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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wäre er mitten auf der Straße gegangen, aber damit hätte er dem Feind verraten, daß er vorbereitet sei. Ging er auf dem Trottoir, so boten ihm die Häuser im Fall eines Kampfes von der einen Seite Deckung.
    Auf diese Weise passierte er die Straße, ohne belästigt worden zu sein. Er machte ganz denselben Umweg zurück, den er herwärts gegangen war. So hatte er die Straße erreicht; er befand sich bereits in der zweiten Hälfte derselben, als er sich, obgleich er weder etwas gehört noch gesehen hatte, aus einfacher Vorsicht umwendete. Da war es ihm, als ob er eine dunkle Gestalt bemerkte, welche in einer Entfernung von vielleicht fünfzehn Schritten ebenso wie er stehenblieb, um ihre Anwesenheit nicht zu verraten.
    „Das ist er“, dachte Königsau. „Warte, Halunke, dich werde ich zu täuschen wissen.“
    Königsau schritt langsam weiter, rückwärts, ohne sich umzudrehen, und behielt die Gestalt fest im Auge, von der er deutlich bemerkte, daß sie ihm mit unhörbaren Schritten folgte. –
    Margot war, sobald der Geliebte gegangen war, in die Loge des Portiers getreten und hatte dort schnell den Paletot angezogen und den Hut aufgesetzt.
    „Aber, Mademoiselle, wohin wollen Sie noch so spät?“ fragte dieser verwundert.
    „Nicht weit, nur um die Ecke“, antwortete sie.
    „Aber allein und in den jetzigen Kriegszeiten! Erlauben Sie, daß ich Sie begleite.“
    „Ich danke Ihnen! Ich muß allein gehen, ich will etwas beobachten.“
    „Ah, ich verstehe“, meinte der Portier pfiffig. „Sie wollen sehen, wohin der Herr gehen wird, welcher Sie soeben verlassen hat.“
    „Sie irren“, sagte sie in verweisendem Ton. „Es wird wohl keine anständige Dame einem Herrn nachlaufen, um zu spionieren. Lassen Sie mich so hinaus, daß die Tür kein Geräusch macht. Man darf weder hören noch sehen, daß ich auf die Straße trete.“
    Er gehorchte ihr. Als sie sich draußen befand, blieb sie zunächst stehen, um zu lauschen. Königsau war kaum zwanzig Schritte entfernt, auch er war ja einige Augenblicke stehengeblieben, um seinen Mantel festzuziehen und die Pistole hervorzunehmen.
    Ihr Auge durchforschte die Straße. Es war, als ob die Sorge ihrem Blick doppelte Schärfe verleihe. Gerade gegenüber löste sich eine dunkle Gestalt vom Torweg ab, huschte mit völlig unhörbaren Schritten über die Straße herüber und schlich dem Geliebten nach.
    Das war kein anderer als der Kapitän, ihr Bruder. Das Herz zog sich ihr zusammen; ob vor Angst um Königsau oder vor Scham darüber, den Bruder als Meuchelmörder erkennen zu müssen, sie konnte es sich wohl selbst nicht sagen.
    Sie hatte aus Vorsorge keine Stiefel angezogen, sie trug dieselben Hausschuhe, welche sie in der Wohnung zu tragen pflegte. Diese waren weich, und darum konnten auch ihre Schritte nicht gehört werden. So folgte sie den beiden durch die Straße und in die Nebenstraße hinein. Dort hörte sie, daß der Geliebte, den sie wohl hören, aber nicht sehen konnte, stehenblieb, denn seine Schritte waren verhallt.
    „Hat er etwas bemerkt?“ fragte sie sich. „Jetzt wird er vorsichtig sein!“
    Einige Sekunden später vernahm sie die Schritte wieder; sie hatten einen sehr eigentümlichen Klang, den sie sich im ersten Augenblick nicht enträtseln konnte. Bald aber dachte sie:
    „Ah, er ist listig! Er tritt erst mit der Sohle und dann mit den Absätzen auf; er geht rückwärts, um seinen Mann im Auge zu behalten. Jetzt bin ich fast beruhigt.“
    Sie huschte weiter und erblickte bald den heimlichen Verfolger wieder, der alle seine Aufmerksamkeit so ausschließlich auf den Leutnant richtete, daß er gar nicht bemerkte, daß er eine Person hinter sich habe, die ihn ebenso scharf beobachtete, wie er jenen.
    Margot hatte sich nicht getäuscht; es war ihr Bruder. Dieser hatte das Café vor Mitternacht verlassen und sich dann an dem Tor des gegenüberliegenden Hauses auf die Lauer gestellt. Er sah die Schatten der Personen, welche sich droben in der Wohnung seiner Mutter bewegten, sich an den Gardinen abzeichneten und dachte mit Grimm daran, daß sein Todfeind jetzt die Liebkosungen der Schwester empfange, deren Verheiratung mit dem Baron de Reillac ihn, den tief Verschuldeten, von allen seinen quälenden und drückenden Sorgen erlösen konnte.
    „Es ist das letzte Mal, daß du bei ihr bist!“ murmelte er. „Dieser Dolch soll dafür sorgen, daß du verschwindest und uns den Weg wieder freigeben mußt.“
    Er zog den Dolch aus der Tasche und setzte die Spitze

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