56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
ihn angelegt, um ihn zu erschießen. Der Schuß krachte, aber die Kugel verfehlte ihr eigentliches Ziel und fuhr einem seiner Kameraden in die Brust, welcher sich soeben auf den Lieutenant hatte werfen wollen.
„Esel!“ röchelte er zornig, indem er zu Boden sank.
Zu gleicher Zeit aber schoß Königsau auch den ungeschickten Schützen nieder.
Jetzt bekam auch der Kutscher Mut. Er sprang vom Bock und faßte den einen der beiden noch übrigen Marodeurs. Dieser wehrte sich verzweifelt, konnte sich aber von dem stämmigen Knechte nicht losringen.
„Ich werde dich lehren, mir die Pferde zu erschießen!“ zürnte dieser. „Jetzt bist du dran, Schurke.“
Er riß ihn zur Erde nieder und kniete auf ihn.
Der letzte suchte durch die Flucht zu entkommen, wurde aber noch zur rechten Zeit von der Kugel des Deutschen erreicht. Dieser trat nun rasch zum Kutscher, um diesem Beistand zu leisten.
„Ist nicht nötig!“ meinte dieser jedoch. „Der Kerl ist tot. Ich habe ihm die Seele aus dem Leib gequetscht.“
Königsau untersuchte den am Boden Liegenden und fand allerdings, daß er von dem Kutscher erwürgt worden war.
„Ja, er ist tot. Er war der letzte von den neun. Wir sind fertig!“ sagte er.
„Ist es wahr, Hugo? Ist der Sieg vollständig?“ klang es aus dem Wagen heraus.
„Ja“, antwortete er, zum Schlag tretend.
„Oh, wie danke ich, wie danken wir dir.“
Sie stieg, nein, sie flog heraus und in seine Arme. Ihre Lippen legten sich wieder und immer wieder auf seinen Mund, bis sie, sich besinnend, plötzlich fragte:
„Aber Mama? Wo ist Mama? Sie mußte aussteigen!“
Es war alles so schnell gegangen, und Königsau hatte seine Aufmerksamkeit so sehr auf die Feinde zu richten gehabt, daß er gar keine Zeit gefunden hatte, des weiteren auf die Mutter der Geliebten zu achten.
„Hier liegt sie!“ antwortete der Kutscher, mit der noch brennenden Wagenlaterne zu Boden leuchtend.
Die andere war dem Räuber entfallen, als ihn Königsaus Kugel traf.
„Mein Gott, hier am Boden!“ rief Margot. „Sie ist doch nicht etwa von einer Kugel getroffen worden?“
Der Deutsche kniete nieder und untersuchte Madame Richemonte.
„Sie ist nur ohnmächtig, meine Margot“, sagte er. „Es hat nichts zu bedeuten. Aber war nicht die Frau Baronin bei euch?“
„Ja. Dort im Wagen ist sie noch.“
Der Kutscher leuchtete hin, und so sah Königsau die Dame gerade im Begriff, auszusteigen.
„Monsieur, wir haben Ihnen vieles, vielleicht das Leben zu verdanken“, sagte sie. „Nehmen Sie einstweilen meine Hand, und sorgen Sie dann, daß wir diese Stelle verlassen können. Mir graut vor diesen Toten.“
Erst jetzt beachtete Margot, welche bei ihrer Mutter kniete, die umherliegenden Leichen.
„Gott, wie entsetzlich!“ rief sie schaudernd. „So viele waren gegen uns?“
„Neun Mann“, antwortete Königsau.
„Und die alle hast du besiegen müssen, du einziger?“
„Nicht alle“, lächelte er. „Einen hat der Kutscher überwunden. Aber siehe, da erwacht Mama.“
Wirklich gab Frau Richemonte jetzt Lebenszeichen von sich. Nur die Angst um die Tochter, welche sie durch die bestialischen Menschen bedroht sah, hatte ihr das Bewußtsein geraubt. Jetzt erhob sie sich langsam in Margots Armen.
„Sind sie fort? Sind sie fort, diese Menschen?“ fragte sie ängstlich.
„Sie sind nicht mehr zu fürchten“, antwortete Margot. „Hugo hat sie besiegt.“
„Hugo? Ah, ja, ich besinne mich; er war da. Wo ist er?“
„Hier bin ich, Mama“, antwortete er. „Wollen Sie nicht wieder in den Wagen steigen?“
„Ja, das will ich“, antwortete sie. „Oh, wieviel haben wir Ihnen zu danken, mein lieber Sohn. Aber wie sind Sie an diesen Ort gekommen? Und gerade im Augenblick der größten Gefahr?“
„Ich kam über Sedan nach Roncourt, um Sie zu besuchen. Dort hörte ich von dem Herrn Baron, daß sie nach Vouziers gefahren seien und des Nachts zurückkehren würden, ohne eine schützende Bedeckung bei sich zu haben. Ich hatte von der Unsicherheit dieser Gegend gehört und ließ mir darum sogleich ein Pferd geben, um Ihnen entgegenzureiten.“
„Welche Aufmerksamkeit, welche Courtoisie! Und welche Tapferkeit haben Sie hier bewiesen!“ sagte die Baronin. „Aber, meine liebe Margot, ich werde mich ganz gehörig mit Ihnen zanken müssen.“
„Warum?“ fragte das schöne Mädchen.
„Ich bemerke jetzt, daß Herr von Königsau Ihnen nähersteht, als Sie mich ahnen ließen. Sie hatten kein Vertrauen zu
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