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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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an. Dann entfernte er sich.
    Der Baron versuchte möglichst unbefangen zu erscheinen. Er brannte sich eine Zigarre an, warf sich auf den Fauteuil und fragte:
    „Ich hoffe, daß ich nun den Grund Ihrer Aufmerksamkeit vernehmen werde, meine Herren?“
    „Augenblicklich noch nicht, Herr Baron. Der Gegenstand, den wir Ihnen vorzutragen haben, erfordert unbedingt die Anwesenheit auch Ihrer Frau Gemahlin!“
    „Meine Frau? Die Baronin soll kommen?“ fragte er mehr erstaunt als erzürnt.
    „Wir bitten darum!“
    „Ah! Das ist stark! Früh fünf Uhr eine Audienz! Und dazu soll die Baronin von Helfenstein geweckt werden!“
    „Wir müssen leider auf unserem Wunsch bestehen!“
    „Bestehen? Ah, ich dachte, hier könnte nur von einer Bitte die Rede sein, meine Herren!“
    „Wir sind nicht Supplikanten, sondern Beamte!“
    „Alle Teufel! Das klingt ja wie eine Drohung!“
    „Hören Sie wirklich eine solche heraus? Ich will Ihnen nicht widersprechen.“
    Der Baron stand auf. Er war leichenblaß geworden. Er trat auf den Fürsten zu und sagte:
    „Herr, wer sind Sie, daß Sie es wagen, in einem solchen Ton zu mir zu sprechen?“
    „Ich habe mich als Beamter der Polizei legitimiert!“
    „Aber welchen Grad bekleiden Sie? Übrigens kann ein solches Legitimationsabzeichen auch in die Hände eines Spitzbuben gelangen. Ich verlange, daß Sie sich genügender legitimieren.“
    Der Fürst hatte einen Todfeind vor sich, den Mörder seines Glücks und seiner Jugendhoffnungen. Dennoch ließ er sich nicht vom Zorn hinreißen, sondern er antwortete ruhig:
    „Ich ersuche Sie um ihretwillen, keine andere Legitimation zu verlangen. Ich gestehe Ihnen offen, daß mein Besuch bei Ihnen jetzt noch ein privater ist. Bestehen Sie aber auf Ihrem Verlangen, nun, dann werden Sie die Folgen tragen!“
    Der Baron wußte nicht, was er sagen sollte. Sein Gewissen klagte ihn zwar an; aber sein Stolz bäumte sich gegen das Auftreten dieser drei Männer auf.
    „Sie bestehen also darauf, meine Frau zu sprechen?“ fragte er.
    „Ja.“
    „Gut! Warten Sie! Ich werde sie selbst wecken. Aber ich sage Ihnen zugleich, daß ich mich nur Ihrem amtlichen Charakter beuge und daß ich mir noch im Laufe des heutigen Tages Satisfaktion verschaffen werde. Ich würde Sie unbedingt fortweisen, wenn dies nicht als Widerstand gegen die Staatsgewalt strafbare wäre.“
    „Wir sind Ihnen zu jeder Satisfaktion bereit, bitten Sie aber nochmals, uns die Gegenwart der Frau Baronin zu ermöglichen, da wir auf dieselbe nicht verzichten dürfen.“
    „Warten Sie!“
    Er ging.
    Ella von Helfenstein hatte sich eingeschlossen. Sie erwachte, als sie klopfen hörte. Als der Baron seinen Namen nannte, war sie gar nicht verwundert, daß er sie weckte. Sie nahm an, daß sein Unternehmen geglückt sei, und die Freude darüber sollte sie nun nicht verschlafen, sondern mit ihm teilen.
    Ihr Nachtlicht brannte. Sie warf schnell ein Negligé über und öffnete. Sie war reizend; er beachtete es gar nicht.
    „Nun? Gelungen?“ fragte sie.
    „Ja, vollständig!“
    „Gott sei Dank!“
    „Unsinn! Dankt diese Frau Gott für einen gelungenen Einbruch! Wer sollte das für möglich halten. Also, es ist gelungen, und die Schätze befinden sich in Sicherheit. Aber nun – denke dir! – Ich komme aus dem Kasino heim und finde am Tor drei Polizisten, welche mich erwartet haben, weil sie mit mir und dir zu sprechen wünschen!“
    Ihre Augen wurden größer als vorher.
    „Ist das möglich?“ sagte sie.
    „Man sollte es nicht denken! Früh fünf Uhr!“
    „Du hast sie doch abgewiesen?“
    „Ich versuchte es, aber es gelang mir nicht. Sie befinden sich jetzt in meinem Zimmer.“
    „Das ist mir völlig unverständlich!“
    „Mir ebenso!“
    „Wie treten sie denn auf?“
    „Sie bitten nicht, sondern sie fordern auch deine Gegenwart.“
    „Mein Gott! Sollte man eine Ahnung haben, daß du –“
    „Papperlapapp! Damit hat dieser Besuch nichts zu schaffen. Der Streich ist gelungen. Jedenfalls weiß nicht einmal der Fürst, daß er bestohlen ist. Es handelt sich um etwas ganz anderes.“
    „Aber hast du denn eine Idee, wovon?“
    „Nein. Du?“
    „Auch nicht.“
    „Nun, so werden wir es wohl erfahren. Aber wehe diesen drei Burschen, wenn sie sich etwa erlaubt haben, über die Grenzen ihrer Amtsgewalt hinauszugehen! Dann soll sie der Teufel holen! Dafür werde ich schon sorgen!“
    „Also ich soll mit ihnen sprechen?“
    „Wie es scheint, wird dir dies nicht erspart

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