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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Leben, das er herbeigefurzt hat – da schau her, ein kleines, unschuldiges Reh – und peng!
    So ist das also, denkt er sich enttäuscht. In der neuen Welt gibt es gar keine Schweinderl mehr, weder untreue noch untadelige, weder alte noch junge. Wenn er es sich aber genau überlegt, dann war ihm die alte Welt mit den ganzen dreckigen kleinen Schweinderln drauf lieber, was soll ich denn bitte jetzt mit der ganzen Grillkohle machen, fragt er sich besorgt, die ich am Anfang der Geschichte in liebevoller Kleinarbeit selbst angerichtet und hinter dem Auerhahn gestapelt habe, damit ich darauf am Ende der Geschichte meine Wildsau grillen kann, „Roswitha, hast du vielleicht eine Idee?“
    „Ich such’ die goldenen Uhren!“
    Warum aber tut sich der Mensch die ganze depperte Arbeit mit der selbstgemachten Grillkohle zum Beispiel überhaupt an, wenn er sich dann erst recht wieder selbst die Freude daran nimmt, sinniert der Biermösel bei einem weiteren gemütlichen Joe über die ganze depperte Menschheit, nur um sich gleich auch selbst die bittere Antwort darauf zu geben:
    So ist sie halt, die depperte Menschheit!
    Ein bisserl fehleranfällig und deppert ist sie, mit überraschenden Ausschlägen nach oben hin (siehe: Mondfahrt) und ebenso überraschenden Ausschlägen nach unten hin (siehe: er selbst).
    Aber wenn er es schon nicht auf den Mond geschafft hat, wo ihm die Leute hätten zujubeln können, dann könnten sie sich jetzt wenigstens ein bisserl mehr in die Hosen scheißen vor ihm, dem großen Zerstörer und Weltvernichter. Warum sonst, kann er nicht aufhören, sich wie die Weiber nach dem Warum zu fragen, warum sonst hat er sich die ganze Furzerei und Weltvernichtung angetan? Warum ist er überhaupt in die schwarze Strumpfhose hineingesprungen und hat die furchtbaren Anschläge als Herzloser Herzbube verübt, wenn dann sowieso wieder nichts über ihn in der Zeitung steht und keiner eine Treibjagd auf ihn veranstalten mag, so wie das dem Jason Castelli zum Ende seiner Geschichten hin immer verlässlich passiert, ohne Treibjagd und Militäraktion gegen ihn, ohne Hubschraubervorfolgungsjagden und Folterei durch das Schurkenregime geht bei Jason vorm Happy End überhaupt nichts, da hat es der Jason wirklich besser als er.
    „Kommst du jetzt endlich und bringst mich heim?“, schreit die Roswitha dann ungeduldig nach ihm wie der Jäger nach dem Hund. Mit der ganzen unnötigen Hektik, die ein weiteres Problem von den Weibern ist, reißt sie ihn wieder aus seinen Parallelwelten heraus und katapultiert ihn zurück in die alte Welt, wie sie wirklich ist. Mit ihren angefüllten Säcken steht sie unten bei seinem Moped, sogar die Trompete hat sie noch aus seinem Bruder herausgeholt.
    Der Biermösel ist dann in eine gewisse besorgte Melancholie hineingefallen, als er mit dem fetten Knödel von einer Schwes­ter hinten am Sozius samt den prallgefüllten Säcken in den Satteltaschen die Serpentinen hinunterfährt. Wie eine sehr reiche Frau hat seine Schwester hinten auf dem Moped Platz genommen, aber wird sie ihn auch zu einem sehr reichen Bruder machen wollen?
    Das Gewicht seiner kompletten Bedeutungslosigkeit – verglichen mit seinem kleinen Bruder! – lastet obendrein schwer auf ihm, sodass die Fahrt zurück dann fast noch langsamer dahingeht als die Fahrt hinauf. Das ist ein bisserl ärgerlich, wo er doch mit dem Joe als Beifahrer auf eine zünftige Abfahrt eingestellt war wie damals die Annemarie Pröll in Lake Placid­, Innen­schi, Außenschi, Hocke, Sprung – ein bisschen Spaß muss sein, dann ist die Welt voll Sonnenschein …
    Stattdessen muss er mit der angezogenen Bremse in der Hand und im Hirn fahren, weil bei diesen Verhältnissen jedes Kilo zusätzliche Nutzlast in den schwierig zu fahrenden Serpentinen sofort die Familienzusammenführung mit dem Ferdl drüben im Schattenreich bedeuten könnte. Ausschließlich mit der reinen Kurvenakrobatik kann der Biermösel die weichen Reifen dann überhaupt noch auf dem weichen Asphalt halten, während der Joe ihn die ganze Zeit drängt, dass er doch endlich ein bisserl Gas geben soll, damit sie aus der Kurve fliegen und sich wenigstens ein paarmal überschlagen, wenn sich schon sonst nichts tut in seinem Leben – „Und Action!“ Die Roswitha aber hält dagegen und will mit dem ganzen neu gewonnenen Reichtum nur sicher und wohlbehalten unten im Tal ankommen und drängt ihn, doch bitte ein bisserl vorsichtiger zu fahren, „pass auf!“
    Also was tun, welchem

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