61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Mühe, als er wert ist«, sagte Holland. »Aber mir gehört natürlich kein Motel.«
Platos von einer Mauer umgebener Besitz war fünfundsiebzig Hektar groß, sein Spazierweg durch Buschland fast fünf Kilometer lang. Die nächste Idee hatte er an der am weitesten vom Haus entfernten Stelle. Sie war charakteristisch kühn. Die DEA würde den Russen verhaften. Das war eine feststehende Tatsache. Plato würde sie nicht daran hindern. Die Agenten mussten sehen, wie der Kerl etwas in Besitz nahm. Aber was in Besitz nahm? Natürlich so viel, dass Anklage gegen ihn erhoben werden konnte. Aber nicht unbedingt alles, wofür der Kerl bezahlen würde. Das wäre unnötig großzügig gewesen. Ein gewisser Prozentsatz konnte zurückgehalten werden. Sogar ein ziemlich großer. Vielleicht sogar der weitaus größte Teil der vereinbarten Lieferung. Denn was, zum Teufel, wollte der russische Kerl tun? In seiner Zelle in irgendeinem Hochsicherheitstrakt schimpfen und toben, weil das Leben unfair war? Das würde er ohnehin tun. Also konnte Plato sein Geld nehmen und den Stoff anschließend noch einmal verkaufen. Als verkaufte man ein Haus, nähme aber den Herd und die Glühbirnen und die Fensterscheiben mit.
Dieser Plan würde sein Transportproblem mehr als verdoppeln, aber damit würde er zurechtkommen. Bestimmt würde sich eine Lösung finden lassen. Die Details würden sich von selbst regeln.
Weil er Plato war und der andere nicht.
Janet Salter brachte den Kaffee auf einem Silbertablett in die Bibliothek. Eine Porzellankanne, etwas Sahne, etwas Zucker, drei winzige Tassen, drei Untertassen, drei Löffel. Die diensthabenden Beamtinnen wurden offenbar nicht einbezogen. Vermutlich hatte es im Vorfeld Diskussionen über die Trennung von beruflichen und gesellschaftlichen Verpflichtungen gegeben. Den Beamtinnen war die gefundene Lösung bestimmt recht. Auch Reacher hatte sich schon oft in dieser Situation befunden. Es war immer besser, für klare Zuständigkeiten zu sorgen und sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.
Die Hausherrin goss den Kaffe ein. Die Tasse war viel zu klein für Reachers Pranke, aber der Kaffee schmeckte gut. Er atmete den Dampf ein und versuchte einen kleinen Schluck. Dann klingelte Chief Hollands Mobiltelefon. Er stellte die Tasse ab, zog sein Handy aus der Tasche und sah aufs Display. Holland klappte das Telefon mit einer Hand auf und meldete sich. Er hörte dem Anrufer acht Sekunden lang zu. Dann legte er auf und grinste: breit und dankbar und zufrieden.
Er sagte: »Wir haben den Kerl geschnappt, der den Anwalt erschossen hat.«
13.55 Uhr.
Noch achtunddreißig Stunden.
15
Reacher fuhr mit Holland zur Polizeistation zurück. Der neutrale Crown Vic wühlte sich durch den Neuschnee auf der Seitenstraße, glitt in die Fahrspuren auf der Hauptstraße und rollte dann locker und leicht dahin. Peterson erwartete sie im Bereitschaftsraum. Auch er grinste so breit und zufrieden wie Holland. Reacher grinste nicht. Er hatte ernste Zweifel. Aus bitterer Erfahrung. Eine schnelle, einfache Lösung eines großen Problems war zu gut, um wahr zu sein. Und Dinge, die zu gut waren, um wahr zu sein, waren es im Allgemeinen nicht. Ein simples Naturgesetz.
Er fragte: »Also, wer war der Schütze?«
Peterson sagte: »Jay Knox. Der Busfahrer.«
Reacher bekam die Story gewissermaßen aus zweiter Hand mit, indem er sich im Hintergrund hielt, während Peterson den Chief informierte. Vor vierzig Minuten hatte ein Cop in einem Streifenwagen einen Fußgänger beobachtet, der auf einer Landstraße eine Meile außerhalb der Stadt durch den Schnee stapfte. Peterson benannte den Cop und sagte, er sei einer von uns . Vermutlich ein älterer Beamter. Einer der brauchbaren Männer. Vielleicht jemand, den Holland tatsächlich kannte. Obwohl sich alle Cops in höchster Alarmbereitschaft befanden, hatte er diesen Fußgänger eher für einen Autofahrer, der eine Panne hatte, als für einen Mörder gehalten. Er hatte angehalten und dem Mann angeboten, ihn mitzunehmen. Aber irgendetwas an der Reaktion des Kerls war faul gewesen. Er benahm sich mürrisch, unkooperativ und ausweichend. Also legte der Cop ihm Handschellen an und durchsuchte ihn.
Und fand eine Neun-Millimeter-Pistole, eine Glock 17, in seiner Tasche. Sie roch, als wäre kürzlich mit ihr geschossen worden, und aus dem Magazin fehlte eine Patrone.
Der Cop nahm den Fußgänger fest und fuhr mit ihm zur Polizeistation. Bei der Einlieferung wurde der Mann als der Busfahrer
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