56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
mir.“
„Verzeihung, meine Liebe!“ sagte da an Margots Stelle ihre Mutter. „Ich allein trage die Schuld, daß dir verschwiegen blieb, daß Margot die Verlobte des Herrn von Königsau ist. Ich bin überzeugt, daß du meine Gründe billigen wirst, sobald ich sie dir mitgeteilt habe.“
„Ich zürne dir nicht, denn ich werde deine Gründe anerkennen müssen. Aber, Monsieur, wie werde ich Sie jetzt in Roncourt zu nennen haben? Sie sind natürlich zu mir eingeladen.“
„Ich werde Sie bis nach Hause begleiten, Madame“, antwortete Königsau. „Wenn jemand nach mir fragt, so nennen Sie mich einfach – – – hm.“
„Ah, ich habe einen Verwandten meines Namens in Marseille. Der sollen Sie sein.“
„Was ist er?“
„Seekapitän.“
„Der Marine?“
„Nein, des Handels.“
„Gut, ich akzeptiere. Aber, was ist das? Das Sattelpferd stürzt auch.“
„Es muß auch eine Kugel erhalten haben“, meinte der Kutscher.
„So wollen wir nachsehen.“
Als er nach dem Tier leuchtete, fand er es am Verenden. Es hatte eine Wunde in der Brust. Das andere war längst tot.
„Was ist da zu tun?“ fragte die Baronin ratlos. „Wir müssen ja fort!“
„Mein Pferd befindet sich in der Nähe“, meinte Königsau. „Wir schirren es ein, nachdem wir die beiden toten Tiere entfernt haben. Es wird uns nach Hause bringen, wenn auch langsam. Im Notfall leihen wir uns in La Chêne ein zweites. Wir sind ja gezwungen, dort einzukehren, um Anzeige zu machen.“
Er ging und brachte bald den Braunen herbei. Es machte sich bei der mangelhaften Beleuchtung schwer, die beiden getöteten Pferde aus dem Riemenzeug zu bringen. Noch waren Königsau und der Kutscher damit beschäftigt, als sich das Rollen einiger herankommender Wagen vernehmen ließ.
„Man kommt“, sagte der Kutscher. „Es kann hier niemand vorüber; die Straße ist zu schmal. Diese Leute werden einige Minuten halten müssen.“
Königsau ging den Wagen entgegen und rief dem vordersten derselben ein lautes Halt zu. Er sah, daß es drei waren, und so weit die Dunkelheit es zuließ, bemerkte er, daß sie von Reitern eskortiert wurden.
„Warum?“ fragte der vorderste Kutscher.
„Man ist hier überfallen worden. Es liegen Leichen und erschossene Pferde im Weg, welcher erst freigemacht werden muß.“
Da öffnete sich der Schlag des vordersten Wagens, und eine befehlende Stimme sagte:
„Überfall? Hinfahren, Jan Hoorn! Die Sache ansehen!“
Margot hörte diese Worte.
„Mein Gott“, sagte sie zu den beiden anderen Damen. „Jan Hoorn ist der berühmte Kutscher des Kaisers, und das war auch die Stimme Napoleons!“
Eine hohe Gestalt trat zu Königsau heran und sagte:
„Monsieur, ich hoffe, daß wir nicht lange Zeit hier aufgehalten werden. Ich bin Marschall Ney, und da kommt Marschall Grouchy. Wer sind Sie?“
„Diese Damen sind Baronin de Sainte-Marie, deren Verwandter ich bin, und Madame und Mademoiselle Richemonte aus Paris. Die drei Damen wurden von neun Marodeurs überfallen, welche hier tot am Boden liegen. Die Pferde sind erschossen. Geben Sie uns nur eine Minute Zeit, so sollen Sie freie Bahn haben.“
„Die Kerls haben sich wohl gar nicht gewehrt?“
„O doch, sie schossen nach mir.“
„Und alle sind tot?“
„Ja.“
„Wer hat sie getötet?“
„Einen der Kutscher, die anderen ich.“
Da ergriff Ney die Wagenlaterne, welche der Kutscher in der Hand hielt, und leuchtete Königsau in das Gesicht. Dabei war auch er selbst deutlich zu erkennen. Der Marschall war ein wohlgebauter, kräftiger Mann von schwarzbrauner, lebhafter Gesichtsfarbe, mit blitzenden Augen und einem befehlenden Äußeren. Er sah den jungen Mann scharf an und fragte:
„So waren diese Leute bewaffnet?“
„Ja. Sogar sehr gut.“
„Sie waren auf diesen Überfall vorbereitet?“
„Ich ritt den Damen entgegen, weil ich gehört hatte, daß diese Gegend sehr unsicher sei.“
Da öffnete sich der Schlag des ersten Wagens, und der Insasse sprang heraus. Es war ein kleiner, nicht allzu schmächtiger Mann, trug ein kleines Hütchen auf dem Kopf, und einen grauen Überrock. Die Beine staken in hohen Schaftstiefeln.
„Der Kaiser!“ sagte Marschall Ney.
Napoleon trat mit einigen raschen Schritten näher.
„Umherleuchten!“ befahl er in seiner eigentümlichen scharfen, kurzen Weise.
Der Marschall gab sich selbst die Mühe, den Platz zu beleuchten. Der Kaiser betrachtete jeden einzelnen der Toten sehr genau. Es war Tatsache, daß er trotz der vielen
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