59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
erstaunt.
„Nein. Miß de Lissa ist eigentlich meine Schwester, Baronesse Emma von Königsau.“
Der Maler machte ein Gesicht wie eine Gans, wenn es wettert.
„Verdammt!“ entfuhr es ihm.
Alle lachten. Der Rittmeister fragte:
„Haben Sie etwas dagegen einzuwenden?“
„Hm! Wie lange bleibt sie denn Ihre Schwester?“
„Ich hoffe, für immer.“
„Das bezweifle ich. Bei dieser Dame wird kein Mensch klug, wer und was sie eigentlich ist. Heute halten Sie sie im Ernst für Ihre Schwester, und morgen stellt sich vielleicht heraus, daß sie die Tante von Ihrer Schwiegermutter ist. Ich bleibe zweifelhaft wie Pudding. Von jetzt an verliere ich die Gefühle meines Inneren nur an Damen, welche mittelst Geburts- und Impfschein nachgewiesen haben, wer sie sind. Eine andere hat nie wieder einen Fußfall von mir zu erwarten.“
Er lachte über sich selbst; die anderen stimmten ein, und der Rittmeister sagte zu seinem Vater:
„Trotz alledem ist Herr Schneffke ein sehr braver Mann, dem du übrigens sehr viel zu verdanken hast.“
„Wieso?“
„Er leidet an einer gewissen Art Fallsucht; er fällt sehr gern. Draußen im Wald stürzte er in ein Loch. Ich zog ihn heraus und fand dabei, daß dieses Loch zu dem unterirdischen Gang führte, in welchem du schmachtetest. Ohne ihn hätte ich dich schwerlich entdeckt.“
Gebhard von Königsau hielt dem Maler seine Hand hin und sagte:
„Ich danke Ihnen, mein wackerer Herr Schneffke! Geben Sie mir Gelegenheit, Ihnen für dieses Verdienst dankbar zu sein.“
„Diese Gelegenheit will ich Ihnen sogleich geben.“
„Nun?“
„Sprechen Sie nicht mehr von diesem Verdienst. Dies ist der beste Dank, den Sie spenden können. Übrigens kann ich mich mit dem stolzen Bewußtsein tragen, daß meine Fallsucht mir und anderen schon oft große Vorteile gebracht hat. Es versteht nicht ein jeder, wenn er fällt, gerade in das Glück zu fallen. Aber, nicht die Fallsucht führt mich zu ihnen, sondern Mademoiselle Marion schickt mich her.“
„Wohl zu mir?“ fragte der Rittmeister.
„Ja. Sie läßt nämlich den Herrn Doktor fragen, wann Sie sich zum Aufbruch fertigmachen soll.“
„Ich werde sofort nach dem Pferd sehen.“
Eine Viertelstunde später saß er auf dem Bock und fuhr Marion und Liama nach Ortry. Dort angekommen, übergab er dem Stallknecht die Zügel und begleitete die beiden Damen nach Marions Zimmer.
Die Erscheinung Liamas konnte nicht auffallen, da die Frau Doktor Bertrand ihr einen Regenmantel und Hut geliehen hatte.
Kaum waren sie in das Zimmer getreten, als ein Diener kam und meldete, daß die Frau Baronin das gnädige Fräulein bei sich erwarte.
„Ich bin beschäftigt“, antwortete Marion.
Der Diener ging, kehrte aber mit dem Befehl zurück, augenblicklich Folge zu leisten.
„Sagen Sie der Frau Baronin, daß sie mir nicht das geringste zu befehlen hat! Aber richten Sie das ja ganz wörtlich aus!“
Die Baronin wurde von der Dienerschaft gehaßt. Der Beauftragte richtete, um die stolze Frau zu ärgern, den Befehl sehr gern wörtlich aus. Sofort machte sie sich auf den Weg nach Marions Zimmer.
Diese hatte das vermutet und Liama gebeten, in das kleine Nebenkabinett zu treten, von welchem aus sie mit Müller die Entführung der Zofe beobachtet hatte.
„Was soll das heißen?“ fuhr die Baronin in das Zimmer. „Warum kamst du nicht?“
„Weil ich keine Zeit habe, wie ich sagen ließ.“
„Wenn ich befehle, hast du zu gehorchen!“
„Darauf habe ich dir sagen lassen, daß du mir nichts zu befehlen hast.“
„Also wirklich! Solche Frechheiten gestattest du dir!“
„Sei wählerischer in deinen Ausdrücken, sonst muß ich auf deine Entfernung dringen!“
„Was fällt dir ein – – – ah, wer ist denn das? Der Herr Doktor! Ich denke, Sie sind fort!“
„Wie Sie sehen, bin ich hier“, antwortete Müller ruhig.
„Was suchen Sie hier?“
„Die notwendige Bildung und Höflichkeit im Verhalten gegen andere!“
„Ah! Ist das etwa gegen mich gerichtet?“
„Jedenfalls.“
„Unverschämter! Entfernen Sie sich!“
Müller zuckte die Achsel.
„Ich befehle Ihnen, sich zu entfernen!“
„Sie haben auch mir nichts zu befehlen! Ich bin nicht mehr Ihr Hausgenosse.“
„Um so nachdrücklicher befehle ich Ihnen, zu gehen!“
„Ich habe nur auf den Wunsch des gnädigen Fräuleins zu hören!“
„Und ich bitte Sie herzlichst, zu bleiben, Herr Doktor!“ sagte Marion. Dann fuhr sie, zur Baronin gewendet, in kaltem Ton fort:
„Was
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