56,3° Im Schatten
lässt. Solange er nicht gelb anläuft wie ein Chinese, wird er mit seinem eigenen Fetzen weitersaufen, das ist seine Meinung zu den Chinesen. Trinke in der Zeit, dann hast du auch in der Not noch einen gewaltigen Rausch, so hat er es sein Leben lang gehalten, und spätestens nach der Volksschulzeit ändert sich der Mensch ja nicht mehr.
Verheerende Wirkung
Hätte er also anders gelebt, wenn ihm der Doktor Krisper schon früher gesagt hätte, dass das ganze zugeführte Bier ihn einsam machen und er deswegen die halbe Zeit von seinem ganzen Leben wahlweise auf der Schwitzhütte, dem Erlebnispark oder im Musentempel, jedenfalls auf seinem Scheißhaus verbringen wird müssen? Hätte er irgendwas anders gemacht, wenn er gewusst hätte, wie teuer das alles über das lange elende Leben gerechnet wird, und dass er schon den Gegenwert von einer halben Flachdachneubausiedlung versoffen hat, hätte er deswegen anders gelebt?
Dazu vom Biermösel vielleicht nur zwei Worte:
Sicher nicht!
Das Volk muss sich ja schließlich darauf verlassen können, dass es bei ihm in sicheren Händen ist, aber das ist es natürlich nur, wenn sein Motor wie geschmiert läuft und er die gewisse notwenige Dosis im System hat. Wenn er nämlich zu wenig nachgefüllt hat, dann wird er sprunghaft und unzuverlässig, er kriegt das Reißen in den Waden und spürt die gewisse unruhige Anspannung in der Seele, dann wird er launisch und deppert, er ist schnell eingeschnappt und nachtragend und verliert die Kontrolle über sich selbst sowie über die Dienstwaffe – und peng!
Also scheißt er auf den ganzen Wahnsinn mit dem Mineralwasser im Sommer und dem warmen Tee im Winter, er ist ja ein versoffener Wurm, seit er denken kann, und geht den Weg allen Fleisches halt ein bisserl weniger aufrecht als andere, aber das tut er dafür mit erhobenem Haupte.
Und hat am Ende der vielleicht mehr vom Leben gehabt, der alle Chancen genützt, aber dafür nie ein Bier gesoffen hat? Er glaubt wirklich nicht, dass er auf so eine depperte Frage irgendwem eine Antwort schuldig ist! Was herauskommt, wenn einer gesund lebt, das sieht er ja jeden Tag an den ganzen perfekt trainierten, mit Mineralwasser gespülten und mit Salat gequälten Körpern, die der stetig zunehmenden Kraft vom Himmelsgestirn nichts anderes entgegenzusetzen gehabt haben als ihr gelungenes Leben! In Sekundenschnelle sind sie alle miteinander entwässert, kaum dass sie ihren Schädel der Sonne dargeboten haben, weil sie ihrem Körper ein Leben lang zu wenig Elektrolyte zugeführt haben, und jetzt sind ihre Bäuche halt aufgebläht und ihre Kadaver geplatzt, aber Hauptsache, sie waren gesund!
Aber auch der Biermösel säuft dann einmal für ein paar kurze Augenblicke lang gar nichts, sondern hält den Schädel beim Fenster hinaus und bietet ihn zur Abwechslung der Sonne dar.
„Das soll heiß sein?“, schreit er, und als er das brennende Gestrüpp auf seinem Schädel dann wieder hereinholt, läutet es überraschend an der Tür, und er fragt sich:
Wer wird denn das wieder sein? Da wird doch hoffentlich keine politische Bewegung im direkten Gespräch mit ihm um seine Stimme werben wollen, so deppert kann und wird doch hoffentlich keiner sein?
Aber freilich!
Ausgerechnet die Abgesandten vom MOVIEMENTO CONTRO IL ALCOHOL, DAFÜR PRO JESU – Liste 17 probieren es heute bei ihm, und er hat ihnen natürlich gleich ein einmaliges Bild von der heutigen Wählerlandschaft geboten, als er ihnen mit seinem rauchenden Schädel und der schon gewaltigen Schlagseite die Türe geöffnet hat, „Hereinspaziert!“
Die radikalkatholische Splittergruppe im Kielwasser des im letzten Frühling tragisch von seiner eigenen Glocke gespaltenen Pfarrer Hein ist dann zu ihm hereingekommen wie die Sternsinger, allesamt Weihwassersäufer der Letzten Stunden, die sich in ihrer vollkommenen Alkoholabstinenz zusammenfantasieren, dass die aufkommende Hitze im Tal in ursächlichem Zusammenhang mit dem weitverbreiteten Saufen auf Erden steht, und, will der Biermösel gerne zugeben, zumindest was seinen Beitrag anbelangt, haben sie damit gar nicht einmal so unrecht. Zum Beweis lässt er gleich einen Ketzerischen fahren, der sie noch nicht gleich aus den Socken hebt, aber die Ohren wackeln ihnen schon ganz gewaltig, als er noch einen nachlegt, und hoppala, plus 44,6 ° im Schatten.
„Worum geht’s?“
Die Weiber vom Moviemento prophezeien ihm dann im Wesentlichen, dass ein jeder, der brav ist und nichts säuft und das auch durch
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