57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris
würde, wer der Täter ist.“
„Das mag man immerhin wissen, wenn wir nur das Geld haben.“
„Nein. So unvorsichtig wollen wir denn doch nicht sein! Man würde dir sofort nachforschen und könnte leicht auf deine Spur kommen. Dann bist du verraten und verloren, und wir sind es mit dir. Nein, du mußt bleiben.“
„Da wird man auch bei mir suchen und das Geld finden. Das ist doch dumm und noch viel schlimmer als das andere.“
„Sei nicht blödsinnig! Das Geld bleibt nicht bei dir liegen, sondern du bringst er mir hierher, und ich schaffe es sofort in Sicherheit.“
„Ah, nicht übel.“
Wäre es Tag gewesen, so hätte der Kapitän über das Gesicht, welches Henry dabei machte, erschrecken können. So aber meinte er:
„Nicht wahr, nicht übel?“
„Ja, allerdings.“
„Man wird den Verlust bemerken und alles durchsuchen, aber nichts finden. Der Diebstahl wird in das tiefste Dunkel gehüllt bleiben, und du reist dann ruhig ab.“
„Das wird mir nicht gut möglich sein.“
„Wieso?“
„Man wird, da ich fremd bin, nach meinen Verhältnissen forschen und entdecken, daß ich gar nicht der Herr de Lormelle bin. Dann bin ich verloren.“
„Wie könnte man das entdecken? Die Papiere, welche dir Graf Rallion gegeben hat, sind gut.“
„Ja, aber wie nun, wenn man an Gebhard von Königsau telegraphiert, ob es wahr ist, daß wir uns in Algier getroffen haben und daß ich sein Freund bin?“
„Das wird man nicht.“
„Man wird es, gerade so wie man an ihn telegraphiert hat, ob er dem Verkauf der Güter seine Beistimmung erteilt.“
„Du besitzt als sein Freund das Vertrauen der Seinigen.“
„Aber nicht das Vertrauen der Polizei, welche jeden Schloßbewohner scharf in das Auge nehmen wird, mich also auch.“
„Ich werde dich benachrichtigen, sobald man telegraphiert.“
Diese beiden Männer durchschauten sich; ein jeder von ihnen wollte den anderen betrügen. Henry war heute der Klügere. Er beschloß, den Kapitän sicher zu machen.
„Werden Sie das erfahren?“ fragte er.
„Ja. Ich werde genau beobachten.“
„Nun, wenn das ist, so denke ich allerdings, daß Ihre Ansicht die richtige ist. Ich lade keinen Verdacht auf mich, brauche nicht zu fliehen und kann jederzeit in mein Vaterland zurück.“
„Gut, daß du das einsiehst. Das sind Vorteile, welche man nicht genug berücksichtigen kann.“
„Wo aber treffe ich Sie dann später?“
„Es ist gar nicht nötig, dir einen Ort dazu anzugeben.“
„Ah! Wieso?“
„Graf Rallion kauft diesem Smirnoff alles ab und tritt sodann als Besitzer auf. Du brauchst also gar nicht nach ihm und mir zu suchen. Verstanden?“
„Das ist nun allerdings zu verstehen.“
„Gut also. Wann bringst du das Geld herunter?“
„Das kann ich jetzt unmöglich wissen. Ich muß den geeigneten Augenblick abwarten.“
„Wo ist der Koffer?“
„Im Zimmer des Alten.“
„Die Nachschlüssel hast du jedenfalls probiert?“
„Ja, sie passen. Aber sehen Sie da oben die beiden erleuchteten Eckfenster?“
„Ich sehe sie. Was ist mit ihnen?“
„Das ist das Zimmer des Alten. Die Kinder sind mit der Gouvernante darin, und ich muß warten, bis sie fort sind.“
Das war eine Lüge. Das Zimmer Hugos lag auf der anderen Seite der Vorderfront.
„Das ist unangenehm“, meinte der Kapitän. „Ich werde wohl lange warten müssen.“
„Hoffentlich nicht so sehr lange. Übrigens wenn es sich um eine solche Summe handelt, so ist es nicht zu viel verlangt, sich ein wenig in Geduld zu fassen.“
„Predige keine Moral, Spitzbube, sondern gehe jetzt. Ich lege mich hier in das Gras und bin bei deiner Geschicklichkeit überzeugt, daß alles gelingen wird. Gib dir Mühe.“
„Das versteht sich von selbst.“
Henry ging. Der Kapitän streckte sich auf den Boden nieder und vertrieb sich die Langeweile, welche allerdings nicht ohne Spannung war, damit, daß er an seinem Schnurrbart herumkaute.
„Ein dummer Kerl, dieser Henry!“ dachte er. „Er ahnt gar nicht, daß er von dem Geld nicht einen Heller erhalten wird. Er muß froh sein, unerwischt davonzukommen. Habe ich erst den Koffer, so hat er auch etwas, nämlich das Nachsehen. Und diese guten Königsaus sind dann ruiniert fürs ganze Leben. Da oben befindet sich meine liebe, gute Schwester Margot, die letzte Liebe Napoleons. Wenn sie wüßte, daß ich hier unten liege und auf ihr Geld lauere! Ihre Verwandten wissen nichts davon, aber ich habe doch erfahren, daß ihr Arzt von einem Leiden gesprochen hat,
Weitere Kostenlose Bücher