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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ging an mir vorüber, und eine Ähnlichkeit verleitete mich, ihn mit einem anderen zu verwechseln.“
    In diesem Augenblick tänzelte der Changeur an ihnen vorüber und zum Tor hinaus. Er pfiff ein Liedchen vor sich hin, schien sich gar nicht um sie zu kümmern, kam aber nach zwei Augenblicken wieder bis an das Tor zurück und sagte:
    „Heda, Alter! Wenn jemand nach mir fragen sollte, ich bin fort!“
    „Sehr wohl, Monsieur Fredoq!“
    Keiner hatte den Passierenden erkannt. Auch seine Stimme hatte infolge der Kieselsteinchen anders geklungen. Als er verschwunden war, meinte der Hausmann zu dem scheinbaren Polizisten:
    „Das war der Statist. Heda, Alter! ruft er mich. Wie freundlich dagegen dieser brave Monsieur Valley grüßt!“
    „Nicht ein jeder hat die gleiche Bildung, mein Lieber“, antwortete Brecheisen. „Nehmen Sie meinen Dank für Ihre freundliche Auskunft. Gute Nacht!“
    „Gute Nacht!“
    Der Einbrecher begab sich nach der Taverne zurück und setzte sich wieder bei seinen Genossen nieder. Der Wirt kam herbei, um seine Marke zurückzunehmen, und fragte:
    „Nun, was hast du erfahren?“
    „Daß wir ihm trauen können. Er kommt an jedem Abend regelmäßig nach Hause und geht erst bei Dämmerung des nächsten Tages wieder aus. Das könnte er nicht, wenn er ein Polizist wäre. Er hält sich ganz einsam, und ich denke, daß er diese Abgeschiedenheit zur Anfertigung seiner gefälschten Dokumente benutzt.“
    „Wenn das so ist, so habe ich mich allerdings in ihm geirrt. Aber macht, daß ihr mit eurem Absinth fertig werdet. Es wird bald Zeit, euch anzukleiden und euch auf eure Posten zu begeben!“
    Unterdessen war der Changeur bis nach dem nächsten Halteplatz der Fiaker gegangen.
    „Nach der großen Oper!“ befahl er, in einen der Wagen steigend, der sich sofort mit ihm in Bewegung setzte.
    Er fuhr die Straßen des Faubourg Saint Denis hinab, bog dann rechts in die Boulevards Bonne Nouvelle, Poissonnière und Montmartre ein und hielt nun vor der großen Oper, welche sich mit der anderen Seite an die Straße Le pelletier lehnte und später, im Oktober 1873 leider vom Feuer zerstört wurde. Sie fand ihre Auferstehung in prächtiger Form am Boulevards des Capucines.
    Nachdem er ausgestiegen war, den Kutscher bezahlt hatte und nun in das berühmte Gebäude trat, hatte er eine ganz andere Haltung angenommen als vorher dem Hausmann gegenüber. Der Kutscher hatte gar nicht bemerkt, welch eine Verwandlung mit seinem Fahrgast vorgegangen war. Dieser hatte nämlich die Perücke und den Vollbart wieder abgenommen.
    Welchen Eindruck machte er jetzt gegen vorher, da er in der Bluse bei der Kellnerin gesessen hatte! Das feine Habit stand ihm ausgezeichnet. Er glich in seinem gemessenen, vornehmen Wesen ganz einem Mann, der sich bewußt ist, den bevorzugten Kreisen der Aristokratie anzugehören.
    Im Inneren des Musentempels angekommen, bemerkte er, daß Zwischenakt sei, und begab sich sogleich nach dem Foyer. Dieses machte einen blendenden Eindruck. Zwischen reichbesetzen Buffets wandelten Herren und Damen, oder sie standen in Gruppen beisammen, um miteinander zu plaudern.
    Sein Auge sah forschend umher, und dann flog ein Lächeln des Glücks und der Befriedigung über sein schönes Antlitz. Er hatte gefunden, was er suchte. Zwei Damen standen in einem lebhaften Gespräch beisammen, eine ältere und eine junge. Von der ersteren war weiter nichts zu sagen, als daß sie ein sehr vornehmes Aussehen hatte; bei der jüngeren aber mußte jeder Blick, der auf sie fiel, verweilen.
    Sie war von Mittelgröße, eine echte Französin, dunkelblond und von Eleganz umflossen. Das dunkel rosenfarbige Seidenkleid, in eine schwere Schleppe auslaufend, schmiegte sich so eng um die Taille, daß man, mit dem Auge von den runden, vollen Hüften abgleitend, eine so seltene Schlankheit geradezu bewundern mußte, zumal der Oberkörper sich dann zu einer beinahe üppigen, entzückenden Büste aufbaute. An Brust und Schultern ging der seidene Stoll in kostbare Spitzen über, deren durchbrochenes Muster einen göttlichen Busen und einen schneeweißen Nacken hindurchschimmern ließen. Dieselben Spitzen drapierten sich in leichten Falten von der Achsel hernieder. Aus ihnen glänzten zwei Arme hervor, wie sie Canova nicht herrlicher hätte meißeln können. Fleischig und doch den Regeln der Schönheit über alle Beschreibung entsprechend, zeigten sie am Ellbogen die seltene Zierde eines Grübchens, welches sinnberückend wirkte, und gingen dann

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