59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
werden könnte, vorher ab.“
„Hatte dieser Knabe denn etwas Derartiges bei sich?“
„Ja.“
„Was war es?“
„Ein Zahn.“
„Ein Zahn? Hm! Sonderbar! Ist dieser noch vorhanden?“
„Ich glaube, daß es noch möglich ist, ihn zu beschaffen.“
„Wirklich, wirklich?“ fragte der Rittmeister schnell.
„Ja.“
„Wer hat ihn?“
„Hm! Das möchte ich eigentlich nicht verraten.“
„Ich verstehe Sie. Es handelt sich um eine Belohnung.“
Der Bajazzo ließ ein verlegenes Lächeln sehen und sagte:
„Herr Rittmeister, Sie wären damals erfroren, wenn ich mich nicht Ihrer angenommen hätte.“
„Das mag wahr sein. Weiter?“
„Ich bin arm, sehr arm.“
„Gut! Ist also der Zahn noch da?“ fragte der Graf.
„Ich will ihn beschaffen, wenn der gnädige Herr bedenken wollen, daß ich jetzt in Not bin.“
Der Graf machte eine Bewegung der Ungeduld und fragte schließlich:
„Wieviel verlangen Sie?“
„Wieviel geben Sie?“
„Mann, das ist doch keine Sache, um welche man handeln und feilschen kann wie um einen Sack Kartoffeln. Sie haben den Knaben gefunden. Sie sind also jedenfalls selbst im Besitz dieses Zahns. Geben Sie ihn heraus, und ich garantiere Ihnen, daß Sie eine gute Belohnung erhalten werden.“
„Geben Sie mir Ihr Wort?“
„Ja doch, ja!“
„Nun gut. Ich will Ihnen vertrauen. Hier ist er.“
Er zog den Zahn nebst Kette hervor und gab ihn ihm. Die beiden anderen betrachteten den Gegenstand.
„Morbleu!“ rief der Graf. „Eine Grafenkrone.“
„Wahrhaftig!“ stimmte der Rittmeister bei. „Diesen Zahn habe ich an mir gehabt?“
„Ja, mit der Kette um den Hals.“
„Warum haben Sie beides damals nicht mit hergegeben?“
„Ich will aufrichtig sein. Ich dachte, später einmal zu einer Belohnung zu kommen.“
„Mensch, da haben Sie einen großen Fehler begangen. Wo wohnen Sie?“
Der Gefragte gab ihm eine Wohnung an, wie sie ihm grad einfiel.
„Sind Sie bereit, zu beschwören, daß ich es bin, den Sie damals gefunden haben?“
„Ja.“
„Und daß ich diesen Zahn an der Kette bei mir getragen habe?“
„Ja.“
„Ich werde mir Ihre Wohnung notieren und mich zur angegebenen Zeit an Sie wenden. Wie aber kommt es, daß Sie grad heute zu uns kommen?“
„Die Not – – – von der ich sprach.“
„Gut“, sagte der Graf. „Sie sollen nicht umsonst gekommen sein. Sie brauchen Geld?“
„Ja.“
„Wieviel?“
„Oh, sehr viel!“
„Ungefähr?“
„Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.“
Der Graf blickte ihn scharf an und sagte dann:
„Ich verstehe. Sie wollen uns das Geheimnis verkaufen. Wir sollen dafür so viel bezahlen, wie der Wert desselben für uns ist. Habe ich es erraten?“
„Ja, gnädiger Herr.“
Der Graf zog einen Kasten eines Schreibtisches auf, öffnete ein Päckchen und nahm eine Anzahl Banknoten heraus.
„Noch sind wir nicht Ihrer sicher“, sagte er. „Wir müssen erst sehen, wie diese Angelegenheit sich entwickelt. Ich gebe Ihnen jetzt tausend Francs. Später, wenn wir Klarheit haben, belohnen wir Sie nach Verdienst.“
Der Bajazzo bedankte sich und steckte die Noten ein.
„Haben Sie sonst noch eine Bemerkung?“ fragte der Graf.
„Nein.“
„So gehen Sie für heute. Wir werden Sie jedenfalls in allernächster Zeit aufsuchen.“
Er ging. Als er die Straße erreichte, brummte er vor sich hin:
„Verdammtes Pech! Wäre der Sohn nicht dagewesen, so hätte ich mit dem Alten handeln können. Lumpige tausend Franken! Ich wäre doch der größte Esel, wenn ich dem Vater Main nur einen Sou davon gäbe!“
Er wollte an der betreffenden Tür vorüber, wurde aber durch einen leisen Ruf angehalten.
„Pst! Bajazzo!“
Er blieb stehen. Da stand Vater Main vor ihm.
„Ich bin fertig. Komm!“ sagte er.
„Nein, nein!“ meinte der frühere Schankwirt. „Wir müssen aufpassen, ob man dir vielleicht nachgeht. Komm einige Augenblicke hier herein.“
Er zog ihn hinter die Tür und fragte:
„Wie ist es gegangen?“
„Schlecht!“
„Doch nicht!“
„Sehr schlecht sogar.“
„Hast du Geld?“
„Keine Centime.“
„Donnerwetter. So hast du doch nicht etwa den Löwenzahn hergegeben.“
„Leider doch.“
„Bist du verrückt?“
„Ich kann nichts dafür. Statt zum Alten wurde ich zum Jungen geführt. Er drohte mir gar mit Arretur. Ich habe mich herausgelogen. Ich sagte, daß ich ihn als Kind in den Ardennen gefunden hätte, mit dem Zahn an der Kette um den Hals. Sie sagten, es wäre eine
Weitere Kostenlose Bücher