55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
ziehen, kam er persönlich. Dies benutzte sie, ihn zu fragen:
„Ist, seit ich fort bin, jemand eingetreten?“
„Ja“, antwortete er zögernd.
„Wer war es?“
„Oh, Mademoiselle, ich soll es nicht sagen.“
„Wer hat es Ihnen verboten?“
„Er selbst.“
„Mein Bruder?“
„Ah, Sie wissen es also bereits! Nun, so bin ich also nicht indiskret, wenn ich zugebe, daß er es gewesen ist!“
„Also doch. So ist er jetzt zu Hause?“
„Nein. Der Herr Kapitän schien sehr große Eile zu haben.“
„So ist er wieder fort?“
„Ja. Als er kam, dachte ich, Sie wären es. Sie wissen, daß ich Sie gern persönlich bediene; darum ging ich heraus aus meiner Loge. Ich erkannte den Herrn Kapitän.“
„Was sagte er?“
„Er gab mir fünf Francs und gebot mir, keinem Menschen zu sagen, daß er hier gewesen sei. Es mußte ihm ein kleines, eigentümliches Abenteuer passiert sein.“
„Inwiefern?“
„Nun, ich bemerkte zu meinem größten Erstaunen, daß er – daß – daß –“
„Nun, was? Bitte sprechen Sie doch.“
„Ich weiß nicht, ob ich es sagen darf, Mademoiselle. Er hat es mir streng verboten.“
„Ich glaube doch, daß Sie mit mir, die ich seine Schwester bin, eine Ausnahme machen dürfen.“
„Ich glaube das allerdings selbst auch. Ich sah nämlich beim Scheine meines Lichts, daß er keine Stiefel anhatte. Er kam in Strümpfen. Ich traute meinen Augen nicht, aber als er dann den Flur passierte und die Treppe emporstieg, bemerkte ich, daß ich mich doch nicht geirrt hatte. Der Herr Kapitän muß also ein kleines Abenteuer erlebt haben.“
„Möglich. Hat er sich lange in seiner Wohnung aufgehalten?“
„Nein, sondern nur eine Minute, gerade solange, als man bedarf, um Stiefel anzuziehen.“
„Und dann?“
„Nun, dann kam er herab. Er trug jetzt Fußbekleidung, nickte mir zu, denn ich war noch nicht in meine Loge getreten, und verließ das Haus in größter Eile.“
„In welcher Richtung?“
„Rechts. Ich habe sehr genau darauf aufgemerkt, denn die Sache kam mir doch ein wenig ungewöhnlich vor, so daß ich unwillkürlich horchte, wohin er ging. Ich hörte, daß er sich nach rechts wendete, obgleich er sich Mühe gab, leise aufzutreten.“
„Ich danke, und bitte Sie allerdings, das kleine Vorkommnis nicht zu erwähnen.“
„Oh, Mademoiselle. Sie kennen ja meine Ergebenheit“, versicherte der brave Mann. „Wenn Sie nicht seine Schwester wären, so hätte ich gar nichts erwähnt. Ein Portier muß verschwiegen sein können. Sie dürfen sich gewiß auf mich verlassen!“
„Das hoffen wir“, sagte jetzt Königsau. „Hier haben Sie noch eine Kleinigkeit!“
Er griff in die Tasche und gab dem Portier ein Goldstück. Als dieser das schimmernde Metall funkeln sah, machte er eine tiefe Verbeugung und sagte:
„Sie sind außerordentlich gütig, Monsieur. Eine solche Noblesse ist hier in diesem Hause selten. Sie können ganz und gar auf mich rechnen, meine Herrschaften!“
Er bekomplimentierte sie mit ausgesuchtester Höflichkeit nach der Treppe. Er war im stillen sehr überzeugt, daß diese beiden jungen Leute auch ein kleines Abenteuer erlebt haben. Der deutsche Offizier hatte ja erst vor kurzem das Haus verlassen, und Mademoiselle Margot war ihm heimlich gefolgt. Als diese beiden jetzt eben verschwunden waren, kehrte er in seine Loge zurück und betrachtete sich jetzt das Goldstück genau.
„Sapperlot!“ murmelte er. „Ich glaubte, es seien zwanzig Franken, und nun sehe ich, daß ich gar ein Vierzigfrankstück erhalten habe. Das ist allerdings sehr nobel, außerordentlich nobel. Ein solches Geschenk macht man nicht Portiers, sondern der Dame wegen, welche sich mit dabei befindet. Ich glaube, dieser deutsche Offizier setzt bei Mademoiselle Margot die Eroberungen fort, welche seine Landsleute in Frankreich gemacht haben! Na, er ist ein feiner Mann, wie ich sehe, und sie ist eine ausgezeichnete Dame; sie passen zusammen, obgleich ich sie lieber einem Franzosen gegönnt hätte.“ Er steckte das Goldstück in ein heimliches Kästchen, beliebäugelte es einige Augenblicke lang und fuhr dann in seinem Monolog fort:
„Er ging fort, und sie folgte ihm heimlich. Es ist da etwas Ungewöhnliches passiert, und ich halte es für sehr möglich, daß ihr Abenteuer mit demjenigen, welches der Kapitän erlebt hat, zusammenhängt. Na, mich geht dies ja nichts weiter an!“
Er hatte glücklicherweise nicht bemerkt, daß Königsau verwundet war, sonst wäre der Gang seiner
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