61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig
Adieu!“
Damit war er zur Tür hinaus!
ZWEITES KAPITEL
Das Rätsel der Goldkette
Robert Bertram lag im Krankenhaus, behandelt von den besten Ärzten der Residenz. Täglich kam der Fürst von Befour, um nach ihm zu sehen. Und zuweilen, wenn der müde Patient die Augen für einen Moment aufschlug, sah er ein wunderschönes Mädchengesicht über sich gebeugt.
„Nacht! O Nacht! Meine Nacht!“ flüsterte er dann.
So vergingen einige Wochen, und das Weihnachtsfest war nahe herangekommen. Robert befand sich längst auf dem Weg der Besserung. Er fühlte sich sogar stark genug, das Krankenhaus zu verlassen, aber die Ärzte versagten ihm die Erlaubnis dazu.
Er hatte seine volle Geistesfrische zurückerhalten, und auch der Körper war stark, stärker noch als früher. Zuweilen fragte er die Wärterin nach den Geschwistern; er wurde mit der Auskunft, daß er sich ja nicht sorgen solle, beruhigt.
So war endlich der Weihnachtsabend da. Am Vormittag desselben kam der Fürst zu Robert und fragte, wie gewöhnlich, nach seinen Wünschen.
„Fort von hier! Weiter nichts!“ lächelte Robert.
„Wissen Sie denn bereits, wohin?“
„Gott wird mir schon meinen Weg zeigen!“
„Und Sie fühlen sich wirklich kräftig genug, es wieder mit dem Leben aufzunehmen?“
„Vollständig! Sehen Sie hier diese Papiere, Durchlaucht! Seit einer Woche arbeite ich wieder. Es sind Gedichte.“
„Unsers Hadschi Omanah!“
„Ja, der zweite Band.“
„Honorar zwanzig Gulden!“
„Oh, für den zweiten Band hat er mir wohl fünfundzwanzig versprochen. Ich denke, daß er Wort halten wird!“
„Ich sehe allerdings, daß Sie sich wieder im Vollbesitz Ihrer Kräfte befinden. Halten Sie noch bis zum Abend aus; dann wird die Stunde der Erlösung geschlagen haben.“
Er ging, und Robert wartete. Der Tag wollte ihm zur Ewigkeit werden. Endlich wurde es dunkel, und da kam die Krankenpflegerin, um ihm einige Pakete hinzulegen.
„Hier Ihre Kleider, welche Sie nun anlegen sollen, Herr Bertram!“
Als sie sich entfernt hatte, stieg er aus dem Bett, um sich anzukleiden. Die Pakete enthielten alles erforderliche zu einer feinen Gesellschaftstoilette. Wer war der Geber dieses teuren Anzuges? Jedenfalls der Fürst!
Als Robert sich im Spiegel besah, erkannte er sich kaum selbst, so zu seinen Gunsten war er verändert. Und da wurde auch bereits die Tür geöffnet, und der Fürst trat ein.
„Nun, mein junger Freund“, sagte er. „Ich komme, um Wort zu halten. Sie sollen endlich frei sein.“
Robert war voll Dank gegen seinen Wohltäter; aber dieser wies alle Danksagungen von sich.
„Lassen wir das, mein Lieber“, sagte er. „Sind Sie bereit?“
Draußen stand die Equipage. Sie stiegen ein. Als sie dann wieder ausstiegen, war es vor dem Haus des Obersten von Hellenbach, welches Robert ja kannte.
„Hier?“ fragte er. „Durchlaucht, was soll ich hier?“
„Man hat einige Gäste eingeladen, und Sie sind dabei. Kommen Sie, Herr Bertram!“
Er führte ihn die Treppe empor. Diener verbeugten sich respektvoll. Robert befand sich wie im Traum. Der Fürst blieb vor einer Tür stehen und klopfte.
„Hier herein“, sagte er. „Wir sehen uns nachher wieder.“
Ehe Robert es sich versah, war er zur Türe hineingeschoben worden, die sich hinter ihm verschloß. Er befand sich in einem reizend ausgestatteten Zimmerchen, welches ein lieblicher, feiner Duft durchwehte. Eine rosa Lampe erleuchtete den Raum auf magische Weise. Aus einem Fauteuil erhob sich eine wunderschöne Mädchengestalt. Er erkannte Fanny von Hellenbach.
Von glühender Röte Übergossen, stand er da, ohne zu wissen, was er sagen sollte. Sie aber kam ihm freundlich entgegen und reichte ihm die Hand, die er nicht zu küssen, kaum zu berühren wagte.
„Endlich!“ sagte sie. „Willkommen nach so schweren Zeiten, Herr Bertram! Nehmen Sie auf einen Augenblick bei mir Platz. Die Eltern sind noch nicht disponibel.“
Er trat zum Stuhl. Sollte er sich setzen? War es nicht besser, schnell fortzugehen, zu fliehen, weit, weit hinweg? Was sollte er hier? Er konnte die Gegenwart nicht fassen; er griff sich an den Kopf und blickte wie nach Hilfe suchend umher.
Sie verstand und begriff ihn. In unbeschreiblich mildem Ton, welcher ganz geeignet war, ihn zu beruhigen, sagte sie:
„Ich habe heute eine Pflicht erfüllen wollen, Herr Bertram, eine Pflicht, welche ich nicht von mir weisen darf. Sie haben für mich gelitten; in diesen Räumen wurde Ihnen die Freiheit geraubt; hier soll und
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