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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Einflüsterer soll er folgen? Action? Bremsen? Action! Bremsen!
    So geht das die halbe Strecke dahin, bis er dann doch endlich die Freude am Fahrgefühl über den Schutz vom neu gewonnen Reichtum stellt. Er platziert einfach den hinterhältigen Ellenbogencheck gegen die Fettleber von der Roswitha, sodass sie nach hinten kippt („Action!“) und sich ein paarmal ganz furchtbar überschlägt („Pass auf!“). Wenn er es sich nämlich genau überlegt, hat sie das Bargeld sowieso in seine Satteltaschen gesteckt, und sie wird mit dem ganzen anderen Zeug ihr Auslangen finden. Außerdem wäre er am liebsten sowieso als Einzelkind aufgewachsen, denkt er sich jetzt, weder ein kleiner Bruder noch eine kleine Schwester können ihn so recht überzeugen, einzig auf den Joe als treuen Freund hält er neuerdings große Stücke, freilich nur auf den, der nicht die Quetschenharmonika spielt.
    Wieder ganz alleine auf seiner Fips, so wie er es seit Jahren und Jahrzehnten gewohnt ist, bei Wind und Regen, bei Hagel und Schnee, geht es dann auch bei der sengenden Hitze wieder ganz flott dahin. Der Joe als Einflüsterer lässt ihn die Fips in den letzten Serpentinen wieder weit über die erlaubte Höchstgeschwindigkeit hinausbeschleunigen und sich mit Karacho in die Wälder hineinkatapultieren – Holladödilliö!“ –, wo der Biermösel dann endlich doch noch die verdiente Aufmerksamkeit und Anerkennung für sein zerstörerisches Werk erntet und durch die Stahlgewitter rasen darf, nach denen er sich so gesehnt hat, seit er „Jason Castelli in den Stahlgewittern Südkongoliens“ gelesen hat.
    Je weiter und schneller der Joe den Biermösel dann nämlich durch die Straße der Sieger treibt, desto lauter vernimmt er dort das Propagandageschrei der depperten Bundesregierung, die jetzt nicht mehr nur die Visage vom Chef vom Ganzen plakatiert, sondern auch – Überraschung! – Fotos von ihm respektive von seinem einmalig weißen Arsch samt den falschen Versprechungen auf ein kühles Fass Freibier, das der Chef vom Ganzen persönlich demjenigen vorbeibringen wird, der ihm den Kopf vom „skrupellosen Bierdieb“ bringt, den abgeschnittenen oder noch montierten Schädel vom Herzlosen Herzbuben – DEAD OR ALIVE!
    Hast du keinen äußeren Feind, dann nimm dir einen von innen! So viel Jason Castelli hat der Biermösel längst gelesen, damit er versteht, wie das bei den Drecksregimen in den Bananenrepubliken funktioniert. Schon sieht er voll Freude den Belagerungsring, den sie um ihn herum aufbauen werden, und er hört die schweren Geschütze gegen sich auffahren und die Kugeln um seine Ohren pfeifen, die sie von den Anhöhen her­unter aus ihren Bleispritzen gegen ihn abfeuern werden – was kann sich ein Mensch Schöneres wünschen, der nicht gerade in Las Vegas aufgewachsen ist?
    Vor Aufregung hüpft der Biermösel furzend auf seiner Fips auf und ab und treibt es mit seiner Erderwärmung immer noch bunter. Aber gerade in dieser einmaligen Stunde, wo die ganze Welt auf ihn schielt, ist er ganz alleine. Keine Mutti nirgends, die ihn vor Freude zwischen ihre Milchsäcke nimmt und fest an sich drückt, keine Schwester, die ihm zur Feier des Tages alles zum Arsch trägt, noch nicht einmal sein alter Freund Grasmuck, der mit ihm ein paar Runden auf dem Moped drehen und dabei ein paar Übermütige fahren lassen könnte so wie früher. Gibt es denn überhaupt niemanden, mit dem er die Freude über sein gelungenes Vernichtungswerk teilen könnte, keinen, der ihn anschauen und zustimmend mit dem Kopf nicken würde als Zeichen seiner Anerkennung. Nur dieser eine, der ihm verzweifelt aus dem glühenden Asphalt heraus zuwinkt und zujubelt, mit seiner Sexmaske aus Gummi auf dem Schädel, die sich bald mit dem Asphalt vermischt, so heiß ist es.
    „Sag einmal, Bürgermeister, wie viele schwarze Sexmasken hast denn du eigentlich?“
    „Viele!“
    „Und was machst du da mit deiner Sexmaske am Schädel?“
    „Ich hab die Gemeindekasse ordnungsgemäß abgerechnet, das, was mir monatlich übrig bleibt, noch dazugelegt, und den Überschuss an die armen Kinder verteilt, aber auf dem Rückweg von meinen guten Taten bin ich hier zum Liegen gekommen, ich schwöre!“
    „Und was machst du wirklich? Gestehe!“
    Dann erzählt er, dass er beim Ferdl oben am Gebirgskamm war, bei dem er ja Gesangsstunden nimmt wegen der erhofften Katapultierung in den Humtata-Olymp.
    „Aber dann muss ich sehen, dass der gar keiner von uns ist, sondern fast ein Franzose, dass er

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