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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß Sie es sind, die mir dies alles gesagt hat. Wenn ein wirklich guter Mensch zu einem anderen kommt, so öffnet sich selbst das verschlossenste Herz. Das ist die Macht, welche ein ehrliches, offenes Menschenangesicht ausübt. Nun aber ist meine Zeit abgelaufen. Ich hoffe, daß ich Sie wiedersehe. Kehrt die Baronin nicht bei Ihnen ein?“
    „Niemals.“
    „Kommt der Baron auch nicht?“
    „Zuweilen“, gestand sie.
    „Wo ist Ihre Mutter?“
    „Sie ist oben beschäftigt.“
    „Und darf ich Ihren Namen wissen?“
    „Ich heiße Berta.“
    „Und wie noch?“
    „Berta Marmont.“
    „Ich danke. Leben Sie wohl, Mademoiselle Berta! Ich danke Ihnen recht herzlich für Ihre freundliche Warnung. Gott lasse Sie recht, recht glücklich werden.“
    Er reichte ihr seine Hand. Sie hielt dieselbe fest, sah ihm voll in die Augen und fragte:
    „Sie werden auch gewiß meine Warnung befolgen?“
    „Gewiß.“
    „Sie werden singen: Ma chérie est la belle Madeleine!“
    „Ich werde es pfeifen. Weiterhin, von dem Kreuz ab ist der Wald wohl sicher?“
    „Ja, bis La Chêne; ob jenseits noch, weiß ich nicht.“
    Er gab ihr ein Goldstück und ging, ohne sich etwas herausgeben zu lassen. Sie begleitete ihn bis vor die Tür, sah ihn aufsteigen und blickte ihm nach, bis er hinter der ersten Krümmung des Weges verschwunden war; dann sagte sie nachdenklich zu sich:
    „Das war ein guter Mensch, ein sehr guter Mensch. Er hatte so treue, ehrliche Augen, viel treuer als der Baron, den ich doch so unendlich liebhabe. Er trug ganz einfache Kleider, aber er war doch ein feiner Herr. Er ritt gerade wie ein Offizier. Er hat mir seinen Namen verschwiegen. Ich möchte wohl recht gern wissen, wer es ist. Wenn er um Gottes willen nicht vergißt, das Lied zu pfeifen.“
    Ganz ähnliche Gedanken hatte auch Königsau.
    „Ein schönes und ein braves Mädchen“, dachte er. „So gut, rein und kindlich, obgleich sie von Sünde und Verbrechen umgeben ist. Ich wette, daß sich zwischen ihr und dem Baron noch eine Art Roman entspinnt, und wünsche nur, daß er für sie nicht allzu unglücklich enden möge.“
    Er ritt schnell seines Weges, lockerte seine Pistolen, um schnell zum Schuß bereit zu sein, und als er das Kreuz erblickte, begann er das in ganz Frankreich damals bekannte Liebeslied ‚Ma chérie est la belle Madeleine‘ laut und fröhlich hinauszupfeifen. Dabei suchten seine Augen verstohlen etwas Verdächtigtes zu entdecken.
    Er war noch nicht ganz an das Kreuz herangekommen, so bemerkte er, daß zwei Köpfe sich vorsichtig über die Zweige des Gebüsches erhoben, aber schnell wieder verschwanden. Er gelangte ohne alle Fährlichkeit vorüber.
    Im Weiterreiten kam ihm ein Gedanke.
    „Wenn ich diese Kerls belauschen könnte!“ dachte er. „Vielleicht würde ich etwas erfahren, was mir Nutzen bringt. Soll ich es wagen? Pah, ich habe vier Doppelpistolen, also acht Schüsse, und stehe außerdem unter dem Schutz dieses Mädchens.“
    Als er die nächste Krümmung erreichte, konnte er von den Marodeurs, selbst wenn ihn diese hätten beobachten wollen, nicht bemerkt werden. Er sprang ab und zog sein Pferd ein genügendes Stück in den Wald hinein.
    Dort band er es an einen Baum und kehrte dann in die Richtung zurück, aus welcher er gekommen war, natürlich aber nicht auf der Straße, sondern unter dem Schutz der Bäume des Forstes. Je mehr er sich dem Kreuz näherte, desto vorsichtiger wurde er. Er schlug sich noch tiefer in den Wald hinein, um von dort aus an das Kreuz zu kommen. Es gelang ihm gut.
    Sich leise von Baum zu Baum schleichend, konnte er bereits die Lichtung der Straße vor sich erkennen, als er die Büsche erreichte, welche als Unterholz zwischen den Stämmen standen. Er kroch langsam vorwärts und hörte bald halblaute Stimmen vor sich. Seine Vorsicht verdoppelnd, schob er sich weiter, bis er nur um einen Strauch zu blicken brauchte, um die zu sehen, welche er suchte.
    Eng zwischen das Buschwerk eingeklemmt saßen acht Männer. Ihre Kleider waren augenscheinlich aus Raubstücken zusammengesetzt, ein buntes Gemisch von Militär und Zivil. Ihre Bewaffnung war ausgezeichnet, und ihr Äußeres zeigte deutlich auf das Gewerbe hin, welchem sie oblagen.
    Unweit von ihnen standen, hart am Rand des Gebüschs und fast in der unmittelbaren Nähe des Kreuzes, noch zwei, welche die Wache zu halten hatten. Es waren dies die zwei, welche Königsau vorher gesehen hatte. Sie verhielten sich ruhig, während die anderen so laut sprachen, daß

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