6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben
tat ihr weh. Francesco hatte die Hand nach ihr ausgestreckt, und Celia hatte sie ergriffen, weil es sich gut und richtig angefühlt hatte. Ihr war durchaus klar gewesen, wie verrückt es war, etwas für einen Mann zu empfinden, den sie gerade erst kennengelernt hatte, aber sie hatte sich von ganzem Herzen und mit allen Sinnen nach ihm gesehnt.
Sie liebte Francesco so sehr, dass es beinahe schmerzte, und dennoch lief sie nach nur fünf Monaten vor ihm davon. Wie hatte das passieren können? Die Frage ging ihr immer wieder im Kopf herum, während sie die Unterwasserwelt erkundete.
Am Tag zuvor hatte sie in seiner Abwesenheit die gemeinsame Wohnung verlassen. Sie hatte ihm nur einen Zettel hingelegt, auf den sie mit großen Buchstaben geschrieben hatte: „Ich rufe dich später an. Celia.“
Sie hasste sich dafür, dass sie ihn getäuscht hatte, aber sie hatte keine andere Wahl. Sie musste ihn verlassen, sonst würde sie den Verstand verlieren.
2. KAPITEL
Der Vertrag war am nächsten Tag unterschrieben worden, und während der folgenden Woche hatte Celia mit Francescos Mitarbeitern einige Gespräche geführt. Aber kein einziges Mal hatte er selbst an einem der Meetings teilgenommen. Sie hatte sich schon damit abgefunden, ihm nie wieder zu begegnen, als es eines Abends an ihrer Wohnungstür läutete.
Sie ging zur Tür und knipste für den Besucher das Licht im Flur an.
„Wer ist da?“, rief sie durch die geschlossene Tür.
„Ich bin’s“, ertönte eine männliche Stimme.
Mehr brauchte er gar nicht zu sagen, seine Stimme würde sie immer und überall erkennen. Rasch öffnete sie die Tür und streckte die Hand aus.
Francesco ergriff sie und drückte sie fest. „Ich bin gekommen, weil …“, begann er und fing nach kurzem Zögern noch einmal an: „Also, wir müssen reden. Darf ich hereinkommen?“
Sie trat einen Schritt zur Seite. „Natürlich.“
Ohne ihre Hand loszulassen, schloss er die Tür hinter sich und blieb im Flur stehen, so als wüsste er nicht, was er als Nächstes tun solle.
„Ich bin etwas überrascht. Der Vertrag …“
„Vergessen Sie den Vertrag“, fiel er ihr heftig ins Wort. „Glauben Sie wirklich, ich sei deshalb hier? “ „Ich weiß schon seit einer Woche nicht mehr, was ich glauben soll“, flüsterte sie.
„Okay, ich verrate Ihnen etwas: Ich bin ein Feigling, der vor einer Frau davonläuft, die anders ist als alle anderen und eine Herausforderung für mich darstellt. Ich bin weggelaufen, weil ich Angst habe, dieser Frau nicht ebenbürtig zu sein. Ich weiß, dass ich sie enttäuschen werde, und bin der Meinung, sie ist besser dran ohne mich …“
„Sollte ich das nicht selbst entscheiden?“ Ihr Herz klopfte vor Freude wie wild.
Er hob ihre Hand an die Lippen. „Ich habe es nicht mehr ausgehalten, ich musste dich wiedersehen. Ich kann nicht mehr ohne dich sein.“
„Das musst du auch nicht“, erwiderte sie glücklich.
Seine Lippen schienen auf ihrer Hand zu brennen, heißes Verlangen durchströmte ihren Körper, und sie sehnte sich nach seiner Berührung. Schließlich umfasste sie sein Gesicht, und nachdem sie den ersten Schritt getan hatte und ihm entgegengekommen war, zögerte er nicht länger. Er presste die Lippen auf ihre und küsste sie leidenschaftlich.
Seit dem Abend im Restaurant hatte sie sich das gewünscht. Sie hatte seinen Worten gelauscht und versucht, sich seine Lippen auf ihren vorzustellen. Sie hatte sich ausgemalt, wie stürmisch, leidenschaftlich und zärtlich zugleich er sie küssen würde.
Und dann hatte sie sich die ganze Woche mit Träumen herumgequält, die ihr seinen nackten Körper vorgegaukelt hatten, seine Küsse, seine Zärtlichkeiten. Jetzt war er hier. Freude erfüllte sie, und ihr Körper sehnte sich nach ihm.
„Celia“, flüsterte er, „Celia …“
Nach kurzem Zögern führte sie ihn ins Schlafzimmer. Sie vergaß nicht, das Licht im Flur auszuknipsen, sodass auch Francesco sich im Dunkeln bewegen und er sich ganz auf sie verlassen musste. Vielleicht war es der reine Wahnsinn, sich Hals über Kopf in ein Liebesabenteuer zu stürzen, und es wäre sicher besser, vorsichtig zu sein und sich Zeit zu lassen. Aber sie warf ihre Bedenken über Bord; schließlich war sie jung und wollte ihr Leben genießen. Ihre Entscheidung war gefallen, und sie fühlte sich wie befreit.
Sanft ließ sie die Finger über sein Gesicht gleiten, erspürte seine Lippen, sein Kinn und die leicht gebogene Nase. Er war genau so, wie sie ihn sich
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