56,3° Im Schatten
Wochen braven Fastens ausgerechnet ein paar Tage vorm Ostersonntag und also ganz knapp vor dem Ziel den Osterbock angeboten hat, und heilige Maria, alle haben sie dankend angenommen!
Heute aber gibt es keine Verbote mehr, die ihn in die Schranken weisen könnten, weil es kein Haus mehr gibt, wie der Biermösel feststellen muss, als er im dichten, beißenden Rauch zwischen den ehemals schattenspendenden, jetzt allesamt verkohlten Bäumen herumkurvt, wo früher ein Siechenheimkomplex gestanden ist, findet er jetzt nur noch eine verlassene Westernstadt vor, in der die Skorpione und Klapperschlangen vorübergehend das Kommando übernommen haben, und jetzt übernimmt wieder er:
„Alles antreten zum Appell!“
Die ehemals herrschenden Nonnen aber liegen allesamt fein herausgeputzt für den vermeintlichen Höhepunkt in ihrem Leben brav aufgereiht und kniend wie der Bierfahrer Ramzi vor den Toren herum und warten auf den großen Abgang hinüber ins Schattenreich, Herrgottnocheinmal, dass immer alle glauben, sie entgehen der großen Axt, wenn sie nur auf die Knie fallen, der Biermösel versteht das nicht. Nachdem er ihnen aber beim Übertritt mit einem kleinen abgestellten Furzi und ein paar daraus folgenden Erstickungsanfällen ein bisserl nachgeholfen hat, wird von denen wenigstens keine mehr auf die Idee kommen, dass er der große Pott ist, mit dem man ein Fass Freibier gewinnen könnte, sobald man ihn an die depperte Bundesregierung verraten hat, „also gehet hin in Frieden!“, und hoppala, plus 48,1 ° im Schatten.
„Hast du ein Bier für mich?“, hört er auf einmal einen Siechen aus einer schattenspendenden Mauerspalte heraus fragen, wo er es sich neben den Eidechsen und Skorpionen leidlich gemütlich eingerichtet hat, während von irgendwoher die Flüchtlingsfamilie Bolivár mit ihrem immer dynamischer werdenden Gesang zu hören ist. Als der Sieche merkt, dass der Biermösel ein Guter ist und ganz ordentlich nach Bier stinkt, traut er sich aus seinem Verschlag heraus und kommt langsam auf ihn herzugekrochen, dann streckt er langsam die Zunge heraus wie der Betbruder, wenn es ihn nach der Oblatte verlangt, und sagt: „Bitte.“
„Bier hab ich leider keines“, muss ihn der Biermösel zunächst enttäuschen, „aber ich bin eines.“
So ungefähr muss sich der Herr Jesus Christus gefühlt haben, als ihm ein rätselhaftes „Ich bin, der ich bin“ herausgerutscht ist und ihm dann alle nachgerannt sind. Und weil der Biermösel schon dabei ist, sich wie der Erlöser zu fühlen, beugt er sich auch gleich zu dem Siechen hinunter und lässt ihn von seiner Schaumkrone kosten, gütig und großzügig.
Seine Güte und Großzügigkeit lockt dann nach und nach alle Vergessenen und Weggesperrten aus ihren Löchern heraus, die schon lange keine Sonne mehr gesehen und noch länger kein Bier mehr gesoffen haben, der verführerische Geruch seiner Ausdünstungen lässt sie alle Angst überwinden und bündelt die letzten Reste an Lebenskraft in ihren müden Knochen, sie sammeln sich um ihn herum wie die Elenden um den Erlöser. Und als der Biermösel sich dann sogar demütig niederkniet, damit sie mit ihren gierigen Zungen besser an die nie versiegende Schaumkrone auf seinem Dickschädel herankommen, mischt sich unter das Nass seiner Bierströme das Nass ihrer Tränen, und den Biermösel täte es gar nicht mehr wundern, wenn jetzt auch noch die Engerl zum Singen anfangen, wie sie das im Jesus-Film immer tun, weil sie ihn auf einmal „Meister!“ nennen und ihn mit dem Jesus Christus verwechseln, welcher ein wirklicher Erlöser war, während der Biermösel doch der Zerstörer selbst ist.
Aber am Ende vom Leben sind die Leute jedem dankbar, der ihnen ein Bier auftischt, da ist es ihnen ganz wurscht, ob einer Jesus heißt oder Biermösel, ob er ein Erlöser ist oder ein Zerstörer, Hauptsache gut eingeschenkt, „prost, meine Herren!“
Je weiter der Biermösel dann auf der Suche nach dem Alten in die Hölle vordringt, vorbei an den gestapelten Müllsäcken und dem herumliegenden anderen Dreck, desto klarer erkennt er, dass das ganze Elend der Siechen gar nicht in seinem Darm gewachsen ist, die meisten von ihnen sind jedenfalls schon vorher verhungert und gar nicht verdurstet. Die depperte Bundesregierung hat den Elenden schon den Geldhahn zugedreht, lange bevor er zum Erderwärmen überhaupt angefangen hat. Lieber als ein bisserl Futter für die Siechen der Heimat haben sie Rotwein und Jazzplatten für sich gekauft und
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