Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
welche nach dem Wadi Itel geht, da sah ich ganz deutlich die Spuren des Löwen. Sie waren groß. Dieser Würger der Herden ist ein sehr starkes und altes Tier.“
    „Kennst du die Fährte des Löwen?“ fragte der Alte.
    „Ja. Der Inglis, mit welchem ich zwei Jahre lang ritt, lehrte mich, die Spuren aller Tiere zu unterscheiden.“
    „Aber wenn sich der Herr des Erdbebens in der Schlucht befände, würde er unsere Herden bereits längst besucht haben.“
    „Er ist während der letzten Nacht von fernher gekommen.“
    „Woraus siehst du das?“
    „Die Spur führt bald dahin und bald dorthin. Er hat sich nach einem Lager umgesehen. Ich fand einen Stein, an welchem er sich die Krallen geschärft hatte. Er ist also hungrig und zum Raub bereit.“
    „So glaube ich, daß du die Wahrheit sagst. Laßt uns beraten, was wir tun werden; aber die Alten werden sprechen, und die Jungen mögen schweigen.“
    Die Beratung begann und war sehr kurz. Außer dem Scheik schenkten alle Saadis Bericht Glauben. Man beschloß, große Feuer anzubrennen und die Herden ganz in der Nähe der Zelte zu bringen. Kam der Löwe wirklich, so mußte man ihm sein erstes Opfer überlassen; morgen sollte dann aber eine Jagd auf ihn abgehalten werden.
    Der Araber ist ein sehr schlechter Löwenjäger. Er wagt nur, das Tier in großer Überzahl und bei Tage anzugreifen, nie des Nachts. Dann wird so lange auf dasselbe geschossen, bis es vor Blutverlust aus meist leichten Wunden zusammenbricht, vorher aber mehrere der Jäger zerrissen hat.
    Saadi war jung. Er hatte seine Pflicht getan und wagte nicht, eine andere Ansicht laut werden zu lassen.
    „Ihr habt beschlossen; tut, was ihr wollt!“ meinte der Scheik. „Ich aber glaube nicht daran und werde mich an keinen Löwen kehren. Übrigens brauchen wir jetzt gar keine Sorge zu haben. Der Herr des Erdbebens holt sich nie vor Mitternacht seinen Fraß.“
    In letzterer Beziehung gaben ihm die anderen recht; Saadi aber meinte:
    „Die Ehrwürdigen mögen mir, obgleich ich jung bin, noch ein Wort gestatten!“
    „Rede, mein Sohn!“ sagte der älteste der Alten.
    „Ich habe bereits gesagt, daß der Herr des Erdbebens erst heute nacht gekommen ist. Vielleicht hat er einen weiten Weg zurückgelegt; er ist sehr hungrig. Er hat die Krallen geschärft; er ist also ungeduldig. Es ist leicht möglich, daß er bereits vor Mitternacht kommt.“
    „Deine Worte sind wohl erwogen; aber ehe er kommt, wird er es uns melden.“
    Der Löwe pflegt nämlich, wenn er auf Raub ausgeht, laut zu brüllen.
    „Du hast recht“, meinte Saadi. „Aber es gibt dennoch alte, erfahrene Tiere, welche so schlau sind wie ein Panther. Sie brüllen erst dann, wenn sie ihre Beute zerrissen haben. Übrigens glaube ich nicht, daß der Herr des Erdbebens über die Ebene kommen wird. Er wird in der Schlucht heraufkommen, welche hier ganz in der Nähe mündet, und dann ist es zu spät, erst noch Maßregeln der Vorsicht zu treffen.“
    „Was du sagst, ist gut. Laßt uns also sofort beginnen. Wir müssen die Herden so stellen, daß zwischen ihnen und der Schlucht sich das Duar befindet.“
    Dies geschah. Nur der Scheik war trotz aller Bitten und Vorstellungen nicht dazu zu bewegen, seine Tiere jetzt schon in Sicherheit zu bringen. Er wollte Saadi nicht als Sieger anerkennen.
    Dieser nahm mit seinem Bruder ein frugales Mahl ein. Der letztere besaß nur wenige Tiere, welche so nahe am Zelt untergebracht waren, daß sie vor einem Überfall vollständig sicher waren. Dann griff Saadi nach seiner Doppelbüchse, sah nach der Ladung und schickte sich an, zu gehen.
    „Wohin willst du?“ fragte Abu Hassan besorgt.
    „Ich will einmal nach den Herden sehen.“
    „Was gehen sie dich an? Du begibst dich unnütz in Gefahr.“
    Doch jener ging, und zwar gerade nach der Seite hin, auf welcher sich die Tiere des Scheiks befanden. Der leise Abendwind, welcher sich erhoben hatte, wehte gerade von der Schlucht herüber. Saadi war überzeugt, daß der Löwe von dort her kommen werde, und er wollte ihn erwarten. Der Scheik hatte ihn einen Feigling genannt, und er wollte ihm beweisen, daß er es nicht sei.
    Darum legte er sich zwischen den Tieren und dem Ausgang der Schlucht auf den Boden nieder und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
    Rund um das Lager brannten hohe Feuer, von trockenen Akazienzweigen genährt. Die ganze Gegend war hell erleuchtet. Zeit um Zeit verging. Es konnte kaum mehr eine Stunde an Mitternacht fehlen. Da sah Saadi vom Duar her eine

Weitere Kostenlose Bücher