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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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lieber Wilhelm?“
    „Ja, das will ich. Aber schnell muß es geschehen. Der Schnaps greift mir schon wieder nach dem Kopf. Ich muß meine Gedanken zusammennehmen. Es geht etwas mit mir vor. Vielleicht ist's dann zu spät. Gehe also jetzt, und sage dem Assessor, er soll kommen; ich hätte ihm ein Geständnis zu machen!“
    „Er wird dich ins Verhörzimmer rufen!“
    „Nein. Ich kann nicht; ich bin krank. Er soll den Protokollanten mitbringen. Aber, hörst du, während ich rede, will ich den Jungen bei mir haben, hier auf meinen Armen. Dann bleibe ich stark. Gehe, eile!“
    Sie verließ die Zelle und fand den Assessor bereits am Eingang des Korridors ihrer wartend. Sie sagte ihm, was ihr aufgetragen worden war.
    „Um Gottes willen!“ meinte er. „Er ist mit dem Kind allein! Er wird doch nicht –“
    „O nein!“ antwortete sie. „Er würde sich eher töten als dem Jungen das geringste Leid antun.“
    „So kehren Sie zu ihm zurück. Ich werde in ganz kurzer Zeit nachfolgen.“
    Als er nach einigen Minuten mit dem Protokollanten in die Zelle trat, saß das Ehepaar eng umschlungen auf der harten Pritsche. Der Gefangene hatte den Knaben auf seinem Schoß sitzen. Er erhob sich.
    „Bleiben Sie sitzen, Herr Bormann! Sie sind ja krank!“ sagte der Assessor in freundlichem Ton.
    Das war dem Einbrecher noch nicht passiert. Es ging wie ein Glanz innerer Freude über sein Gesicht.
    „Meinen Sie, daß Ihre Frau bei dem, was Sie mir zu sagen haben, zugegen sein kann?“ fragte Schubert.
    „Darf sie denn?“
    „Eigentlich ist es gegen die Regel, aber ich denke es verantworten zu können, wenn ich hier einmal eine Ausnahme mache.“
    Es war aber ein psychologischer Coup von ihm, die Gegenwart der Frau zu gestatten. Er dachte, daß der Gefangene dadurch in der rechten Stimmung erhalten bleiben werde.
    „Sie darf alles hören“, sagte Bormann.
    Es wurde ein Tisch mit zwei Stühlen herbeigebracht, und die beiden Beamten nahmen Platz. Der Schließer zog sich zurück.
    „Mein Kopf schmerzt mich, und ich habe Fieber“, meinte Bormann. „Es wird mir schwer, nachzudenken. Darum bitte ich, es möglichst kurz zu machen, meine Herren.“
    „Ich werde Ihnen diesen Wunsch gern erfüllen“, antwortete der Assessor. „Also, was haben Sie mir mitzuteilen?“
    „Ich will Ihnen gestehen, daß der Bertram unschuldig ist.“
    „Er ist also Ihr Komplize nicht?“
    „Nein.“
    „Aber Sie kennen ihn?“
    „Ich hatte ihn vorher nie gesehen.“
    „Wie aber kam er an jenem Abende mit Ihnen in das betreffende Zimmer?“
    „Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist er mir nachgestiegen. Ich stand da und hatte die Kette in der Hand; da hörte ich hinter mir den Ruf: ‚Zurück, Elender!‘ Als ich mich umdrehte, erblickte ich Bertram, welcher mir die Kette entriß. Zu gleicher Zeit traten die Polizisten ein. Das ist alles, was ich darüber weiß.“
    „Warum gaben Sie ihn als Ihren Mitschuldigen an?“
    „Um mich zu rächen. Ich dachte, der Streich würde mir ohne seine Dazwischenkunft gelungen sein.“
    „Können Sie das beschwören?“
    „Ja.“
    Diese Aussage wurde zu Protokoll genommen. Dann fragte Schubert:
    „Haben Sie uns in betreff des Schließers nichts zu sagen?“
    Bormann blickte schweigend vor sich nieder. Dann zuckte es wie ein Entschluß über sein Gesicht.
    „Ja“, sagte er. „Auch er ist unschuldig.“
    „Ah, wirklich? Sprechen Sie da die volle Wahrheit?“
    „Die volle.“
    „Wie aber kamen Sie aus dem Gefängnis?“
    „Durch den Hauptmann.“
    „Auf welche Weise?“
    „Ich habe schwören müssen, es nicht zu verraten.“
    „Sie werden es also auch nicht mitteilen?“
    „Nein. Ich muß meinen Schwur halten.“
    „Sie geben also zu, ein Untergebener des Hauptmanns zu sein?“
    „Ja, ich bin es gewesen, mag aber nichts mehr von ihm wissen. Ich will ein ehrlicher Mensch werden.“
    „Kennen Sie ihn?“
    „Nein.“
    „Sie wissen nicht, wer er ist?“
    „Nein.“
    „Sie kamen aber oft mit ihm zusammen?“
    „Ja.“
    „Wo und in welcher Weise?“
    „Darüber muß ich schweigen. Mein Schwur bindet mich.“
    „Sie denken, daß man selbst einen solchen Schwur halten muß?“
    „Ich halte ihn!“
    „Nun, so können Sie mir wenigstens sagen, warum gerade Sie den Einbruch beim Obersten von Hellenbach ausführen sollten?“
    „Zu meiner Rettung. Ich sollte, wenn es gelungen wär, wieder in das Gefängnis zurück. Dann war bewiesen, daß es einen Menschen gab, der mir ganz ähnlich war.“
    „Und wir

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