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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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nicht!“
    „Und jetzt noch Folgendes: Die ganzen Tagestouristen und Sommerfrischler, die uns in Todesangst von einem Terror­paten namens Herzloser Herzbube erzählt haben respektive von einem Hijo de Corazón sin Corazón, wie ihn dieses Mondgesicht genannt hat, das im Wald drinnen herumgestanden ist und die ganze Zeit irgendeinen Kommunistenscheißdreck gesungen hat, Biermösel, weißt du vielleicht, was das heißen soll, und hast du damit was zu tun?“
    „Ich weiß es nicht, ich war es nicht!“
    Sein Hirn schwimmt ja in einer trüben, schaumigen Bierbrühe, und wenn es nicht gerade schwimmt, dann liegt es in der Hängematte und ist von einem dichten Nebel umhüllt, der nach dem Joe riecht. Der Biermösel hat also gar nicht erst den Depperten spielen müssen, als er immer wieder „Ich weiß es nicht, ich war es nicht!“ gesagt hat, das beste Mittel gegen die Verhörspezialisten in Schurkenregimen ist ja immer noch der ehrliche und komplette Erinnerungsverlust infolge Alkoholmissbrauchs. Jedenfalls hat er während des ganzen Verhörs das sehr schöne Gefühl gehabt, dass es sich neulich wieder einmal so richtig ausgezahlt hat, heiliger Bimbam, aber er hat natürlich nicht mehr gewusst, wo genau er sich den Brummschädel wieder eingefangen hat. Das Licht der Verhörlampe ist ihm wie brennende Nadeln durch die Augen hinauf ins Hirn gefahren und hat ihm dort nie gekannte, höllische Schmerzen bereitet, die ihn nach Gnade wimmern ließen und um die Rückgabe seiner tiefschwarzen General-Jaruzelski-Brille, „Bitte! Bitte! Bitte!“
    Aber der Innenminister war gerade nicht in der richtigen Stimmmung für eine Begnadigung, und die Sonnenbrille vom Biermösel hat ihm selbst sehr gut gefallen, „Danke!“
    Der Kid hat dann also die Verhörlampe wieder ausstecken und zusammenpacken müssen, und dann haben sie den Biermösel in die Gummizelle geschmissen, die normalerweise für die komplett geistesgestörten Einheimischen als Zwischenstation auf ihrem Weg hinüber in den Spiritus in Salzburg reserviert ist, nur dass die Hitze mittlerweile auch die nicht wenigen Geistesgestörten im Land hinweggerafft hat und der Biermösel den ganzen Luxus einer Gummizelle für sich alleine gehabt hat, zusammen nur mit der voltstarken Verhörlampe, die der Karate Kid wieder hat anstecken müssen, und mit einem kleinen Transistorradio, in dem der Feindsender Radio Saftiges Bayern gelaufen ist, wahrlich die reinste Folter.
    „Biermösel“, hat der Innenminister gefragt, „weißt du eigentlich, was die Weißwurschtibrüder drüben in Bayern in ihren Bierzelten schon über uns singen?“
    „Ich weiß es nicht!“
    „Na dann hör einmal gut zu. Und zwo, drei:
    ,Es gibt kein Bier in Aussee, es gibt kein Bier!
    Es gibt kein Bier in Aussee, drum bleib ich hier!‘“, singen sie, und dann hat ihn der Innenminister wieder gefragt:
    „Weißt du, warum es in Aussee kein Bier mehr gibt?“
    „Ich war es nicht!“
    Der Kid hat dann seine Lampe schön brav wieder ausgesteckt, und zusammen mit dem Biermösel hat er alles hinaus­getragen vor die Tür, wo er ihn in eine Mülltonne hineingeworfen und die Lampe wieder neu aufgestellt hat. Sofort hat sich die heiße Tonne mit dem ganzen Schweiß aus seinem Körper gefüllt, und mit dem obenauf schwimmenden Bierschaum hat das dann sogar ein bisserl so ausgeschaut, als täte der Biermösel – ganz wie der Jason Castelli! – auch im Suppentopf von einem Schurkenregime herumschwimmen und das Süppchen schön kochen, näher war er seinem Helden noch nie.

Jason Castelli
    Der Biermösel fährt dann hoch wie der Alptraumgeplagte aus seinem unruhigen Schlaf. Oft weiß er ja wirklich nicht mehr, in welch finstere Ecken des Lebens er sich zuvor verrannt hat, die Frage lautet dann immer: Sind es Tage gewesen, die seit seinem letzten großen Besäufnis vergangen sind, oder waren es Wochen? Jahre?
    Dass er es wieder so hat übertreiben müssen! Entweder er hört jetzt wirklich ganz schnell mit dem Saufen auf, denkt er sich mit der Einsicht des Übernächtigen, oder er kriegt sehr schnell von irgendwo ein frisches Bier her, da wird er sich bald für das eine oder das andere in seinem Leben entscheiden müssen –
    „Roswitha, bring mir ein Bier!“
    Der Biermösel muss sich dann erst wieder ein bisserl sortieren und sich den Schlaf aus den Augen reiben, ehe er kapiert, wo genau er dieses Mal wieder zu liegen gekommen ist und seinen Rausch ausgeschlafen hat – da schau her!, denkt er sich. In einem

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