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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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diese depperte, depperte Luft! Als wollte sie justament Rache nehmen für das, was er ihr mit seinen Bumsis und Furzis und seinem erderwärmenden Donnergrollen angetan hat, mit dem er ihr alles Saftige ausgetrieben hat. Sie reißt ihm selbst dann noch mit brennenden Händen die Ohrwascherl ab, als die Wärmespenderin schon längst hinter dem Gebirgskamm verschwunden ist und die hereinbrechende Nacht mit ihrer schwarzen Ölfarbe die Landschaft grundiert, bevor dann auf einmal der Vollmond hinter dem Gebirgskamm aufsteigt und wieder ein wenig Gelb dazumischt, ein Vollmond, wie ihn der Weiß Ferdl in seinem berührenden Hit „Vollmond“ mit seiner Samtesstimme nicht poetischer hätte besingen können:
     
    „Vollmond hier und Vollmond da
    Vollmond ist’s das ganze Jahr
    Irgendwo auf der Welt
    Wo’s dem Vollmond grad gefällt!“
     
    Naja, denkt sich der Biermösel dann, poetisch? Der hat es sich im Gegenteil vielleicht auch immer ein bisserl leicht gemacht mit seiner Dichterkunst, kommt ihm jetzt vor, viel mehr ist ihm nicht eingefallen als „da-Jahr/Welt-gefällt“, das hätte er selbst auch gekonnt, da muss der Mensch nicht Weiß Ferdl heißen.
    Für seine eigenen Ziele aber ist der Vollmond natürlich ideal, für die Jagd auf die einmalig fette Wildsau mit den sahnigen Dutteln gibt es nichts Besseres als die brennheiße, einsame Vollmondnacht samt den bitteren Erinnerungen an die eigene abtrünnige Mutti. Zum Aufwärmen für das herbeigesehnte Herumballern, und um sich in die richtige Stimmung zu bringen, denkt der Biermösel daher vielleicht noch einmal an den Fragebogen, den sie ihm bei der Prüfung zur Zulassung zur Gendarmerieschule oben in Linz vorgelegt haben, „PSYCHO­PATHENPROBLEME HEUTE UND MORGEN – bitte ehrlich und sorgfältig ausfüllen“:
    „Sag einmal, Biermösel, stimmen die Gerüchte, dass dir die Milchdutteln von der Mutti gefehlt haben, weil sie mit einem Schonn Gabönn durchgebrannt ist?“
    Dazu vom Biermösel damals wie heute vielleicht mit stierem Blick und Schaum vor dem Mund nur 987 654 321 wahlweise geschriebene oder gesprochene Worte:
    „Seit meine Mutti mir ihre Milchdutteln weggenommen hat, Kruzifixnocheinmal … weil sie mit einem charakterlosen Franzosen durchgebrannt ist … Herrgottnocheinmal, hab ich so einen gottverdammten Durst … Kruzifixnocheinmal … so was tut man nicht … Und ich Trottel bin ihr dann noch kilometerlang nachgerannt in Richtung Goisern hinüber, Kruzifixnocheinmal, wo sich ihre Spur dann aber verloren hat, Herrgott, daher aber die solide Grundkondition trotz jahrzehntelangem Missbrauch am Körper … Kruzifixnocheinmal … und so weiter … keuch …“
    Und so fort.
    Zumindest die Grundkondition kommt ihm jetzt zugute, als er nach vielen leeren durch den Wald gestreiften Kilometern den Wildtöter schon wieder einpacken will, weil er die depperte Wildsau einfach nirgendwo finden kann und er stattdessen immer nur noch weiter in den unheimlichen Wald hineinrückt, wo es schön langsam ein bisserl sehr finster und unheimlich wird, und das mag Pancho Villa dann gar nicht so gerne.
    Zu oft war er als kleiner Biermösel alleine in der heißen und finsteren Selchkammer eingesperrt, als dass er sich jetzt in der heißen und finsteren Nacht von guten Mächten wunderbar geborgen fühlen täte, wie der Doktor Krisper das immer nennt, fast glaubt er, dass auch der ein Katholischer ist. Mit den schmerzhaften Gedanken an die Zeit in der Selchkammer steht der Biermösel dann jedenfalls schön besoffen und bis in die Haarspitzen eingeraucht alleine im Knusperwald herum, inmitten der ganzen großgewachsenen und sich weit verzweigenden Eichen. Es ist noch immer so heiß, dass es für die Tiere im Wald und den Biermösel mit seinem Wildtöter in der Hand keinen großen Unterschied mehr macht, ob der Mond da oben am Himmelszelt herumhängt oder die Sonne. Und wenn man jetzt das Licht des Mondes und die Schatten des Waldes, die das Licht des Mondes wirft, berücksichtigt, und dann vielleicht noch die ganze erhabene Stille und alle anderen Sachen dazuzählt, die einem so auf- und einfallen, wenn man alleine im Wald herumsteht und einen der Joe exakt zur Geisterstunde von der Hängematte herunter in die Horrorfilm-Doppelvorstellung treibt, in der viele knickende Äste mitspielen und das „Uuuuuuhh“ des Wolfes noch viel lauter zu hören ist als in Wirklichkeit, dann kann einem trotz des alles zerstörenden Wildtöters in der Hand schon ein gewaltiger Steinschlag

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