu meiner Freude erfuhr, daß Sie hier seien, war ich überzeugt, daß diese Dame sich in Ihrer Nähe befinde, und nun erfahre ich zu meinem Leidwesen, daß sie ganz und gar verschollen ist. Aber ich lasse mir die Hoffnung, sie doch einmal wiederzufinden, nicht nehmen, auch jetzt nicht, und bitte Sie um die Freundlichkeit, mir zu sagen, wer die Dame eigentlich ist.“
„Das wissen Sie doch!“
Bei diesen Worten war das Auge des Grafen scharf forschend auf Steinbach gerichtet.
„Sie leugnen doch nicht, sie in Stambul gesehen und auch gesprochen zu haben?“
„Nein, das leugne ich allerdings nicht. Ich bin gewöhnt, niemals die Unwahrheit zu sagen. Ich erfuhr von ihr nur, daß ihr Vorname Gökala sei. Als ich weiter fragte, bat sie mich, nicht weiter in sie zu dringen, sie befinde sich in ganz eigentümlichen Verhältnissen, von denen sie aus Rücksicht auf einen Verwandten nicht sprechen dürfe.“
„Weiter hat sie in Wirklichkeit nichts gesagt?“
„Kein Wort.“
Der Graf fühlte sich außerordentlich erleichtert. Er erkannte, daß Steinbach die volle Wahrheit rede, und war überzeugt, daß dieser von Gökalas Anwesenheit in Platowa nichts wisse. Da konnte noch alles ein gutes Ende nehmen. Darum sagte er achselzuckend:
„Gerade so wie Ihnen ist's auch mir ergangen. Ich erfuhr auch nur diesen einen Namen Gökala. Alles andere verschwieg sie mir. Doch sie ist ja nun verschollen. Sprechen wir nicht mehr von ihr!“
„Nun gut, wollen wir in Berücksichtigung Ihres soeben ausgesprochenen Wunsches von etwas anderem reden. Ist Ihnen vielleicht ein Mann bekannt, der Saltikoff hieß?“
„Nein“, antwortete der Graf, aus dessen Angesicht bei Steinbachs Frage die Farbe wich. „Ich kenne den Namen Saltikoff gar nicht.“
„So erlaube ich mir, Ihrem Gedächtnis ein wenig zu Hilfe zu kommen. Jener Saltikoff war ein Verbrecher –“
„Ein Verbrecher!“ unterbrach ihn der Graf. „Sie meinen also, daß ich mit einem Verbrecher Umgang gepflogen habe?“
„Bisher ist von einem Umgange noch nicht die Rede gewesen. Ich habe nur gefragt, ob Sie ihn kennen. Auch der achtbarste Mann kann in die Lage kommen, einen Verbrecher kennenzulernen. Da Sie aber selbst das Wort Umgang gebrauchen, so will ich mich desselben ebenfalls bedienen, denn es verlautet allerdings, daß Sie in sehr nahe Berührung oder sogar Beziehung zu ihm getreten seien. Man sagt, daß sie sich seiner zur Erreichung gewisser Zwecke bedient haben sollen.“
„Das ist eine Lüge. Welche Zwecke sollen das sein?“
„Den Maharadscha von Nubrida zu stürzen. Man sagt, daß Sie dafür gesorgt haben, daß der Maharadscha für Saltikoff gehalten wurde. Der Maharadscha wurde während einer Pilgerreise über die Grenze gelockt und für Saltikoff ausgegeben. Und ein Diener von ihm, Nena mit Namen, der Ihr Werkzeug war, beschwor, daß er nicht der Maharadscha sei.“
„Das bestreite ich mit aller Kraft!“
„Der Maharadscha ist dann als Zobeljäger Nummer Fünf in die Urwälder geschickt worden, und Sie sollen sich nunmehr seiner Tochter bemächtigt haben, die Semawa hieß, ein Name, der völlig gleichbedeutend ist mit dem arabischen Gökala, und Himmelsblau bedeutet.“
„Ein Zufall, eine Verleumdung, mich zu dieser Sache in Beziehung zu bringen!“
„Ich halte es für kaum denkbar, daß jemand sich selbst beleidigt und verleumdet. Sie selbst haben ja davon gesprochen, daß Sie der Schöpfer jenes Gedankens und seiner Ausführung seien.“
„Ich? Zu wem?“
„Zu demselben Saltikoff,
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