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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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weiter und eingehender besprochen. Dann nahm der Kaufmann die Spitzen aus dem geheimen Behältnis hinter dem Bild. Es wurden einige Ellen abgeschnitten, und dann versah Fritz sich mit einer kleinen Laterne und allem, was zu diesem Gang nötig erschien. Auch eine Schere, Nähnadel und Zwirn steckte er ein, um das losgetrennte Futter wieder annähen zu können. Nach diesen Vorbereitungen machte er sich auf den Weg, nur eine Viertelstunde später, nachdem Arndt die Leiter wieder weggestellt und den Garten verlassen hatte.
    Er glaubte, die beiden, Vater und Oheim, würden sich unterdessen zur Ruhe begeben; aber die Angelegenheit war ihnen ebenso wichtig, wie interessant, und darum beschlossen sie, wach zu bleiben und seine Rückkehr zu erwarten.
    Es verging wohl über eine Stunde, ehe er kam. Er bemerkte, daß sie noch Licht brennen hatten, und ging zu ihnen.
    „Nun, ist's gelungen?“ fragte sein Vater erwartungsvoll.
    „Ja“, antwortete er.
    „Aber lange Zeit hat es gedauert. Konntest du nicht hinein?“
    „Oh, ganz gut. Aber der Rock machte mir zu schaffen. Ich habe keine Übung im Nähen und mußte, nachdem ich die Naht aufgetrennt und die Spitzen in das Futter geschoben hatte, das Ding doch so zumachen, daß er nichts bemerken kann.“
    „Die Hauptsache ist, daß er es nicht fühlen oder gar sehen kann, daß sich etwas im Rock befindet.“
    „Habt keine Sorge! Ich habe meine Sache gut gemacht.“
    „Das ist immer nur der Anfang. Wie aber wird es möglich sein, ihn über die Grenze zu bringen?“
    „Hat er nicht Verwandte drüben?“ fragte der Fromme.
    „Ja“, antwortete Fritz. „Warum?“
    „Man müßte einen Brief an ihn schreiben, in welchem er von diesen Verwandten zu einem Besuch eingeladen würde.“
    „Das geht nicht: das ist zu umständlich, auch müßten wir da viel zu lange Zeit warten.“
    „Wieso?“
    „Der Brief käme doch mit der Post; wir müßten also vorher über die Grenze, um ihn drüben aufzugeben. Es könnten drei Tage vergehen, ehe die Sache zur Perfektion kommt.“
    „Das ist wahr“, sagte der Vater. „Und dazu kommt, daß das Briefschreiben immer gefährlich ist. Wer kann die Hand so verstellen, daß man ihm nichts anzuhaben vermag?“
    „Ich!“ meinte der Vorsteher.
    „Das denkst du wohl, aber jetzt gibt es vereidete Sachverständige, die sich kaum jemals irren.“
    „Gut! So mache ich einen anderen Vorschlag: Man sendet einen Boten, welcher scheinbar von Hausers Verwandten kommt.“
    „Auch das ist gefährlich. Haben wir da drüben einen Mann, auf den man sich auf alle Fälle verlassen kann? Ich kenne keinen.“
    Da stieß der Fromme ein kurzes, überlegenes Lachen aus und sagte:
    „Oh, sancta simplicitas, o heilige Dummheit! Ich habe euch wirklich für viel klüger gehalten, als ihr seid! Muß dieser Bote denn ein Mann sein, der da drüben wohnt? Hier habt ihr doch genug Leute, die ihr genau kennt und denen ihr vertrauen könnt!“
    „Das ist richtig. Aber der Bote muß die Verwandten Hausers kennen. Das ist ja der Übelstand. Und selbst wenn wir so einen finden, weiß man nicht, ob er Fehler machen wird. Wir müssen eben außerordentlich vorsichtig sein. Übrigens müßte der Mann den Hausers unbekannt sein; er müßte sich also verkleiden, eine falsche Haartour tragen und so weiter. Da ist es auf alle Fälle besser, wenn wir das selbst übernehmen.“
    „Du meinst, einer von uns soll den Boten machen?“
    „Ja.“
    „Hm! Das ist auch ein Risiko! Übrigens ist es jetzt spät. Wir haben morgen vormittag Zeit genug, um die Angelegenheit zu überlegen. Jetzt wollen wir sie einmal überschlafen. Vielleicht kommt uns im Traum ein guter Gedanke.“
    Aber zum Schlafengehen kam es doch noch nicht, denn gerade in diesem Augenblick ließ sich unter dem Fenster ein kurzer, halblauter und eigentümlicher Pfiff vernehmen.
    „Was ist das?“ fragte der Vorsteher. „Gilt es etwa uns?“
    „Horch!“ antwortete sein Bruder.
    Der Pfiff wurde zweimal wiederholt.
    „Ja, es gilt uns“, antwortete Seidelmann. „Man will uns sprechen. Es ist jedenfalls wichtig.“
    „Wohl ein Pascher?“
    „Nein. Keiner unserer gewöhnlichen Pascher weiß, daß wir die Anführer sind. Wer sich in Schmuggelangelegenheiten direkt an uns wendet, ist schon etwas Bedeutendes. Gehe hinunter, Fritz!“
    „Soll ich ihn heraufbringen?“
    „Wenn es notwendig ist, ja.“
    Der Sohn ging und kam nach kurzer Zeit mit einem Mann zurück, dem man es allerdings sofort anmerkte, daß er kein gewöhnlicher

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