56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Gottes willen!“
„Ich werde keinem Menschen etwas sagen.“
„Oh, einem doch!“
„Wem?“
„Dem Kutscher der gnädigen Frau müssen Sie sagen, daß er heute abend das Lied pfeifen soll, sobald er an das Kreuz kommt. Der gnädigen Frau geschieht nichts; aber da bei Nacht ihr Wagen nicht genau zu erkennen ist, kann er sehr leicht verwechselt werden.“
„Ich werde das besorgen, liebes Kind. Aber haben Sie noch nicht daran gedacht, daß Sie sich zum Mitschuldigen dieser Verbrecher machen, wenn Sie deren Tun und Schlupfwinkel kennen, ohne sie anzuzeigen?“
„Ich weiß das, Monsieur. Aber sie würden mich und Mutter töten. Soll ich die Mörderin meiner eigenen Mutter werden?“
„Sie könnten ja fliehen, bis alle vernichtet sind!“
„Vernichtet? Oh, es stehen immer wieder neue und andere auf. Dieser Fabier –“
Sie hielt inne und errötete abermals vor Verlegenheit. Der zuletzt genannte Name fiel Königsau auf.
Es war aus den Mienen des Mädchens sicher zu erkennen, daß der Name Fabier ihm verhaßt sei, und Königsau hielt sich davon sofort überzeugt.
„Fahren Sie fort, Mademoiselle.“
„O bitte, ich wollte nichts sagen, Monsieur.“
„Aber Sie nannten ja einen Namen!“
„Er entschlüpfte mir nur so.“
„Sagten Sie nicht Fabier?“
„Ja.“
„So ist Ihnen vielleicht auch der Name Barchand bekannt?“
Da hob sie schnell den Kopf empor und fragte:
„Barchand? Oh, kennen Sie ihn?“
„Ich weiß es nicht genau. Waren diese beiden vielleicht auch hier im Wald?“
„Ja.“
„Nun, sie werden nicht wiederkommen.“
„Warum?“ fragte sie überrascht, und zwar sichtlich in freudiger Weise.
„Sie sind tot.“
„Ist dies wahr, wirklich wahr, Monsieur?“
„Gewiß!“
„Sie können es beschwören?“
„Mit allen Eiden der Welt.“
„Gott sei Lob und Dank! Wissen Sie, Barchand war einer der Anführer dieser bösen Leute, welche mich und meine Mutter so belästigen. Und Fabier war mein Dämon, mein böser Geist.“
„Ah, er liebte Sie?“
„Er sagte es. Noch gestern früh war er hier und sagte, daß er heute als ein sehr reicher Mann zurückkehren werde. Dann solle ich seine Frau werden oder sterben.“
„So hat er die Tochter Barchands betrogen!“
„Hat er das? Hat er ihr gesagt, daß er sie liebe?“
„Ja, um ihren Vater zu gewinnen.“
„Und woher wissen Sie das alles?“
„Ich habe sie vor ihrem Tod belauscht. Ich will Ihnen nun aufrichtig sagen, daß Fabier Barchand getötet hat, aber zur Strafe und um meiner eigenen Sicherheit willen, habe ich ihn dann selbst erschossen.“
„Sie? Ihn?“ fragte sie, als könne sie es nur schwer glauben und begreifen.
„Ja, mit dieser meiner Hand. Ich habe auch beide eingescharrt.“
Da holte sie tief Atem und faltete die Hände.
„Monsieur“, sagte sie, „bereuen Sie Ihre Tat nicht! Sie haben ein gottgefälliges Werk vollbracht. Sie sind mein Retter und der Retter vieler anderer geworden. Dieser Fabier hätte mich noch in den Tod getrieben; denn ich verabscheute ihn.“
„Ja, Sie lieben ja einen anderen.“
„Einen anderen?“ fragte sie errötend.
„Gewiß! Sie selbst haben es mir ja gesagt und gestanden.“
„Ich? Unmöglich!“ antwortete sie.
„Oh, nicht Ihre Worte, sondern Ihr Erröten, Ihre Verlegenheit haben es mir verraten.“
Sie wollte sich abwenden, er aber hielt sie bei den Händen fest und sagte:
„Darf ich es sagen, wen sie lieben, Mademoiselle?“
„Sie wissen es nicht! Sie können es nicht wissen!“ widerstrebte sie.
„Und doch weiß ich es. Der junge Baron ist es, dem Ihr Herz gehört.“
„Monsieur!“ rief sie erbleichend.
„Darum wurde Ihr Großvater entlassen.“
„Sie irren.“
„Und darum wurde die Frau Baronin so bös auf Sie, mein Kind.“
„Sie sind sehr grausam, Monsieur!“
„O nein. Ich möchte Ihr Freund sein und Ihnen helfen. Hat der Baron Ihnen bereits gesagt, daß auch er Sie liebhat?“
Sie schüttelte leise das Köpfchen.
„Aber er ist freundlich, liebreich und zuvorkommend gegen Sie gewesen? Er ist so zu Ihnen gewesen, wie man nur zu einem Mädchen ist, welches man liebhat?“
Sie nickte langsam und zog dann ihre Hand aus der seinigen.
„Monsieur“, sagte sie, „ich weiß gar nicht, wie das kommt, daß ich Ihnen das alles mitteile. Ich wage, Ihnen Dinge zu sagen, welche ich niemals einem anderen mitgeteilt habe. Meine Aufrichtigkeit könnte mich in große Gefahr bringen.“
„Niemals, mein Kind, denn es wird kein Mensch erfahren,
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