57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris
eine Macht, und ich wünschte, daß ich mich im Besitz derselben befände.“
„Das wird bald der Fall sein. Wir werden den zweiten Teil unseres Geschäfts in Berlin zum Abschluß bringen; das ist dort ja ebensogut möglich wie hier. Ich halte es überhaupt für besser und klüger, es dort zu tun statt hier. Wir reisen zusammen. Sind wir fertig, erhalten Sie beide Ihr Salär.“
Dieses schnelle Abreisen war auch vorher zwischen ihm und dem Kapitän, welcher schleunigst nachkommen wollte, verabredet. Sie hatten sogar ein Wirtshaus geringeren Ranges als Rendezvous bestimmt, obgleich beide in besseren Hotels absteigen wollten.
Nach diesem Gasthaus begab sich Rallion bereits am zweiten Tag nach seiner Ankunft und erkundigte sich dort nach Richemonte, der hier natürlich einen anderen Namen trug. Er war angekommen. Rallion ließ sich die Nummer des Zimmers nennen und begab sich zu ihm.
„Endlich“, rief der Kapitän. „Mir ist die Zeit bis zu Ihrem Eintreffen unendlich lang geworden.“
„Wieso? Hatten Sie keine Beschäftigung?“
„Ah pah! Was hätte ich tun sollen?“
„Geld zählen!“
„Fällt mir doch ganz und gar nicht ein!“
„Warum nicht?“
„Aus Vorsicht.“
„Ah, so! Ich befürchtete bereits, zu hören, daß Sie kein Geld zählen könnten, weil keins vorhanden sei.“
„Sie glaubten, der Coup sei nicht gelungen?“
„Das war doch immerhin möglich. Also Henry hat seine Schuldigkeit getan?“
„Er hat alles ausgezeichnet gemacht.“
„Gut, aber bekommen wird er nichts. Das soll die Strafe sein für seine früheren Spitzbübereien. Sind Sie mit dem Koffer vorsichtig gewesen?“
„Ja. Ich habe ihn in einen Korb gepackt und diesen als Behälter von Mineralien deklariert.“
„Das ist klug gehandelt. Wo ist er?“
„Hier.“
Er zog den Korb unter dem Bett hervor, zerschnitt die Stricke und öffnete ihn. Er enthielt Steine und das Köfferchen, welches von beiden mit liebevollen Blicken beäugelt wurde.
„Eine Mineralienprobe!“ lachte der Graf. „Köstlicher Gedanke! Jedenfalls wird nach diesem Koffer bereits geforscht. Das Geld nehmen wir, die Mineralien aber füllen wir hinein und senden ihn dann der Polizei. Überhaupt ist der ganze Coup ein wahres Meisterstück Ihrer Spitzfindigkeit, Kapitän. Zwei Rittergüter kaufen und bar bezahlen, das Geld aber sich sofort wieder zurückstehlen, das ist grandios! Aber, öffnen Sie!“
„Der Schlüssel fehlt leider.“
„Warum?“
„Henry hat ihn jedenfalls nicht vorgefunden. Königsau wird ihn zu sich gesteckt haben.“
„So müssen wir uns nach Werkzeugen umsehen.“
„Ich habe bereits Hammer und Meißel besorgt. Ich werde öffnen.“
Das Köfferchen war nicht so außerordentlich stark gebaut, daß es lange Widerstand hätte leisten können. Der Deckel sprang bereits nach einigen Schlägen auf. Die Augen der beiden Männer fielen neugierig auf den Inhalt.
„Was ist das?“ fragte der Graf. „Laub!“
„Und ein Zettel darüber“, fügte der Kapitän hinzu. „Dieser Königsau ist doch ein eigener Kauz, das Geld mit Laub zu bedecken. Diese Deutschen sind überhaupt alle halbverrückte Kerls. Was mag auf dem Zettel stehen?“
„Jedenfalls hat er sich die Nummern der Wertpapiere aufgezeichnet und dieses Verzeichnis mit zum Geld gelegt. Wie unsinnig! Nun ist das Geld mitsamt dem Verzeichnis fort, und es wird ihm unmöglich sein, der Polizei die Nummern anzugeben. Wir brauchen uns mit der Ausgabe dieses Geldes gar nicht zu genieren.“
Der Kapitän hatte den Zettel ergriffen und warf einen Blick darauf. Seine Augen wurden weit, und er ließ ein Schnaufen hören, wie ein Tier, welches in Zorn geraten ist.
„Himmel und Hölle!“ rief er. „Mir scheint allerdings, daß wir uns mit der Ausgabe ganz und gar nicht zu genieren brauchen!“
„Nicht wahr?“
„Ja, und zwar, weil wir es gar nicht ausgeben können!“
„Nicht? Warum? Was haben Sie? Was ist mit Ihnen?“
„Wir können es nicht ausgeben, weil wir es nicht haben.“
Der Graf blickte ihn bestürzt an.
„Wir haben es nicht? Das ist ja der Koffer, in welchem es sich befand“, meinte er.
„Ja.“
„Aber was steht da auf dem Zettel?“
„Da, lesen Sie selbst.“
Der Graf nahm den Zettel und las laut die Worte:
„Seinem lieben Freund und Kollegen Richemonte zum Andenken an den Schatz, nach welchem ihm umsonst der Mund gewässert hat.
Henry de Lormelle.“
Er blickte den Kapitän wie ratlos an. Dieser meinte:
„Das ist sehr deutlich. Oder
Weitere Kostenlose Bücher