59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
ah“, dehnte der General. „Darum, darum Ihre wiederholten Siege.“
„Nicht nur darum, Exzellenz. Ich folgte dem Befehl und tat meine Pflicht. Wollen Sie mir zürnen?“
„Nein. Ich heiße Sie vielmehr als meinen Retter willkommen. Hier, meine Hand!“
Sie schüttelten sich die Hände; dann trat der Rittmeister zu Ella, machte ihr sein Honneur und fragte:
„Gnädiges Fräulein, werden Sie weniger nachsichtig sein als Exzellenz?“
Sie erglühte bis in den Nacken hinab, reichte ihm die Hand und antwortete:
„Graf, Sie haben uns aus einer bösen Lage befreit. Ich werde es Ihnen nie vergessen. Ich wiederhole, was ich bereits sagte: Sie sind zu unserem Retter prädestiniert. Oder, sagtest du das nicht, liebe Marion?“
Diese verbeugte sich vor dem Rittmeister und antwortete:
„Ich glaube. Ich habe ja auch so einen Retter, welcher sicher erscheint, sobald ich mich in Gefahr befinde.“
Da trat der Premier ein und meldete:
„Zweiundsechzig Gefangene, darunter dreißig Verwundete. Wohin damit?“
„Hinunter in die Keller einstweilen.“
Er stellte den Oberlieutenant vor, bat um Entschuldigung und begab sich mit ihm und dem Wachtmeister hinab, während oben natürlich die lebhaftesten Ausdrücke des Erstaunens gewechselt wurden.
Dann stand Ella neben Marion am Fenster und flüsterte ihr zu:
„Ist das nicht ein Wunder, liebe Marion?“
„Ein großes Wunder und ein noch größeres Glück; denn er liebt dich, wie du ihn liebst.“
Ella errötete und sagte, um die Verlegenheit zu überwinden:
„Nun sollte der – weißt du, wen ich meine – auch Offizier sein, Marion!“
„Unmöglich!“
„Warum nicht?“
„Ich habe ihn dir ja beschrieben: seine Gestalt!“
„Ah, ja! Verzeih! Ich wollte dir nicht wehtun! Lieber will ich dir wünschen, daß dein Ideal zur Wahrheit werden möge. Du hast es ja gesehen, in Sachsen.“
„Mädchenphantasie! Ich sage dir, daß ich diesen armen Doktor mehr liebe, als ich den Offizier geliebt hätte. Werde du Gräfin Hohenthal; ich begnüge mich mit dem einfachen Namen – Frau Müller!“
„Famoser Offizier!“ sagte jetzt der am anderen Fenster stehende General. „Seht, wie er Vorposten ausstellt und Streifpatrouillen entsendet! Ja, diese Deutschen verstehen sich auf den Dienst. Also ein Graf? Wer hätte das gedacht! Hm! Ich muß hinab zu ihm, der Gefangenen wegen. Die werden das in ihrem Leben nicht wieder machen.“
Und als er fort war, wendete Marion sich an Alice:
„Aber, liebes Kind, nun ist er ja auf einmal ein Deutscher!“
Die Angeredete wurde nicht verlegen. Sie deutete zum Fenster hinaus und sagte:
„Mademoiselle haben gesehen, was die Deutschen können! Sie gewinnen Schlacht auf Schlacht und retten uns aus jeder Gefahr, in welche wir durch unsere Landsleute gebracht werden.“
„Sie haben recht, liebe Alice. Auch Ihr Martin ist ein ganzer Mann. Er nannte sich Tannert. Wenn Sie Frau Tannert sind, werden wir uns vielleicht oft besuchen.“
„Und ich bin mit dabei“, meinte Ella. „Jetzt aber wollen wir uns daran erinnern, daß wir Wirtinnen sind. Sehen wir also nach, was diese häßlichen Franctireurs für unsere lieben Gäste übriggelassen haben.“
Als nach einiger Zeit Hohenthal mit seinen Offizieren zur gräflichen Tafel geladen wurde, erklärte er zwar, daß er eigentlich nicht Zeit dazu habe, da er zurück müsse, aber er ließ sich doch bewegen, noch zu bleiben.
Kaum aber hatte man sich gesetzt und zu speisen begonnen, so hörte man unten den galoppierenden Hufschlag eines Pferdes, und gleich darauf trat ein Unteroffizier ein.
„Verzeihung, Herr Rittmeister“, sagte er. „Französische Kavallerie im Anzug!“
„Aus welcher Richtung?“ fragte er ganz unbefangen.
„Es scheint von Briecy her.“
„Wie weit von hier?“
„In zehn Minuten können sie hier sein.“
„Wie stark?“
„Zwei Schwadronen Gardekürassiere und eine Schwadron Gardedragoner!“
„Ah!“
Jetzt erhob er sich von seinem Stuhl. Der General mit all den Seinen war erbleicht. Sollte sein Retter einer so überlegenen Macht in die Hände fallen?
„Herr Rittmeister, ziehen Sie sich schleunigst zurück!“ sagte er. „Noch ist es Zeit. Die Truppen sind Ihnen an Zahl dreifach überlegen, und gar Gardekürrasiere!“
Wenn Hohenthal den Gedanken gehabt hatte, das Schloß zu verlassen, jetzt dachte er nicht mehr daran. Sollte er in Gegenwart der Heißgeliebten sich feig zeigen?
„Herr Premierlieutenant, was meinen Sie?“ fragte er.
„Ganz,
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