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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bleiben!“
    „Aber wo?“
    „Bei mir. Das wird das vorteilhafteste sein!“
    „So werde ich das Mädchen wecken, mich anzukleiden.“
    „Tu das. Aber laß mich mit diesen Menschen nicht allzu lange allein. Es möchte mir sonst die Galle überlaufen.“
    „Wir müssen uns immer darauf vorbereiten, daß man von eurem Einbruch spricht. Hoffentlich bist du Herr deines Gesichts.“
    „Bleibe du nur Herrin des deinigen! Und jetzt beeile dich!“
    Er ging, und sie klingelte der Zofe, welche sich nicht wenig wunderte, daß ihre Herrin sich bereits zu so früher Tagesstunde anzukleiden wünschte. Die Morgentoilette nahm nicht viel Zeit in Anspruch; dann begab sie sich zum Baron.
    Dieser saß halb abgewendet auf der Ottomane, während die drei auf Stühlen Platz genommen hatten. Sie erhoben sich höflich beim Eintritt der Dame.
    „Meine Frau!“ sagte der Baron in arrogantem Ton. „Dies sind die Herren, Ella, welche glauben, daß ein Baron von Helfenstein gezwungen sei, bereits früh fünf Uhr Audienz zu gewähren.“
    Sie warf einen hochmütigen, verächtlichen Blick auf sie und antwortete, die Schultern zusammenziehend: „Warum hast du sie nicht abgewiesen? Bereits am Tag sucht man sich die Personen aus, mit denen man zu sprechen beliebt; in der Nacht darf man wohl noch wählerischer sein! Du bist zu nachsichtig!“
    Sie ließ sich in der Haltung einer Königin in den Sessel fallen.
    „Ja, wir geben zu, daß Baron Franz von Helfenstein nachsichtig ist“, sagte da der Fürst. „Wer sich von der Schwester eines als Schmuggler erschossenen Bauern, die einst Kammermädchen war, vorschreiben läßt, mit wem er sprechen darf, der ist entweder ganz ungeheuer nachsichtig, oder – ein Waschlappen.“
    Diese Worte wirkten wie ein Funke ins Pulver. Ella sprang auf; ihre Züge verzerrten sich; aber sie brachte vor Grimm kein Wort hervor. Auch der Baron war aufgesprungen. Sein Gesicht war leichenblaß; aber seine Augen flammten in glühendem Licht.
    „Was war das?“ fragte er. „Was wagt Ihr?“
    In seiner Rechten hielt er einen Revolver, den er aus der Tasche gezogen hatte. Aber zu gleicher Zeit waren auch die Läufe der drei Polizisten auf ihn gerichtet.
    „Was das war?“ fragte der Fürst. „Es war die wohlverdiente Zurückweisung einer Provokation. Doch behalten wir Platz! Legen Sie Ihre Waffe weg, Herr von Helfenstein! Sie sehen, daß Sie uns gegenüber im Nachteil sind!“
    „Ja“, antwortete der Baron, indem er den Revolver von sich warf. „Es gibt Subjekte, welche keiner Kugel wert sind. Aber ich gebe Ihnen mein Wort, daß Sie Ihre Frechheit heute noch büßen werden!“
    „Lassen wir das! Sie sind anwesend und die Baronin auch. Wir können also auf den Zweck unseres Besuches kommen. Es ist wohl nicht nötig, Ihnen, meine Herrschaften, mitzuteilen, daß in letzter Nacht beim Fürsten von Befour ein Einbruch stattgefunden hat?“
    Weder der Baron noch Ella antworteten. Auch ihre Gesichter zeigten nicht die mindeste Bewegung.
    „Ich bemerke, daß Sie nicht im mindesten überrascht sind“, fuhr der Fürst fort. „Es ist also anzunehmen, daß Ihnen diese Begebenheit nichts Neues ist!“
    Immer noch dasselbe Schweigen.
    „Wir sind gekommen, über diesen Einbruch mit Ihnen zu verhandeln, und dabei muß ich Ihnen aufrichtig sagen, daß wir die Meinung hegen, daß Sie beide der Einbrecherbande nicht fernstehen.“
    Das war zu stark. Jetzt konnte der Baron sein Schweigen nicht länger festhalten. Er sprang auf und rief:
    „Sind Sie verrückt? Soll ich Sie etwa in das Irrenhaus schaffen lassen?“
    „Oder in das Zuchthaus, Franz Helfenstein?“
    Da stieß der Baron einen Schrei aus, der demjenigen eines Raubtieres glich, und stürzte sich mit geballten Fäusten auf den Fürsten. Dieser hob kaltblütig das Bein und empfing ihn mit einem Fußtritt, der ihn zu Boden stürzte.
    „Haltet ihn!“
    Diese Worte rief der Fürst seinen beiden Dienern zu. Diese hatten nicht geahnt, daß die Audienz in dieser Weise beginnen werde; doch waren sie auf alles gefaßt, und so gehorchten sie augenblicklich. Sie ergriffen den Baron und hielten ihn fest. Er rief laut nach der Dienerschaft. Da aber sagte der Fürst:
    „Schweigen Sie! Oder soll ich Sie vor Ihrem Gesinde blamieren? Denken Sie etwa, es mit einem gewöhnlichen Schutzmann zu tun zu haben? Ich bin der Fürst des Elends, hören Sie, der Fürst des Elends. Setzen Sie sich nieder, und verhalten Sie sich ruhig! Das muß ich Ihnen zu Ihrem eigenen Vorteil raten!“
    Der

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