55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
pah! Ich schlage mich mit keinem Deutschen!“ meinte der Andere verächtlich.
„Wirklich nicht? Das ist ebenso feig wie niederträchtig! Wenn Sie meinen, daß wir Deutschen Hiebe haben müssen, so haben umgekehrt doch gerade jetzt die Franzosen ganz fürchterliche Prügel empfangen. Da Sie dies aber nicht zu wissen oder wenigstens beherzigt zu haben scheinen, so sollen Sie hiermit noch nachträglich das empfangen, was nicht uns, sondern Ihnen gebührt!“
Er holte aus und versetzte dem Franzosen eine ganz gewaltige Ohrfeige, welcher so schnell eine zweite, dritte und noch mehrere folgten, daß der Geschlagene gar nicht Zeit fand, an eine Gegenwehr zu denken. Die anderen waren über die Schnelligkeit und Kraft, mit welcher die Schläge verabreicht wurden, so erstarrt, daß es ihnen gar nicht beikam, ein Glied zu rühren.
Endlich ließ Königsau von dem Franzosen ab. Erst jetzt kam dieser zur Besinnung des Ungeheuerlichen, was mit ihm geschehen war. Er fuhr mit der Hand nach seiner linken Seite, wo sich der Degengriff zu befinden pflegte; da er aber in Zivil war und keine Waffe trug, so zog er die Hand wieder zurück und warf sich auf den Deutschen mit den Worten:
„Hund, du hast mich nur überrascht! Jetzt aber gilt es dein Leben!“
Er holte aus, empfing aber in diesem Augenblick von Königsau einen so gewaltigen Faustschlag in das Gesicht, daß er zurück taumelte und niederstürzte.
Es waren noch mehrere Gäste da, meist Deutsche, welche hier verkehrten, weil sie so den Helden Blücher zu sehen bekamen. Auch ihnen war der blitzschnelle Angriff Königsaus überraschend gekommen; jetzt aber eilten sie hierbei, um ihm nötigenfalls beizustehen. Der Wirt jedoch kam ihnen zuvor. Er erkannte das gefährliche seiner Lage, die Deutschen waren Sieger; er durfte sie, welche jetzt in Paris die Oberhand hatten, nicht beleidigen lassen; daher nahm er mit seinen Leuten den Kapitän der alten Garde in die Mitte und drängte ihn aus dem Gastzimmer in das daneben liegende Privatzimmer hinaus, wo man den Gezüchtigten noch lange toben hörte.
Nach den erzählten Vorfällen stand endlich Blücher auf, trat zu Königsau heran, klopfte ihm auf die Achsel und sagte in höchst wohlwollendem Ton:
„Das hast du sehr gut und brav gemacht, mein Sohn! Wer keine Genugtuung geben will, der muß Keile kriegen, und die hat es gesetzt, ganz gewaltig. Ich hatte auch gehört, was diese Halunken sagten, und ich hätte ihnen, weiß Gott, ein Tüchtiges über den Schnabel gehauen, wenn du mir nicht zuvorgekommen wärest. Wie ist dein Name, mein Sohn?“
Der Lieutenant wunderte sich nicht über die kernige Redeweise des Marschalls; man war sie von ihm gewohnt; auch wußte man, daß er, wenn er sich in guter Stimmung befand, selbst hohe Stabsoffiziere mit ‚Du‘ anredet; es war dies eine ganz besondere Ehre für den Betreffenden. Er antwortete in militärisch strammer Haltung:
„Hugo von Königsau, Exzellenz.“
„Und du bist Offizier, mein Sohn?“
„Lieutenant bei den Ziethenhusaren, Exzellenz.“
„Lieutenant?“ brummte der Alte. „Ein Kerl, der so zuhauen kann, erst Lieutenant? Du sollst Rittmeister werden, mein Sohn. Komm morgen früh zu mir, da wollen wir die Sache in Ordnung bringen. Jetzt aber trinkst du ein Schüppchen Warmbier mit mir und ziehst deinen Gottfried geradeso aus wie ich; es ist verdammt warm in diesem Haus, wenn draußen die Sonne brennt und innen das Warmbier. Komm, Junge, und geniere dich nicht. Wir sind alle Menschen, und wegen dieser verdammten Franzmänner schmore ich mir nicht mein Fleisch von den Knochen herunter!“
Königsau mußte gehorchen. Er setzte sich zu dem Marschall an den Tisch, zog seinen Rock auch herunter und unterhielt sich nun hemdsärmelig mit ihm, als ob er einen Kameraden vor sich habe. Die Vertraulichkeit des Alten brachte ihn nicht im mindesten in Verlegenheit. Man kannte Blücher zur Genüge, und keiner seiner Offiziere ließ sich gegebenenfalls dadurch aus der Fassung bringen. Kam es doch häufig vor, daß der Alte mitten auf der Straße seine Pfeife an dem Stummel eines Landwehrmannes in Brand setzte und dann mit einem Fluch zu diesem sagte:
„Kerl, was rauchst du denn für ein Karnickel? Ich verstänkere mir doch meinen ganzen Tabak an deinen Lorbeerblättern! Wirft's denn nicht mehr ab, he?“
Als Hugo von Königsau am anderen Morgen vorgeschriebenermaßen zu Blücher kam, um sein Rittmeisterpatent in Empfang zu nehmen, sagte dieser:
„Höre, mein Sohn, das ist eine
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