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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Leidenschaften zu beherrschen. Allah ist gnädig und allgütig, aber auch seine Geduld kann ein Ende haben, warum also nicht diejenige eines Sterblichen. Darum gehe ich und lasse dich stehen, denn ich denke an Liama, welche deine Tochter ist.“
    Er wandte sich um und ging.
    „Feigling!“ rief ihm Menalek laut nach.
    Saadi war im tiefsten Herzen empört. Sein Inneres wallte und kochte. Er mußte dieses schöne Mädchen unendlich lieb haben, da er die Kraft gefunden hatte, ihretwegen so schwere Beleidigungen ungeahndet über sich ergehen zu lassen.
    Wie hatte sich seine Seele nach der Heimat gesehnt! Und nun er sich bei den Zelten seines Duars befand, erntete er Haß anstatt Liebe und grimmige Verachtung anstatt Wohlwollen. Das Gebüsch, durch welches er schritt, bestand aus wilden, dornigen Akazien und stacheligen Mimosen. Er bemerkte gar nicht, daß diese Dornen und Stacheln ihn verwundeten. Er strich durch die Sträucher hin, nur daran denkend, seine Seele zu beruhigen.
    Die Schlucht wurde immer breiter und höher, da sich ihre Sohle immer tiefer senkte. Der bisher sandige Boden wurde steinig, und hier und da lagen Steintrümmer, von Felsen herrührend, welche von den Wäldern der Schlucht herabgestürzt waren.
    An einem solchen Stein blieb das Auge Saadis plötzlich haften.
    Der Stein zeigte Eindrücke, als ob man mit einer scharfen, mehrzinkigen Harke über denselben hinweggefahren sei. Saadi bückte sich nieder und blickte, da es in der Tiefe dieser Schlucht bereits zu dunkeln begann, genauer hin.
    „O Allah! Der Herdenwürger“, sagte er.
    Herdenwürger wird der Löwe genannt. Der König der Tiere war in jenen Gegenden ganz und gar nicht selten.
    Saadi untersuchte die Eindrücke auf dem Stein und murmelte:
    „Sie sind ganz neu. Der Löwe ist bereits des Morgens hier gewesen. Er hat Hunger, denn er hat seine Krallen an diesem Stein geschärft. Er wird heute Nacht nach dem Dorf kommen, um sich Fleisch zu holen.“
    Er betrachtete den Boden genau und fand die Fährte des Tieres, welcher er eine Zeitlang folgte. Sie führte hin und her. Das Tier war ungewiß gewesen, wohin es sich wenden solle.
    „Er hat noch kein bestimmtes Lager gehabt, sondern es sich erst gesucht“, meinte Saadi. „Er ist also erst am Morgen hier angekommen, um eine neue Wohnung zu finden. Er hat die Wanderung während der Nacht gemacht. Er ist allein; er hat also sein Weib und seine Kinder zurückgelassen. Er wird sie nachholen, sobald er findet, daß es hier gute Beute gibt.“
    Diese Kalkulation zeigte, daß Saadi wirklich nicht unerfahren sei. Der Engländer, welchem er sich angeschlossen hatte, war jedenfalls kein sogenannter Aas- oder Sonntagsjäger gewesen.
    „Soll ich diese Spuren weiter verfolgen?“ fragte sich Saadi. „Nein. Ich habe mein Gewehr nicht bei mir, und es wird die Nacht gleich hereinbrechen. Der Würger der Herden versteckt sich am Tag, aber des Nachts kommt er heraus. Wenn er mich fände, würde er mich töten und fressen. Ich muß zurückkehren, um die Männer des Dorfes vor ihm zu warnen, damit sie auf ihrer Hut sind, wenn er kommen wird, um die Herden zu besuchen.“
    Er stieg an der Seite der Schlucht empor. Das Dorf lag in weiter Ferne, er konnte es kaum erkennen, denn die in jenen Gegenden so kurze Dämmerung war hereingebrochen und ging sehr schnell in das Dunkel des Abends über.
    Noch ehe er die Zelte erreichte, sah er die kleinen Feuer des Lagers glimmen, an denen die Frauen das Abendmahl bereiteten. Dort angekommen, schritt er gerade auf das Zelt des Scheiks zu; er hielt es für seine Pflicht, gerade diesem letzteren seine Meldung zu machen, denn er selbst hatte nicht das Recht, die Versammlung zusammenzurufen.
    Auch vor diesem Zelt brannte ein Feuer. Menalek saß bei demselben und sah zu, wie sein Weib und seine Tochter das Kuskus bereiteten. Als er den Nahenden erblickte, griff er mit der Hand nach seinem Messer. Er glaubte, dieser komme, um sich an ihm zu rächen.
    „Was willst du?“ fragte er drohend. „Pack dich fort von hier!“
    Mutter und Tochter fühlten die größte Angst vor dem, was jetzt kommen werde.
    „Du darfst mich nicht fortweisen“, sagte Saadi mild und ruhig. „Du bist der Scheik, und ich habe mit dir zu sprechen.“
    „Hast du mit Menalek oder mit dem Scheik zu sprechen?“
    „Ich komme zum Scheik.“
    „So rede, wenn die Frauen es hören dürfen.“
    „Sie dürfen. Laß die Männer zusammenkommen und sage ihnen, daß heute nacht der Herr des Erdbebens kommen wird, um

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