56,3° Im Schatten
Resthirn wieder auf „Grame Gedanken über die davonrennenden Weiber“ um, dann füllt er das Magazin nach und lädt den Schießprügel durch, „na warte, du falsche Sau!“
Aber dann kommt sie mit ihrem einmalig einladenden Fettarsch immer näher zu ihm hergetrottet und taucht den wankelmütigen Biermösel auf einmal in ein Wellental der Gefühle, das schon der Weiß Ferdl so treffend besungen hat („Wellen hier, Wellen da …“), und in dem er lange nicht mehr gekannte Hoffnung schöpft:
Kann es denn sein, fragt er sich mit pochendem Herzen, dass die Sau zu mir herkommt und sich wegen mir so fesch hergerichtet hat? Und kann es sein, dass sie vielleicht sogar … äh, körperliche Liebe von ihm will, fünfzehn Jahre nach der einen Minute dreißig unter dem Tanzboden im Bierzelt, in der er vielleicht am glücklichsten war in seinem Leben, auch wenn er nicht mehr weiß, mit wem? Tut sich bei ihm also doch noch ein spätes, unverhofftes Glück mit den Weibern auf, noch dazu mit einer, die solche gewaltigen Dutteln hat und so einen herrlichen Arsch?
Seltsame, lange verschüttete Gefühle steigen in dieser heißen Nacht im Biermösel auf, eine unbändige, lange nicht mehr gekannt Gier, aber nicht nach der alles verschlingenden, dreckigen körperlichen Liebe, die ihn bei der Hitze ja nicht interessiert, sondern nach sauberer, weißer, frisch schäumender Muttimilch!
Schon holt er eine Packung Mon Chéri aus der Satteltasche und wähnt sich endlich am Ziel, als er über einen Waldweg das Rattern von einem Waffenrad näher kommen hört, auf dem der Zuchteber Jean-Baptiste de Schonsondamur-Vogelschiss mit seinem astreinen Stammbaum voller Sieger auf Landwirtschaftsmessen angerauscht kommt, mit einem gefälligen Liedchen auf den Lippen, einem sauber gestutzten Bart über der Steckdose und einer schwarzen Kappe am Sauschädel, und dann passiert, was in solchen Fällen immer passiert: Die Depperte steigt einfach auf und fährt mit dem Arschloch davon.
Wie Superagent Jason Castelli auf seinen nächtlichen Streifzügen setzt der Biermösel sich dann aber die kombinierte Nachtsicht-Gleitsichtbrille auf die Nase und folgt den eiskalten Liebenden so lange, bis der Verführer die Sau zielsicher zur einzigen Waldlichtung geführt hat, auf der noch weiches Moos wächst und auf dem der Franzose sich an die Wildsau heranschmiegt, und dann saugt wieder nicht er an den Dutteln, sondern wieder ein anderer.
Als der Biermösel nach einer Schrecksekunde von geschätzten fünf Jahren wieder auftaucht aus seinem Wechselbad der Gefühle, lädt er den Wildtöter durch und ballert die Wildsau mit ihrem Franzmann zusammen über den Haufen, und zwar so gründlich, dass er sie nicht einmal mehr grillen kann, aber darauf scheißt er sowieso, Hauptsache, er fühlt sich unendlich erleichtert.
Dann holt er den Jungeber aus seinem Bettchen wie die Kinderdorfmutter das Waisenkind und nimmt ihn an sich.
„Ich werde für dich sorgen!“, verkündet er vielleicht allzu großspurig, denn nachdem er ein paar Meter mit ihm gegangen ist, kommt er drauf, dass er ja selbst gar keine Dutteln hat, mit denen er ihn großziehen könnte, und es überkommen ihn Gefühle des Mitleids, weil der kleine Hosenscheißer jetzt auch ohne Muttidutteln aufwachsen müsste, so wie er selbst, und das will er dann gar nicht.
Lieber macht er sich also ein kleines Feuer im finsteren Wald und legt dann eine kleine Mitternachtsmahlzeit ein, bestehend aus einem überaus saftigen und muskulösen Frischling, voller Hoffnungen im Herzen und Träume im Schädel.
Und Mahlzeit!
Herzloser Herzbube
Jetzt, wo der Biermösel die meisten Mitglieder der Familie Schwein im Walde hat kennenlernen dürfen, fehlt ihm eigentlich nur noch der verzweifelte Ehegatte, und da ist er auch schon!
Während der nächtlichen Heimfahrt vom Eichenwaldmassaker springt er dem Biermösel in die Räder seiner Fips hinein, mit einer Angelrute in der Hand und ein paar Fliegen zum Fischen im Kübelchen, weinend wie eine räudige Squaw, allerdings nur solange seine Tränen reichen, denn auch er – Schwächling! – ist schon komplett entwässert. Dass er den verweichlichten Jean-Baptiste de Schonsondamur-Vogelschiss mit seinen gewaltigen Hauern aufgespießt hätte, bevor der mit seiner Gattin auf einem Waffenrad entfliehen hätte können, dafür hat es bei ihm kräftemäßig jedenfalls nicht mehr gereicht.
Der Biermösel überschlägt sich ein paarmal, dann kommt er zerdeppert auf dem glühenden Asphalt zu
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