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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Übrigens muß ich Ihnen sagen, daß auch ich höchst zornig auf Sie bin.“
    „Ah! Warum?“
    „Sagen Sie, wollen Sie heiraten?“
    Er war ganz verblüfft über diese Frage. Diese hatte er keinesfalls erwartet. Es fiel ihm in der Schnelligkeit keine andere Antwort ein, als:
    „Natürlich werde ich einmal heiraten.“
    „Aber wann?“
    „Zum Teufel“, dachte er bei sich im Inneren; „wozu diese nüchternen Fragen!“ Laut jedoch antwortete er ebenso nüchtern:
    „Sobald mein Beruf und die Verhältnisse es erlauben, Mademoiselle.“
    „So haben Sie also mit Ihrem Beruf und mit den Verhältnissen zu rechnen?“
    „Leider!“
    „O weh. Ich beklage ein jedes Herz, welches zu rechnen hat!“
    „Beklagen Sie auch das meinige?“
    „Vielleicht mehr als jedes andere.“
    „Mehr? Wohl weil es umsonst rechnet und fühlt?“
    „Nein, sondern weil ich wünsche, daß es fühlen dürfe, ohne zu rechnen.“
    „Ja, die Damen hassen gewöhnlich das Rechnen.“
    „Ich nicht. Ich halte es für ein angenehmes Turnen des Geistes.“
    „Da möchte ich Sie bitten, mir beizustehen.“
    „Im Rechnen?“
    „Ja.“
    „Gut. Hier meine Hand. Wir wollen miteinander berechnen. Die Ansprüche Ihres Berufs und die Gunst oder Ungunst der Verhältnisse.“
    „Bis wie lange?“
    „Bis wir ein gutes Fazit erreichen.“
    „Und dieses Fazit heißt?“
    „Schon wieder ein Bär! Man darf nicht mit den Pranken dreinschlagen.“
    „Verzeihung. Aber ehe wir das Fazit erlangen, könnte das Irrlicht verlöschen.“
    „Oder doch zeigen, daß es kein Irrlicht, sondern ein Stern sei.“
    „Aber nicht für mich!“
    „Für wen sonst?“
    „Für einen anderen.“
    Sie waren während der wenigen Schritte, welche sie zu tun hatten, einige Male halten geblieben. Auch jetzt blieb Hedwig stehen und sagte:
    „Warum glauben Sie das?“
    „Weil es so die Natur des Irrlichtes ist.“
    „Aber es ist ja ein Stern, und Sie wissen, daß ein jeder Stern treu und unverdrossen um einen anderen kreist. Haben Sie denn nie Vertrauen?“
    „Mein Gott, wer kann Vertrauen haben, wenn man nie ein Wort hört, welches so ernst ist, daß man darauf bauen könnte.“
    Da trat sie ganz nahe zu ihm heran, ergriff seine Hand und sagte:
    „Ist Hedwig ein Wort?“
    „Ja, ein Name.“
    „Bauen Sie auf dieses Wort. Ein besseres, festeres und sicheres kann ich Ihnen nicht sagen.“
    Dann trat sie von ihm hinweg und begab sich nach dem Fenster, an welchem Ida mit Gebhard gestanden hatte, und zwar so vertieft in ihre Unterhaltung, daß sie auf Hedwig und Kunz gar keine Aufmerksamkeit gerichtet hatte.
    Als Hedwig nach der Entfernung der Gräfin sich vom Stuhl erhoben hatte, um an das Piano zu treten, hatte sich Ida dem Fenster genähert, wie um irgend etwas in einem dort stehenden Stickkörbchen zu suchen. Da Gebhard sich nun allein am Tisch befunden hatte, war er ihr langsam gefolgt. Sie hörte das Nahen seines leisen Schritts und wendete sich langsam zu ihm um.
    „Herr Lieutenant“, sagte sie, „glauben Sie, daß es mir erst in diesem Augenblick einfällt, daß ich beinahe einen Raub an Ihnen begangen hätte?“
    Er wußte, was sie meinte. Als die Gräfin das Bild seiner Mutter betrachtet gehabt, hatte sie dasselbe an Ida zurückgegeben. Das schöne Mädchen hatte es spielend in der Hand behalten; spielend hatte sie es im Laufe der Unterhaltungen an ihre eigene Uhrkette genestelt und später nicht wieder daran gedacht. Erst jetzt war es ihr wieder eingefallen.
    „Ja, einen Raub, einen großen Raub haben Sie an mir begangen“, antwortete er, indem er neben sie in die Fensternische trat, in welcher sie stand.
    Sie wurden beide von den Gardinen so verdeckt, daß sie von der Schwester und Goldberg gar nicht gesehen werden konnten.
    Bei dieser Antwort errötete Ida.
    „Ich habe es vergessen“, meinte sie verlegen, „hätte Tante nicht während des Soupers Ihre Gegenwart gewünscht, so wären Sie gegangen, und ich hätte das Kleinod zurückbehalten – ganz ohne Absicht.“
    „Ich wäre wiedergekommen und hätte es von Ihnen zurückerhalten“, antwortete er. „Aber Fräulein, ich meinte einen anderen Raub.“
    „Einen anderen? Ich habe keine Ahnung –!“
    Sie hatte mit gedämpfter Stimme gesprochen. War es infolge einer leisen Ahnung, trotzdem sie das Gegenteil behauptete?
    „Sie ahnen es nicht, Komtesse? Ahnungslosigkeit ist in vielen Fällen ein sehr beneidenswerter Zustand, und so will ich Ihnen denselben nicht stören.“
    „O nein, Monsieur“,

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