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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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als ob er völlig teilnahmslos sei, trotzdem aber jedes Wort der Unterhaltung vernahm, welche in den Zwischenpausen des Spiels geführt wurde.
    Da öffnete sich die Tür, und es trat ein alter Herr ein, der einen sehr einfachen Anzug trug und nach einem kurzen Gruß an einem der vorderen Tische Platz nahm. Er bestellte sich eine Tasse Warmbier und war, als er sie erhalten hatte, so mit ihr beschäftigt, daß er sich um die anderen Anwesenden gar nicht kümmerte. Der Kopf dieses alten Herrn war herrlich geformt, hatte eine prächtige Stirn, eine starke, gekrümmte Nase, dunkle, gerötete Wangen und einen feinen Mund, welcher von einem dichten, herabhängenden Schnurrbart beschattet wurde. Zu dem wohlgeformten Kinn paßten die tüchtig ausgearbeiteten Züge und das hellblaue Auge, dessen Blick eine treuherzige Sanftheit besaß, aber auch die Fähigkeit zu besitzen schien, scharf und stechend zu werden.
    Der Mann verlangte noch eine Tasse und dann abermals eine. Draußen schien die Sonne heiß hernieder; im Raum des Gastzimmers war es schwül, und so durfte man sich nicht darüber wundern, daß es dem Alten bei dem dampfenden Warmbier etwas zu warm wurde. Er machte gar keine Umstände, sondern zog seinen Rock aus, hing denselben an die Wand und saß nun hemdsärmelig da, als ob dies in Paris etwas ganz und gar nichts Außergewöhnliches sei. Die Herren Franzosen aber, welche diese Nachlässigkeit bemerkten, schienen anders zu denken, denn einer von ihnen meinte: „Wer mag dieser Mensch sein? Geht man denn darum aus, um mit der Hefe des Volkes in einem und dem selben Lokal zu sitzen?“
    Sein Nachbar nickte und erklärte:
    „Ein Franzose ist er auf keinen Fall. Ein solcher wird es niemals wagen, die Regeln des Anstandes und der guten Sitte in einer solchen Weise zu verletzen. Ich halte ihn vielmehr für einen Deutschen. Diese Barbaren werden es niemals lernen, höflich zu sein. Ihre Kriegsführung ist eine wandalische; ihre Vergnügungen sind roh, und alle ihre Gewohnheiten stoßen ab. Seht euch nur diesen Menschen an! Er ist ein Bauer, ein ungezogener Kohlenbrenner, dem man die Tür zeigten müßte!“
    „Warum tun wir das nicht?“ fragte der Dritte. „Warum befehlen wir dem Kellner nicht, diesem Flegel eine Ohrfeige zu geben und ihn dann hinauszuwerfen? Die Deutschen sind Hunde, welche Prügel erhalten müssen!“
    Da erhob sich der junge Mann, welcher am Nebentische saß, trat herbei und sagte:
    „Messieurs, erlauben Sie, daß ich mich Ihnen vorstelle! Mein Name ist Hugo von Königsau, Lieutenant im Dienste seiner Majestät des Königs von Preußen. Der Herr, von welchem sie soeben gesprochen haben, ist Seine Exzellenz Feldmarschall von Blücher. Ich erwarte, daß Sie alles das, was Sie von ihm und dann von den Deutschen im allgemeinen sagten, hiermit widerrufen!“
    Die Leute schienen doch ein wenig zu erschrecken, als sie hörten, daß der von ihnen Beschimpfte der berühmte Marschall sei, vor dem sogar der Stern des großen Napoleon hatte erbleichen müssen. Nur der, welcher zuletzt gesprochen hatte, schien sich nicht werfen lassen zu wollen. Er erhob sich von seinem Stuhl, stellte sich dem Deutschen in drohender Haltung gegenüber und antwortete:
    „Monsieur, wir haben ganz und gar nicht den Wunsch geäußert, Ihre Bekanntschaft zu machen; es ist also eine unverzeihliche Zudringlichkeit von Ihnen, sich uns vorzustellen, eine Zudringlichkeit, welche ganz und gar rechtfertigt, was wir von den Deutschen gesagt haben. Was jenen Herrn betrifft, so ist es ganz und gar gleich, ob sich ein Feldmarschall oder ein Schiffer ungezogen beträgt. Wir nehmen nicht einen Buchstaben von den Worten zurück, welche wir ausgesprochen haben!“
    „So darf ich wohl um Ihren Namen bitten, Monsieur?“ sagte der Deutsche.
    „Ich brauche mich seiner nicht zu schämen. Ich bin Albin Richemonte, Kapitän der kaiserlichen Garde.“
    Der Deutsche verbeugte sich höflich und sagte:
    „Sie widerrufen also nicht, Herr Kapitän?“
    „Nein, kein Wort, keine Silbe, keinen Laut!“ antwortete der Franzose stolz.
    Er hatte bemerkt, daß Blücher der Unterhaltung aufmerksam folgte, trotzdem er sich den Anschein gab, als ob er gar nichts höre.
    „Sie erklären also den Feldmarschall wirklich für einen Flegel und die Deutschen für Hunde, welche Prügel erhalten müssen?“ fragte Königsau weiter.
    „Allerdings“, antwortete Richemonte mit frechem Lachen.
    „So werden Sie mir gestatten, Ihnen meinen Sekundanten zu senden!“
    „Ah,

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